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2025/2026 – 3. Liga

Rot-Weiss Essen – FC Energie Cottbus (2:3)

Kleiner Rückschlag im Rennen um die vorderen Tabellenplätze. Gegen Cottbus unterlag die Koschinat-Elf mit 2:3. Unsere Galerie und der Spielbericht sind online.

Vorbericht

Setzt sich RWE weiter ganz oben fest? – Cottbus kommt zum Spitzenspiel nach Essen

Besser könnte die Ausgangsposition für Rot-Weiss Essen kaum sein. Bei einem Sieg im Abschlussspiels des fünfzehnten Spieltags unter Flutlicht an der Hafenstraße könnte RWE bei einem Dreier mit dem Spitzenreiter aus Duisburg, der sein Spiel gegen die TSG Hoffenheim 2 verlor, gleichziehen. Selbst eine Niederlage würde nicht so weh tun, die Tuchfühlung zu den Aufstiegsplätzen wäre immer noch da. Dennoch würde ein Sieg gegen Energie Cottbus möglicherweise die Euphorie im Umfeld entfachen, die sich bislang noch nicht flächendeckend einstellen will. Dieses Topspiel hat sich die Mannschaft von Uwe Koschinat mühsam erarbeitet und alle rot-weissen Akteure könnten sich jetzt dafür belohnen.

Im Vorfeld der Partie gab es aber auch rund um den Rasen ordentlich Diskussionsbedarf. Da waren zunächst die Nachwirkungen des Inhalts eines Flyers, der aus (Teilen) der aktiven Fanszene von der Westtribüne stammte. Während viele Punkte aus den „Grundsätzen“, welche fast exakt von einem Papier aus der Rostocker Szene übernommen wurde, inhaltlich noch in Ordnung gehen, sorgte der Ausschluss von Frauen in den „vorderen“ Reihen, wie im letzten Satz gefordert, sowohl in der Sache als auch von der Wortwahl her für Kopfschütteln. Die Frage, warum ausgerechnet Vorschriften von Menschen für andere Menschen gemacht werden, deren eigene Freiheit für Person und Gruppe kaum Grenzen haben soll, bleibt offen. Es wäre unabhängig von der Gründung einer „Initiative Stadion RWE“, deren Unterstützung jeder selbst entscheiden mag, sehr wünschenswert, wenn alle Besucher, insbesondere Frauen, sich an der Hafenstraße wohl fühlen können und dort stehen oder sitzen, wo sie es für richtig halten.

Außerdem musste die RWE-Gemeinde zwei Verluste in der vergangenen Woche verkraften. Der ehemalige Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Reiniger war in seiner Amtszeit maßgeblich daran beteiligt, dass RWE durch den Neubau einer neuen Heimat an der Hafenstraße eine Zukunft bekam. Andrej Polunin, ehemaliger rot-weisser Verteidiger Anfang der 2000er Jahre, führte einen weitaus härteren Kampf, nämlich den um die Zukunft seines Heimatlandes. Der Ukrainer starb in Folge eines Herzinfarkts, den er bei einem Benefizspiel erlitten hatte. An Beide soll am Sonntagabend gedacht werden.

Zu guter Letzt gab es aber auch ein schönes Ereignis unter der Woche, denn einer unserer besten Kicker der Vereinsgeschichte, Idol und Spaßmacher wurde am vergangenem Montag 80 Jahre alt! Lieber Willi Lippens, herzlichen Glückwunsch nachträglich und mögen uns Deine Geschichten noch viele weitere Jahre bei bester Gesundheit erheitern!

Das Personal

In den vergangenen Wochen hatte sich unter Trainer Uwe Koschinat allmählich eine Stammformation herauskristallisiert. Dazu gehört neben Stammtorhüter Jakob Golz auch Innenverteidiger Tobias Kraulich, der gegen Schweinfurt als „letzter Mann“ brenzlige Situationen vereiteln konnte. Jose Enrique Rios Alonso ist aus der Startformation in der Abwehrzentrale sowieso nicht wegzudenken. Lucas Brumme zeigte auf seiner linken Seite vor allem eine starke Defensivleistung, Franci Bouebari wird als Backup bereitstehen. Das Lob des Trainers bekam immer häufiger Neuzugang Michael Kostka, der im Zusammenspiel mit Marvin Obuz die rechte Flanke zu einer Essener Vorzeigeabteilung macht. Allerdings zeigte auch Jannik Hoffmann nach seiner Einwechselung gegen Schweinfurt, wie seine Dynamik in den Schlussminuten noch einmal für einen Belebung des Spiels sorgen kann.

Insgesamt muss auch ein Lob an die Kaderplaner in diesem Bereich angebracht werden, die Doppelbesetzung auf den defensiven Außenbahnen ist mehr als nur gelungen. Der eben schon erwähnte Obuz ist noch nicht am Limit seines Könnens, aber seine Formkurve nach zwei Vorlagen gegen Schweinfurt weist die richtige Richtung auf. Sein Gegenüber Kaito Mizuta hatte zuletzt weniger Scorerpunkte sammeln können als zu Beginn der Saison, war aber im Spiel gegen Ingolstadt wieder als Torschütze erfolgreich und ist durch seine quirlige Art für jeden Gegner schwer bespielbar.

In der Defensivzentrale ist Klaus Gjasula ein unumstrittener Faktor für die Mannschaft, doch trotz seines krankheitsbedingten Fehlens gegen den FCI brannte auf seiner Position kaum etwas an. Dies lag an dem Duo Torben Müsel und Tom Moustier, die den Laden zusammengehalten haben. Möglicherweise gibt Müsels Fähigkeiten, anders als üblich aus einer zurückgezogenen Position trotzdem offensiver agieren zu können, den Ausschlag für seinen Einsatz von Beginn an. Einen Klaus Gjasula könnte gegen das Spitzenteam aus Cottbus dennoch wertvoll sein. Hier muss Uwe Koschinat entscheiden, wer für dieses Spiel geeigneter in der Defensivzentrale wäre.

Umstrittener war zuletzt die Nominierung von Ahmet Arslan, der dem Spiel noch zu wenig seinen Stempel aufdrücken konnte. Doch in der zweiten Halbzeit in Ingolstadt ging Arslan als Leader voran und ist nach der Verdrängung von Michael Schultz aus der Startelf als Vizekapitän für die Hierarchie auf dem Platz kaum verzichtbar.

Nachdem sich die Diskussion um die Besetzung der Sturmspitze fast erledigt hatte, weil Jaka Cuber Potocnik eine sehr gute Leistung plus eigenen Treffer in Ingolstadt zeigte, fällt der junge Slowene leider wieder einmal mit einer Muskelverletzung aus. Jetzt hat Uwe Koschinat wieder die Wahl zwischen Ramien Safi, der aufgrund seiner Körpergröße eher für Umschaltmomente der richtige Mann wäre, Marek Janssen, der noch nie für RWE in einem Pflichtspiel von Beginn an auf dem Feld stand, und Jannik Mause, der als möglicher „Unterschiedsspieler“ zuletzt aufgrund seiner fehlenden Trainingseinstellung und mangelnder Grundkonsistenz nicht einmal mehr im Kader stand. Alle dürfen also gespannt sein, wer die besten Argumente für Uwe Koschinat auf seiner Seite hat.

Das Gegnerportrait: FC Energie Cottbus (Platz 2/ 26 Punkte/ 8 Siege, 2 Remis, 4 Niederlagen/ 30:22 Tore, Differenz +8)

Nicht wenige Betrachter der Dritten Liga glaubten, dass Energie Cottbus die letzte starke Saison nicht wiederholen könne. Die finanzstärkeren gleich- oder höherklassigen Klubs jagten bereits nach Spielern wie Elias Bethke, Tolcay Cigerci oder Lucas Copado. Das starke Kollektiv, welches von dem kontroversen Trainer Pele Wollitz zusammengestellt wurde, drohte völlig auseinanderzubrechen. Doch Wollitz, der nicht müde werdend die schwierige finanzielle Lage des Klubs gegenüber anderen Vertretern der Dritten Liga immer wieder erwähnt, gelang ein weiteres Husarenstück. Zwar entscheiden sich Säulen wie Maximilian Krauß (Hansa Rostock), Nico Bretschneider (1. FC Saarbrücken) oder Lucas Copado (nach Leihe vom Linzer ASK zum SC Paderborn transferiert) gegen ein weiteres Jahr in der Lausitz, dafür blieben andere Stammkräfte wie die bereits erwähnten Tolgay Cigerci und Elias Bethke dem Pele treu ergeben.

So musste Wollitz nicht tief in die Taschen greifen, um noch einmal ein gutes Team bilden zu können. Spieler wie Jannis Bozaris (FC Astoria Walldorf), Anderson Locoqui (1860 München) oder Justin Butler (SV Sandhausen) standen in den Notizbüchern der Scouts von Topklubs nicht weit oben, aber der Trainerfuchs aus Brandenburg weiß ganz genau, wie er diese Jungs in sein Kollektiv einbinden kann. Selbst der Ausfall von Stammtorhüter Elias Bethke konnte verschmerzt werden, sein Vertreter Marius Funk (1. FC Ingolstadt) macht seine Aufgabe bislang ausgezeichnet.

Mittlerweile reden die Experten anders über Cottbus und gehen sogar davon aus, dass die Mannschaft noch stärker sein könnte als in der letzten Spielzeit. Dafür spricht die Punkteausbeute. Die Cottbuser haben nach vierzehn Spieltagen zwei Punkte mehr als in der Vorsaison geholt. Übrigens war zu diesem Zeitpunkt der SV Sandhausen Tabellenführer, aber dies ist eine andere Geschichte. Neben der Arbeit auf dem Platz gelingt es Pele Wollitz auch wie kein Zweiter, Druck von der Mannschaft zu nehmen und die Aufmerksamkeit mit seinen teilweise kruden Äußerungen zu vielen Themen rund um den Fußball auf sich zu lenken. Dabei beweist Pele die Präzision eines Maschinengewehrs. Manche Salven treffen voll ins Ziel, einige Kugeln gehen aber auch daneben.

In der Sache Maximilian Krauß verfehlte der Coach das Ziel völlig. Er warf dem Mittelfeldspieler, dessen Wechsel Wollitz nach Hansa Rostock in der Folgesaison erst einmal ausplauderte, vereinsschädigendes Verhalten und Wortbruch vor. Krauß wurde während des Aufstiegskampfes in der Endphase der Vorsaison aus dem Team ausgeschlossen, am Ende ging Cottbus buchstäblich die Energie aus. Dies warf er aber nicht sich oder seinem Team vor, sondern gab die Verantwortung direkt an Krauß aufgrund seines angeblichen Vorgehens weiter. Ohne die genauen Beweggründe zu kennen, aber es sollte auch Wollitz klar sein, dass dies nicht die ganze Wahrheit über das Scheitern in einem Aufstiegskampf sein und seine Äußerungen möglicherweise auch Folgen für die Karriere eines Spielers haben kann. Bis heute weigert sich Wollitz, Krauß nach dem Spielen gegen seinen neuen Klub Hansa Rostock die Hand zu geben. In Zeiten, wo Spieler sich „wegstreiken“, ist es schwer vorstellbar, dass Krauß sich so falsch verhalten hat, was ein solches Verhalten seines Ex-Trainers rechtfertigt.

In anderen Themen hat Wollitz durchaus nicht Unrecht, zum Beispiel, wenn es um Anstoßzeiten am Sonntag um 19:30 Uhr, Reporterfragen zu Tolcay Cigerci Rolle in der Mannschaft oder rassistischen Äußerungen gegenüber Justin Butler im Spiel gegen 1860 München geht. Trotz seiner Ankündigung, irgendwann für den Verein in einer anderen Position tätig zu sein, bleibt Pele Wollitz nach seiner kürzlichen Vertragsverlängerung an der Seitenlinie der Cottbuser. Das kann man jetzt gut oder schlecht finden, langweilig wird es auf jeden Fall nicht.

Seinem Stil ist er auf dem Platz auch treu geblieben. Cottbus spielt nach vorne einen sehr mutigen, fast überfallartigen Fußball, der eine gute Boxbesetzung garantiert und über Flankenläufe immer wieder für Gefahr sorgt. Tolcay Cigerci ist dabei nicht nur Strippenzieher im Zentrum, sondern auch Mann für das Grobe, indem er auch jenseits des Sechzehners Tore erzielen kann. Mit Erik Engelhardt hat ein Rückkehrer in die Lausitz seinen Torriecher im Gegensatz zur letzten Rückrunde wieder entdeckt und konnte bislang achtmal einnetzen. Kommt diese Offensive erst einmal ins Rollen, wird es für jeden Gegner in der Liga schwer.

Zweimal in der letzten Saison gelang es aber der Essener Defensive, die Lawine aus der Lausitz zu stoppen. Dies wird auch diesmal sehr nötig sein. Die Spielweise von Energie Cottbus zollt aber auch ihren Tribut. Durch den risikoreichen Spielaufbau ergeben sich durch das Pressing auf die Cottbuser Abwehr, in der die Abstimmungen nicht immer sauber sind, Möglichkeiten auf Torchancen. RWE hat in der zweiten Halbzeit in Ingolstadt gezeigt, dass dieses Mittel von der Mannschaft genutzt werden kann.

Der Blick über den Tellerrand und Fazit

Frohe Kunde gab es, wie bereits erwähnt, schon für die RWE-Fans am Freitagabend. Der Tabellenführer aus Duisburg musste eine herbe Niederlage im Kraichgau (4:1) hinnehmen. Deutlich mehr Freude wäre allerdings aufgekommen, wenn die Zebras nicht ausgerechnet gegen eine personell aufgerüstete Zweitvertretung aus Hoppenheim verloren hätten. Am späten Samstagnachmittag nutzte dann der VfL Osnabrück die Gunst der Stunde, trotz eines schwachen Spiels mit einem knappen 1:0-Heimsieg gegen den FC Ingolstadt mit dem MSV punktemäßig gleich zu ziehen.

Dahinter reiht sich der SC Verl ein, der mit einem Kantersieg in Köln (1:5) vorerst auf Platz drei rückt. Die Viktoria bleibt mit 23 Punkten dennoch voll im Soll und könnte demnächst auch wieder oben anklopfen. Dennoch wurden die Kölner zunächst in der Tabelle von Hansa Rostock überholt, die nach einem schwachen Saisonstart langsam zu ihrer Favoritenrolle zurückfinden. Allerdings tat sich die Mannschaft von der Ostsee gegen mutige „Schnüdel“ lange schwer (2:0), am Ende müssen die 05er mit leeren Händen nach Unterfranken zurückkehren. Waldhof Mannheim kann sich dank der Unterstützung von 10.000 Freikarten und Terrence Boyd knapp gegen den SV Wehen Wiesbaden (1:0) durchsetzen.

Punktgleich zum SVWW ist die Alemannia aus Aachen, die nach drei Siegen in Folge ausgerechnet im Heimspiel gegen Jahn Regensburg Federn lassen musste (0:2). Damit zieht Regensburg an Aachen in der Tabelle vorbei. Ganz tief im Keller konnte der TSV Havelse gegen den SSV Ulm 1846 endlich den ersten Saisonsieg einfahren (2:1). Damit wurde Pavel Dotchevs Debüt ordentlich vermiest und die Ulmer bleiben im Abstiegssumpf stecken.

Am Sonntag wartet zunächst die spannende Partie zwischen 1860 München und den FC Saarbrücken. Beide Mannschaften sind mit hohen Zielen in die Saison gestartet und befinden sich derzeit im Krisenmodus. Die letzten Ergebnisse sprechen eher von die Sechziger, die ihre letzten Heimspiele gegen die Spitzenteams aus Duisburg und Cottbus gewinnen konnten. Möglicherweise könnte dies dann die letzte Partie für Alois Schwartz am Seitenrand der Saarländer sein. Danach folgt das Duell zwischen Erzgebirge Aue und dem VfB Stuttgart II. Aue braucht Punkte, um die Abstiegsplätze vorerst verlassen zu können, die jungen VfBler möchten die Heimniederlage gegen Aachen wieder wett machen. Sollte 1860 gegen Saarbrücken verlieren und Aue gegen Stuttgart II gewinnen, müssen sich die Löwen beim VfL Osnabrück bedanken, dass der FC Ingolstadt punktlos nach Hause fahren musste. Ansonsten wäre der Topfavorit nach fünfzehn Spieltagen auf einem Abstiegsplatz gelandet. Diese Dritte Liga bleibt nach wie vor völlig verrückt.

RWE erhält an diesem Sonntag eine große Möglichkeit, auf eine ganz enge Tuchfühlung zu Platz 1 zu gehen. Sicherlich wird dies nicht die letzte Chance sein, auf einen Aufstiegsplatz zu springen. Die gute Punkteausbeute in diesem Kalenderjahr lässt darauf schließen, dass die Mannschaft von der Hafenstraße noch nicht satt ist. Trotzdem sind die Voraussetzungen mehr als günstig. Cottbus konnte von den letzten vier Pflichtspielen nur im Landespokal gegen Babelsberg mühsam gewinnen. Es wird also Zeit, die Mitfavoritenrolle auch anzunehmen. Die rot-weissen Zuschauer werden unter dem Flutlicht wieder immer bereit sein, ihren Teil dazu beizutragen.

In diesem Sinne:

NUR DER RWE!

Pascal Druschke

Spielbericht

Fußball ist ein Fehlerspiel – Trotz gutem Auftritts unterliegt RWE Energie mit 2:3

Eigentlich ein Fußballabend wie gemalt für Fußball-Drittligist Rot-Weiss Essen. Volle Bude unter Flutlicht und ein Topspiel an der Hafenstraße gegen Energie Cottbus um die ganz vorderen Plätze in der Tabelle. Am Ende und auch zwischendurch jubelten aber die Gäste. Nach Toren von Cigerci (13. Foulelfmeter), Butler (51.) und Engelhardt (69.) siegte Cottbus bei Essener Anschlusstreffern durch Mause (61.) und Moustier (88.) mit 3:2 in Essen. Und das schlichtweg weil die Gäste teilweise krasse Fehler der Gastgeber in Tore ummünzten und RWE umgekehrt aus einer gefühlten großen Dominanz kein Kapital schlagen konnte. Während die Lausitzer die Tabellenführung eroberten, bleiben die Essener somit in Lauerstellung und belegen Tabellenplatz 5 mit 3 Punkten Rückstand auf die ganz vorderen Platzierungen.

Das Personal

In der Vorsaison waren die Cottbuser von den Essenern in beiden Partien ausgekontert worden und Rot-Weiss freute sich über 6 Punkte und 5:0 Tore. RWE-Coach Uwe Koschinat dachte sich wohl daher, dass sein Kontrahent nicht ein drittes Mal darauf hereinfallen würde, sich den Ball zu nehmen und dann Ramien Safi hinterher zu hecheln. So wählte RWE eine Formation, die darauf ausgelegt war, an der heimischen Hafenstraße das Match zu gestalten und zu dominieren. Vor Jakob Golz bildeten Rios Alonso, Tobi Kraulich sowie Michael Kostka und Lucas Brumme die Viererkette, der Klaus Gjasula und Torben Müsel als defensive Zentrale vorgeordnet waren.

Kaito Mizuta auf der offensiven linken sowie Marvin Obuz auf der rechten Seite und Ahmet Arslan auf der 10 überraschten nicht. Wohl aber die Besetzung des Sturmzentrums. Jannik Mause, zuletzt mehrfach gar nicht im Kader, durfte beginnen. Nach knapp einer Stunde, Essen lag 0:2 in Rückstand, nahm Koschinat umfassende personelle Korrekturen vor und tauschte dreifach. Ahmet Arslan, Marvin Obuz und Michael Kostka wichen, Marek Janssen, Ramien Safi und Jannik Hofmann kamen.

RWE agierte fortan mit einer Doppelspitze aus Janssen und Mause und stürzte Cottbus in diverse Verlegenheiten. Der Anschlusstreffer gelang, das 1:3 wurde dennoch geschluckt. Somit ging Kaito Mizuta nach 74 Minuten vom Feld und Franci Bouebari verteidigte links, damit Lucas Brumme noch offensiver spielen konnte. Jedoch nur 7 Minuten, dann ging Brumme und Moustier kam (81.). Der Franzose ging ins Zentrum, von dort rotierte Torben Müsel auf die linke Bahn. Essen versuchte somit viel während des Matches, der Lohn blieb jedoch aus.

Die Pluspunkte

RWE nahm die Rolle des Spielgestalters an, zwang die Gäste viel hinter dem Ball herzulaufen. Auch eine Vielzahl torgefährlicher Situationen wurde hervorgerufen, über Chancenarmut musste man sich nicht beklagen. Klasse ein Vortrag kurz vor der Pause, als RWE den Ball eroberte und stark umschaltete. Mizuta schickte den perfekt einlaufenden Mause in die Gasse, der zielte aus Topposition aber zu genau und knapp am langen Pfosten vorbei. In Hälfte Zwei brachte die in den letzten 30 Minuten praktizierte Doppelspitze mit Janssen und Mause viel Wucht und Boxpräsenz, das 1:2 durch Mause war dann ein Statement des so umstrittenen Stürmers.

Für die starke Verarbeitung einer Flanke von Hofmann zollte auch Gästecoach Pelé Wollitz auf der PK Respekt. Gerade in dieser Phase hatte man den Eindruck, RWE könne den Gegner nun überrennen und das Match noch auf seine Seite ziehen. Nach dem dummen 1:3 zeigte Essen erneut große Moral, verlor die Linie nicht und wurde spät, leider zu spät, mit dem 2:3 durch Moustier, ein bildschöner Treffer, belohnt. Der Ausgleich, der vollauf verdient gewesen wäre, gelang aber trotz großem Drucks den Essenern nicht mehr. Insgesamt zeigte RWE auf, dass es eine bemerkenswerte Variabilität in seinem Spiel haben und auf Situationen im Spiel reagieren kann. Auch die notwendige Leidenschaft fehlte zu keiner Sekunde.

Die Knackpunkte

Viel Lob konnte ausgesprochen werden, aber wieso stand Essen am Ende mit leeren Händen da? Defensiv leistete man sich schlimme Fehler, offensiv war man im krassen Gegensatz zu den Gästen zu ineffizient. Es begann mit dem Jubiläumselfer gegen RWE, dem zehnten (!!!!) am 15. Spieltag der Saison. Es war fast ein wenig Comedy, als die Essener Fanblöcke den Countdown nach dem an diesem Wochenende bundesweiten 12-minütigen Schweigeprotest gegen geplante Maßnahmen der Innenministerkonferenz herunter zählten und Michael Kostka justament zur Untat schritt.

Das Einsteigen gegen Hannemann in einer nur wenig gefährlichen Zone der Box war unnötig wie ein Kropf. Auch bei den Gegentreffern 2 und 3 ließ Essen sich nicht lumpen. Cottbus hatte sich gerade aus einer nicht ungefährlichen Situation befreit, da zog Justin Butler auf der linken Außenbahn zum Ball und zum Sprint an. Essen war hoch aufgerückt, aber Lucas Brumme verzichtete darauf, Butler im Zweikampf zu stellen und sogar darauf, ihn zu verfolgen. Stattdessen monierte er beim Schiedsrichterassistenten, dass der Ball im Aus gewesen sei und blieb stehen. Unbegreiflich. Butler ließ sich nicht zweimal bitten und zog unwiderstehlich mit dem Ball ungehindert bis in die Essener Box und blieb vor Jakob Golz eiskalt.

Auch Michael Kostka war wieder ein wenig mit im Spiel, denn er verzichtete darauf, Butler als letzter noch präsenter Feldspieler zu attackieren und beschränkte sich auf die Begleitung einer potenziellen Anspielstation. Erst viel zu spät orientierte er sich zum Ballführenden und machte so weder den Passweg zu noch bedrängte er den Energie-Stürmer. Dennoch fand Essen zurück ins Match, um sich die mögliche Wende selber zu nehmen. Bei einem der kaum stattfindenden Cottbuser Ballvorträge vernaschte Tolgar Cigerci Kaito Mizuta auf dem rechten Flügel wie einen Schuljungen und auch Brumme blockte danach die Flanke nicht. In der Mitte erfreute sich Erik Engelhardt aller Freiheiten und durfte sogar zweimal abschließen, denn Versuch Nummer 1 hatte Golz noch gut geblockt. Ein verheerender defensiver Kollektivschlaf, den nur der dann chancenlose Golz nicht schlief.

Ein Tor, das auch exemplarisch den großen Unterschied in der offensiven Effizienz der beiden Mannschaften offenbarte. Engelhardt nutzte seine einzige nennenswerte Gelegenheit zu einem Tor, auf der anderen Seite feuerte RWE mehrfach in Richtung Marius Funk im Energietor, der zwar meist tolle Reflexe zeigte, aber andererseits fast stets mittig geprüft wurde. Auch Tolgar Cigerci zeigte sich im Duell der Mittefeld-Feldherren deutlich präsenter als der fast untertauchende Ahmet Arslan.

Bezüglich Arslan, immerhin Spielführer seit der Demission von Michael Schultz, bekommt der Betrachter auch langsam den Eindruck, er sei nicht mehr gänzlich in der unbestrittenen Chefrolle. Zum einen wurde er erneut relativ früh vom Feld genommen, RWE spielte danach seine stärkste Phase. Zum anderen werden ihm mittlerweile viele Standards abgenommen, die im Schwerpunkt von Brumme und Mizuta ausgeführt werden, was natürlich häufiger auch an der Position des Balles liegt. Lucas Brumme war nach seinem Fauxpas beim 0:2 generell danach sehr umtriebig. RWE hatte auch bei ruhenden Bällen eine deutliche Dominanz und nach einer halben Stunde 5:0 Eckstöße. Das Thema lautet somit, vorne mehr Ertrag zu erzielen und sich defensiv nicht um den Lohn zu bringen.

Die Aufreger

Schiedsrichter Martin Wilke hatte bei Michael Kostkas Einsteigen gegen Hannemann keine andere Wahl, als auf Foulelfmeter zu entscheiden und der Ball war vor dem 0:2 auch eher nicht im Aus. Krass daneben lag Wilke Sekunden vor Schluss, als Jannik Hofmann auf dem rechten Flügel sehr hart getroffen wurde, aber RWE trotzdem keinen Freistoß aus guter Position zugesprochen wurde. Noch Minuten nach dem Schlusspfiff war es Hofmann nicht möglich, aufzutreten. Ansonsten entpuppte sich eine medial sehr gehypte und noch einmal durch massive WDR-Präsenz „geadelte“ Aktion als Sturm im Stauderglas und muss nicht weiter besprochen werden.

Fazit und über den Tellerrand geschaut – Die Lage in der Dritten Liga

RWE gelang zwar der ersehnte Sprung auf einen direkten Aufstiegsplatz nicht, aber es gab schon weitaus schlechtere Spiele an der Hafenstraße 97 A. Am Ende wurde wieder deutlich, Fußball verzeiht keine Fehlerketten. Trainer Koschinat gewann der unnötigen Niederlage auch etwas Gutes ab, da es Spaß mache, das Match aufzubereiten und daraus zu lernen. Dem ist wenig hinzuzufügen. Cottbus eroberte die Tabellenspitze, das machte eine saftige 1:4 Klatsche des MSV Duisburg bei der Reserve der TSG Hoffenheim möglich.

Da auch der VFL Osnabrück (1:0 gegen Ingolstadt), das Phänomen Verl mit einem knackigen 5:1 bei Viktoria Köln sowie Hansa Rostock mit einem 2:0 über Schweinfurt ihre Ambitionen unterstrichen, wird es oben noch enger. Den nächsten Rückschlag erlitt der 1.FC Saarbrücken, der mit 0:2 bei 1860 München unterlag und weiter zurückfällt. Eben diese Saarbrücker sind Essens nächster Gegner, am kommenden Samstag gastiert RWE im Ludwigspark und möchte dort die Scharte wettmachen.

NUR DER RWE!

Sven Meyering

Fotos