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2025/2026 – 3. Liga

Rot-Weiss Essen – 1. FC Schweinfurt 05 (2:1)

Vor 17.507 Zuschauern im Stadion an der Hafenstraße gelang der nächste Heimsieg. Woebei es mehr Kampf war, als eigentlich notwendig war. Nach einer dominanten ersten Halbzeit stand es kurioserweise nur 1:1, ehe Joker Marek Janssen den erlösenden Siegtreffer erzielte. Fotos sind online, der Rest folgt.

Vorbericht

Wird RWE seiner Favoritenrolle gerecht? Aufsteiger Schweinfurt 05 ist zu Gast

Der Kontrast könnte kaum größer sein. Im Revierderby wurde am Ende ein Punkt von der Wedau mitgenommen, auch wenn die Kräfte in den Schlussminuten gehörig nachließen. Jetzt wartet der Aufsteiger aus Schweinfurt auf die Essener, der bereits einen gehörigen Rückstand im Tabellenkeller zum Nichtabstiegsplatz hat und mit dem Rücken zur Wand steht. Selten sind in der Dritten Liga die Rollen so klar verteilt wie in diesem Spiel.

Immerhin gibt es ein Wiedersehen mit alten Bekannten zu feiern. Ekin Celebi, der aus Vertragsgründen nicht spielen darf, Manuel Wintzheimer und Joshua Endres haben alle schon einmal das rot-weisse Trikot getragen und dürfen noch einmal die Luft an der Hafenstraße schnuppern. Allerdings bleibt kaum Platz für Sentimentalitäten, denn RWE möchte weiter oben dranbleiben und braucht dafür dringend die drei Punkte am Sonntagnachmittag.

Das Personal

Obwohl Trainer Uwe Koschinat aus dem Vollen schöpfen kann, erwartet niemand großartige Veränderungen in der Startaufstellung gegenüber den letzten Auftritten. An Jakob Golz zweifelt sowieso keiner. Tobias Kraulich hat mit seiner Leistung gegen den MSV Duisburg unterstrichen, dass er im Vergleich mit Kapitän Michael Schultz der komplettere Spieler ist. Sein Nebenmann Rios Alonso ist derzeit in einer absoluten Topform und nicht wegzudenken. Auf der rechten Seite in der Viererkette hatte Michael Kostka die Nase leicht vor Jannik Hofmann, allerdings hatte Kostka eigentlich nicht die Luft für neunzig Minuten, wird aber höchstwahrscheinlich dennoch starten. Lucas Brumme ist wieder fit und wird Franci Bouebari auf der linken Außenbahn wieder ersetzen, obwohl sein junger Herausforderer sich im Laufe des Spiels gegen den MSV enorm steigern konnte.

Auch Klaus Gjasula setzte nach seiner langen Sperre eine ordentliche Duftmarke und wird wohl wieder von Beginn an spielen dürfen. Etwas offener dürfte es im Kampf um die Doppelsechs bzw. Achterposition sein. Torben Müsel zeigte in den letzten beiden Spielen gute Leistungen, dennoch wurden Tom Moustiers Einwürfe als zusätzliche Waffe durchaus vermisst. In der Offensivzentrale darf Ahmet Arslan wieder die Fäden ziehen.

Auch an den offensiven Außenbahnen wird der Chefcoach wenig rütteln, Marvin Obuz und Kaito Mizuta werden zur Findung eines festen Gerüstes auf dem Platz und mangels Alternativen starten dürfen. Eine Änderung könnte es in der Sturmspitze geben. Ramien Safi konnte ein Tor im Derby erzielen und sich somit weiterempfehlen, allerdings könnten gegen einen tiefstehenden Gegner andere Qualitäten gefordert sein. Marek Janssen hat nach seinen Einwechselungen ordentliche Leistungen zeigen können und verkörpert diesen Stürmertyp. Vielleicht wären aber auch Jannik Mause und Jaka Cuber Potocnik je nach Fitnesszustand mögliche Alternativen.

Um Jannik Mause und Defensivakteur Luca Bazzoli gab es zuletzt viel Diskussionen. Beide haben es bislang nicht geschafft, trotz der Vorschusslorbeeren zu überzeugen. Im Fall von Mause ist es noch zu früh, die Personalie in den Wind zu schreiben. Allerdings ist es nach wie vor verwunderlich, warum der Stürmer trotz seiner körperlichen Verfassung an die Hafenstraße geholt wurde, denn eine sofortige Hilfe ist er nicht. Die lahmende Offensive könnte aber einen fitten Mause gut gebrauchen. Sollte es weiterhin so laufen, dass RWE sich eine ordentliche Ausgangsposition für die Rückrunde erarbeitet, wäre Mause möglicherweise noch ein entscheidender Faktor für die Zeit nach der Winterpause.

Bei Bazzoli ist die Lage anders. Weder in der Innenverteidigung noch auf seiner Stammposition im defensiven Mittelfeld hat er derzeit eine Chance, in die Startelf zu rutschen. Zuletzt schaffte er es noch nicht einmal mehr in den Kader. In der Innenverteidigung ist die Mannschaft sehr gut besetzt, hier wird Bazzoli nicht gebraucht. Im defensiven Mittelfeld verkörpert Klaus Gjasula zwar in seinem Alter nicht die Zukunft der Mannschaft, aber ist bei den gezeigten Leistungen nahezu unverzichtbar. Bazzoli muss den Konkurrenzkampf annehmen, sonst stehen die Zeichen auf eine baldige Trennung vielleicht schon im Winter. Denn unter dem Strich ist es viel zu teuer, ihn auf der Tribüne schmoren zu lassen. Aber auch hier sollte die Hoffnung auf Besserung noch nicht vollständig aufgegeben werden.

Das Gegnerportrait: 1. FC Schweinfurt 05 (Platz 20/ 3 Punkte/ 1 Sieg, 0 Remis, 11 Niederlage/ 8:32 Tore, Differenz -24)

So hatten sich die Schweinfurter ihre erste Saison in der eingleisigen Dritten Liga bestimmt nicht vorgestellt. Dabei gab es am Ende der Saison grenzenlosen Jubel in Unterfranken. Der Aufstieg überraschte viele Experten, da ausgerechnet der große Rivale aus Würzburg nach einer gescheiterten Teilnahme in der Aufstiegsrelegation im Jahr davor als großer Favorit in der Regionalliga Bayern galt. Doch die Kickers lagen am Ende mit acht Punkten auf Platz 3 hinter den „Schnüdeln“, wie die Mannschaft aus Schweinfurt zur Freude der hiesigen Presselandschaft auch genannt wird.

Doch in Unterfranken wissen die Verantwortlichen auch, dass die Ausgangssituation eines Aufsteigers aus Bayern häufig nicht die Günstigste ist. Deshalb waren dort alle auf der Suche nach einem eigenen Weg. Anscheinend blieben viele ehemalige Spieler aus der Umgebung bei der Reise durch die Profiligen ihrer Heimat stark verbunden und konnten sich unter bestimmten Voraussetzungen eine Rückkehr ins beschauliche Frankenland vorstellen.

Johannes Geis, ehemaliger Bundesligaprofi und zuletzt in der Dritten Liga Führungsspieler bei der SpVgg Unterhaching, hatte zuvor nicht für die 05er gespielt, ist aber in Schweinfurt geboren. Pius Krätschmer spielte in der Vorsaison für den hochambitionierten und dann insolventen West-Regionalligist Eintracht Hohkeppel und kehrte wieder nach Schweinfurt zurück.

Natürlich darf in der Aufzählung der Ex-RWE-Stürmer Manuel Wintzheimer nicht fehlen, der schon in der Jugend für den Verein stürmte. Auch Maximilian Weisbäcker, der aus Illertissen verpflichten wurde, sowie Tim Latteier, ehemals FSV Frankfurt, kennen sich in der Gegend aufgrund ihrer Vergangenheit aus. Stürmer Nico Grimbs hatte aus Fürth keinen weiten Weg zu seiner neuen sportlichen Heimat. Diese bayerische Gemütlichkeit sollte auch dafür sorgen, die auswärtigen Neuzugänge wie Toni Stahl (Stammtorhüter in der zweiten Mannschaft von Hannover 96) sowie die Stürmer Eric Shuranov (Maccabi Haifa, war immerhin auch mal zuvor in Nürnberg gewesen) und Fabio Luque-Notaro (FC Vaduz 2, Liechtenstein) schnell zu integrieren.

Auf der letzten Rille wurde aus Essen noch Linksverteidiger Ekin Celebi ausgeliehen, welcher leider verletzungsbedingt eine schwere Zeit an der Hafenstraße hatte und seine Chance im Profifußball sucht. Er wird nicht an der Partie teilnehmen, weil die Schweinfurter nicht bereit waren, eine vertraglich festgelegte Summe für seinen Einsatz bei seinem Stammverein zu zahlen. Auch wenn es nicht zum Nachteil von RWE ist, darf diese Praxis bei den Verträgen sehr gerne kritisch betrachtet werden.

Alle diese Verpflichtungen zeigen, dass die Schweinfurter nicht oben in das Regal gelangt haben. Entweder wird versucht, talentierte Spieler mit Bezug zur Region zu holen oder es ergreifen Akteure die letzte Chance, doch noch einmal eine Rolle im Profifußball spielen zu können. Zum Beginn der Saison sah es noch so aus, als ob die Unterfranken sich achtbar schlagen können. Beim schweren Auswärtsauftakt in Köln verloren die Truppe „nur“ mit 0:2. Im ersten Heimspiel gegen Energie Cottbus (0:2) wurde lange dagegengehalten und die Waffen erst in der Nachspielzeit gestreckt. Nach vier weiteren Pflichtspielniederlagen, unter anderem im DFB-Pokal gegen Zweitligist Fortuna Düsseldorf und im Landespokal gegen Viktoria Aschaffenburg (8:9 nach Elfmeterschießen) sahen die Schweinfurter endlich Licht am Ende des Tunnels. Ausgerechnet der bayerische Konkurrent aus Ingolstadt wurde mit 3:2 im Audi-Sportpark besiegt.

Allerdings ist dies nach zwölf Spieltagen immer noch der einzige Sieg auf dem Konto der Unterfranken. Vor allem die hohen Niederlagen gegen schwach gestartete Aachener und Ulmer (jeweils 1:5) lassen an der Drittligatauglichkeit zweifeln. Nur acht Tore konnten zu diesem Zeitpunkt erzielt werden, dafür wurden schon 32 kassiert. Diese Bilanz des Grauens wird noch dadurch getrübt, dass mit dem TSV Havelse ein Team vor ihnen steht, welches noch gar nicht gewonnen hat.

Hier braucht es keine taktisch tief gehende Analyse, um die Chancen für die Essener einschätzen zu können. In allen Mannschaftsteilen stellt die Mannschaft von der Hafenstraße das bessere Team. Geht die Truppe von Uwe Koschinat mit der richtigen Einstellung, die größtenteils in der Saison vorhanden war, seriös an das Spiel heran, dürfte die Möglichkeit sehr groß sein, am Ende der Partie einen Sieg feiern zu können.

Der Blick über den Tellerrand und Fazit

Bislang hätte der dreizehnte Spieltag von den Ergebnissen her für RWE kaum besser laufen können. In der Spitzenpartie trennten sich der VfL Osnabrück und der MSV Duisburg 0:0. Trotz der bislang beeindruckenden Saison des Aufsteigers sammelten die Meidericher in der letzten Zeit ein paar Remis zu viel, dennoch konnte die Tabellenführung sogar zurückerobert werden. Dies lag an der Leistung der Löwen aus München, die den bisherigen Spitzenreiter aus Cottbus mit 3:0 an die Lausitz zurückschickten. Leider kam es zu beschämenden Szenen, bei der ein Zuschauer der Löwen den Cottbuser Butler rassistisch beleidigt haben soll. Es bleibt abzuwarten, was im Nachgang dank eines Vollidioten noch so folgen wird.

In einem weiteren Duell im Kampf um die oberen Plätze gelang Hansa Rostock nach einem Last-Last-Minute Treffer noch ein 2:2-Unentscheiden gegen starke Verler. Wieder zurück im Rennen ist die Viktoria aus Köln, die starke Serie der Ingolstädter wurde mit einem 3:1-Sieg am Höhenberg beendet. Wild ging es im Erzgebirge zu, die Auer konnten die Regensburger mit 4:3 niederringen. Allerdings bleiben damit beide Mannschaften tief unten drin.

Noch schlechter ist es allerdings um den SSV Ulm 1846 und der TSV Havelse bestellt. Die Ulmer verloren trotz einer Führung gegen die jungen Stuttgarter mit 1:3. Havelse wartet weiter auf den ersten Sieg und kommt zu Hause mit 0:2 gegen zuletzt kriselnde Wehener unter die Räder. Zwar trennen die Mannschaften aus Baden-Württemberg und Niedersachsen nur ein Platz im Tabellenkeller, dafür aber auch schon neun Punkte.

Am Sonntag haben neben RWE noch die Mannheimer die Chance, mit viel Fanunterstützung in Hoffenheim weiter nach oben zu klettern. Auch der 1. FC Saarbrücken könnte wieder ein Wörtchen mitreden, muss sich aber erst auf dem Tivoli gegen die Alemannia aus Aachen aus der Krise schießen.

RWE hat eine große Möglichkeit, sich richtig oben festzusetzen. Sollte ein Sieg gelingen, wären es nur noch drei Punkte bis zu den Plätzen an der Sonne. Allerdings ist mit dem Gegner aus Schweinfurt die Fallhöhe entsprechend groß. Die Mannschaft von Uwe Koschinat muss jetzt zeigen, dass sie auch die Favoritenrolle annehmen und gegen Gegner bestehen kann, die sich hinten einigeln und auf Nadelstiche lauern. Mit den Fans im Rücken sollte die Aufgabe leichter sein, die Hafenstraße zu einer uneinnehmbaren Festung auszubauen.

In diesem Sinne:

NUR DER RWE!

Pascal Druschke

Fotos