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2024/2025 – 3. Liga

Kaderanalyse Teil 2 – Defensives Mittelfeld und Außenbahnen

Weiter geht unsere Kaderanalyse mit den Außenbahnen und dem defensiven Mittelfeld.

Der Königstransfer und sein demissionierter Vorgänger – Defensives Mittelfeld

Auch Menschen mit wenig Fußballexpertise konnten kaum übersehen, dass die größte Leerstelle im rot-weissen Kader sich zur Hinrunde im defensiven Mittelfeld befand. Die Verantwortlichen reagierten und holten zur Winterpause den erfahrenen Klaus Gjasula aus Darmstadt an die Hafenstraße. Die Erwartungen an diesem Transfer wurden völlig erfüllt und hier darf zurecht von einem Schlüsseltransfer gesprochen werden.

Auch wenn sein Spiel nicht sonderlich auffällig ist, erledigte Gjasula seinen Job vorbildlich. Er nahm den Druck von der Dreierkette, indem er rechtzeitig auch mal das notwendige Foul zog. Die Offensive erhielt endlich die Freiheiten und musste nicht zu viele Defensivaufgaben mit übernehmen.

Schlüsselspieler im defensivem Mittelfeld – Klaus Gjasula

Zudem konnte sich die ganze Mannschaft auf ihn verlassen, wenn es darum ging, den Gegner aufzuzeigen, sich besser nicht mit einem rot-weissen Spieler anzulegen. Genau diese Attribute fehlten in der Hinrunde, wo z. B. in Rostock Robbie D`Haese fast ins Krankenhaus getreten wurde, ohne dass ein Akteur sich für seinen Sportskameraden eingesetzt hatte. In Duisburg zeigte Gjasula, dass ihm sogar eine Verwarnung völlig egal ist, um bei Rudelbildungen vorne dabei zu sein. Zunächst aber musste RWE auf Gjasula beim Rückrundenauftakt verzichten, was der Mannschaft sichtlich weh tat.

Mit einem Gjasula im Kader verlor RWE nur zwei weitere Spiele, bei einer weiteren Niederlage in Köln musste er gelbgesperrt zuschauen. Leider ist dies eine Nebenwirkung von Gjasulas körperbetonten Spiel. Wäre die Saison noch weitergegangen, hätte er nach dem in Großaspach gegen Stuttgart II ein weiteres Mal aussetzen müssen. Dafür war Gjasula auch vorher bekannt, schließlich ist er mit 17 gelbe Karten in einer Saison (19/20 im Trikot des SC Paderborn) Rekordhalter in der Fußballbundesliga. Zudem ist sein Spiel auch nicht immer fehlerfrei, z. B. lud er mit einer fatalen Spieleröffnung Saarbrückens Sontheimer zum 0:1 ein. Ein Problem mag außerdem sein fortgeschrittenes Fußballeralter mit 35 Jahren sein. Jedes weitere Jahr kann zu einem drastischen Verlust seiner Fähigkeiten führen.

Dies haben auch die Verantwortlichen erkannt und Luca Bazzoli aus Münster verpflichtet. Bazzoli ist 11 Jahre jünger als Gjasula und hat in der abgelaufenen Saison 21-mal für die Preußen in der zweiten Bundesliga auf dem Platz gestanden. Mit der Anwerbung von Bazzoli wird es für Jimmy Kaparos noch schwerer, weitere Einsätze an der Hafenstraße zu sammeln. Die Verantwortlichen setzen nach dem Abgang von Vinko Sapina alle Hoffnungen auf Kaparos, die er in der Hinrunde nicht erfüllen konnte. Dies bestätigte er leider auch im Spiel gegen Aachen, wo er Gjasula krankheitsbedingt vertreten musste.

Schwerer Stand im Schatten von Gjasula – Jimmy Kaparos

Kaparos wirkte wie so häufig fehleranfällig im Spielaufbau und war durch seine körperlichen Defizite nicht in der Lage, sich den aggressiven Alemannen entgegenzustellen. In Köln musste er Klaus Gjasula aufgrund der Gelbsperre wieder vertreten und erledigte seine Aufgabe ordentlich, aber nicht herausragend. Insgesamt wirkt Kaparos Spiel nicht so, als ob er auf die Position des „Sechsers“ wirklich zu Hause wäre, sondern möglicherweise eher auf der „Acht“. Hier sind aber die Möglichkeiten auf Einsatzzeiten für Kaparos aufgrund der hervorragenden Personallage ebenfalls stark eingeschränkt.

Am Ende der Saison geriet er zudem mit Trainer Uwe Koschinat einander, der ihm mangelnde Einstellung beim Training vorwarf. Kaparos reagierte ziemlich unsouverän und schimpfte noch auf dem Platz über seinen Übungsleiter. Hier deutet alles auf eine Trennung hin. Im Verlauf der Rückrunde soll Kaparos sogar seinen Platz als Backup für Gjasula an den jungen Gianluca Swajkowski verloren haben, der mit guten Leistungen am Ende der Hinrunde auf sich aufmerksam machen konnte. Doch leider fiel Swajkowski einen großen Teil der Rückrunde verletzungsbedingt aus. Auch seine Zukunft ist durch die Verpflichtung von Bazzoli ein wenig in Frage gestellt worden.

Fazit: Die Verpflichtung von Klaus Gjasula war enorm wichtig für die Mannschaft und diese hat für den Aufschwung in der Rückrunde einen unschätzbaren Beitrag geleistet. Doch mit Luca Bazzoli als Neuzugang wollen die Verantwortlichen den Fehler vermeiden, diese Position noch einmal zu vernachlässigen. In jedem denkbaren Spielsystem wird ein defensiver Mittelfeldspieler gebraucht. Gjasula kommt in ein Fußballalter, wo Ausfälle unvermeidlich sind, zudem muss die Mannschaft durch sein aggressives Spiel mindestens zwei bis drei Partien pro Saison ohne ihn auskommen.

Von den Leistungsträgern wird Gjasula derjenige sein, dem dieser Umstand klar sein wird und mit einer Reservistenrolle zurechtkommen könnte. Ein Luca Bazzoli, der zuletzt Stammspieler in Münster war, wird sich kaum auf die Bank setzen wollen. Allerdings ist Bazzoli auch in der Innenverteidigung einsetzbar, so dass es auf die Trainingseindrücke von Uwe Koschinat ankommt, wer von Beginn an wo spielen darf. Einen Platz im Kader zu finden, dürfte für Jimmy Kaparos enorm schwierig sein. Selbst bei einer Position mehr im Mittelfeld durch ein Systemwechsel käme er an Tom Moustier oder Torben Müsel nicht vorbei.

Sollte Kaparos das fußballerische Talent haben, was viele im vor der Saison attestiert haben, ist es aber auch den Verantwortlichen anzukreiden, dem jungen Spieler die Bürde von Vinko Sapinas Nachfolge aufgedrückt und ihn nicht langsam an die Dritte Liga herangeführt zu haben. Woran es auch lag, eine Trennung von Kaparos scheint unvermeidlich zu sein. Die personelle Aufrüstung im defensiven Mittelfeld ist auch für Gianluca Swajkowski möglicherweise ein Problem. Hier würde sich ein Leihgeschäft anbieten, wobei auch gerade junge U-23-Spieler aufgrund des Regelwerks benötigt werden.

Zwei Ausnahmekönner, aber kaum Alternativen in der Hinterhand – Die Außenbahnen

Auch die Außenbahnen zählten in der Hinrunde nicht unbedingt zu den stabilen Säulen des RWE-Spiels. Zunächst wollte Ex-Trainer Dabrowski durch eine Doppelschiene auf beiden Seiten für defensive als auch offensive Kraft sorgen, musste aber das Experiment aufgrund der fehlenden Stabilität in der Abwehr nach wenigen Spielen ad acta legen. Gab es für die linke Seite noch Möglichkeiten, diese Stabilität wieder herzustellen, wurde für die gegenüberliegende Seite Julian Eitschberger nachverpflichtet. Bereits in der Hinrunde zeigte Eitschberger seine Qualitäten und wurde unumstrittener Stammspieler. Doch der Kapitän der U-20-Nationalmannschaft war in der Lage, sich zur Rückrunde noch einmal zu steigern.

Immer voller Einsatz – Julian Eitschberger

Defensiv steht er weitestgehend sehr sicher, hat ein gutes Tempo nach vorne, ist zudem noch sehr torgefährlich und kann aus dem Halbfeld präzise Flanken schlanken. Kurzum, einen besseren Spieler konnten die Verantwortlichen für die Dritte Liga auf dieser Position nicht finden. Damit löste er auch das eventuell in Koschinats System auftretende Problem, dass durch die defensive Ausrichtung und die fehlenden Alternativen auf den offensiven Flügel im Spiel nach vorne kaum Druck entwickelt werden könnte, bravourös. Leider ist Julian Eitschberger nicht zu halten, nach seiner Leihe kehrt er zunächst zur Hertha nach Berlin zurück. Ob er lange sich dort aufhalten wird, bleibt sehr fraglich, auch Vereine aus dem Ausland sollen schon angefragt haben. Wenn er nichts falsch macht, wird „Eitschi“ seinen Weg gehen und sich in höheren Ligen problemlos zurechtfinden. Dafür wünschen wir alles Gute, an der Hafenstraße wirst Du jedenfalls immer ein gern gesehener Gast bleiben!

Für seinen Vertreter Eric Voufack gab es keinen neuen Vertrag mehr. Durch Eitschbergers Dauerpräsenz gab es wenige Möglichkeiten, sich von Beginn an zu zeigen. Allerdings nutzte er seine Chancen auch kaum. In Bielefeld machte er noch ein ordentliches Spiel, im Pokal in Oberhausen hingegen offenbarte er wieder seine alten Probleme.

War bei seinen wenigen Einsätzen zur Stelle – Eric Voufack

Sein Defensivverhalten ist für die Dritte Liga zu schwach, sein Antritt nach hinten und nach vorne wirkt insgesamt sehr schwerfällig, obwohl er gegen Aue ein Tor aus einem Konter heraus erzielen konnte. Jeder Gegner bereitet sich davor, seine Seite zu bespielen, wenn Eric Voufack auf dem Platz ist, so dass er zu einem Unsicherheitsfaktor im rot-weissen Defensivspiel wurde. Dennoch zeigte er immer vollen Einsatz und es sind durchaus Offensivqualitäten, z. B. bei präzisen Flankenläufen, vorhanden. Vielleicht wäre es für ihn gut, bei einem ambitionierten Regionalligist einen Neuanfang zu machen.

Auch dafür wünschen wir alles Gute! Im Verein verbleibt als Alternative nur noch Nils Kaiser für die rechteAußenbahn. Kaiser war in der vergangenen Saison sehr häufig verletzt und spielte kaum eine Rolle. Außerdem wurde er von Koschinats Vorgänger Dabrowski für diese Position umgeschult, eigentlich ist er im Mittelfeld zu Hause. Ob sich Koschinat auf das Experiment seines Vorgängers einlässt, ist eher fraglich.

Zuverlässig, wenn er eingewechselt wurde – Nils Kaiser

Die Mannschaft hatte nicht nur das Glück, mit Julian Eitschberger einen herausragenden Flügelspieler zu haben. Auch Lucas Brumme zählte auf der linken Seite zu den Leistungsträgern im Team. Nach seiner Rückbeorderung in die Defensive offenbarte Brumme in der Hinrunde zunächst Schwächen. Zudem wirkte er häufig lustlos und auch etwas frustriert, was vermutlich an seiner unklaren Vertragssituation in der kommenden Saison lag. Scheinbar zweifelten die Verantwortlichen an ihm und legten die Gespräche für eine Verlängerung seines Vertrages auf Eis. Dies bereuten die Entscheider im Verein aufgrund der ansteigenden Leistungskurve sehr schnell, aber nun waren auch die Ansprüche von Brumme gestiegen.

Auch in der nächsten Saison auf der der linken Außenbahn – Lucas Brumme

Im Umfeld der Hafenstraße gab es kaum Hoffnung auf eine Verlängerung, doch kurz vor dem Ende der Saison konnte der Vollzug gemeldet werden, dass Brumme doch bleiben wird. Dies darf als absoluter Coup gewertet werden. Die neue defensive Stabilität beflügelt auch Brumme, der jetzt wieder seine Offensivqualitäten zeigen durfte und unter anderem mit starken Flanken aus dem Halbfeld seine Mannschaftskameraden versorgte. Brumme war wieder der Alte und hat sich seinen neuen Vertrag an der Hafenstraße redlich verdient!

Vielleicht hatte auch Matti Wagner etwas mit der wiedergewonnenen Stärke von Lucas Brumme zu tun. Wagner wurde in der Winterpause aus Fürth ausgeliehen und sollte bei Ausfällen oder Leistungsschwankungen von Brumme die linke Seite stabilisieren. Da beide Szenarien so gut wie nicht vorkamen, ergaben sich für den jungen Spieler kaum Möglichkeiten, seine Qualitäten zu zeigen. Wenn er aber auf dem Feld stand, war auf Matti Wagner stets Verlass. Durch einen getretenen Eckball im Heimspiel gegen Hannover sammelte er bereits früh seine erste Vorlage, in Bielefeld unter ordentlichem Druck lieferte er ein gutes Spiel ab, im Pokal gegen Oberhausen war er bis zur Verletzung noch einer der auffälligsten Akteure und gegen Osnabrück holte er mit einer cleveren Aktion einen Elfmeter heraus.

Doch mit der Vertragsverlängerung von Brumme war auch Wagner selbst klar, dass er über die Reservistenrolle kaum hinauskommen wird. Für einen Spieler, der aus der zweiten Bundesliga ausgeliehen wird, ist es wichtig, auf Spielzeiten zu kommen. Dementsprechend verlässt Wagner nach einem halben Jahr die Hafenstraße wieder. Wir hoffen an dieser Stelle sehr, dass Matti Wagner seinen Weg gehen wird, aber nicht unbedingt auf der gegnerischen Seite. Alemannia Aachen soll an einer Leihe interessiert sein. Eine Überraschung hatten die Verantwortlichen aber dennoch zu bieten.

Der in dieser Saison abermals verletzte Ekin Celebi soll eine weitere Chance erhalten. In der Mannschaft wird Celebi sehr geschätzt, auch Uwe Koschinat war von den Trainingseindrücken sehr angetan von ihm. Er darf sich trotz des auslaufenden Vertrages in der Vorbereitung noch einmal anbieten. Das Risiko ist für den Verein nicht sonderlich hoch, da mit Lucas Brumme ein Spieler auf der Position erhalten bleibt und Celebi bei einem möglichen neuen Vertrag Risikoabwägungen der Verantwortlichen in Kauf nehmen muss.

Fazit: Eine große Aufgabe wird es bei der Transferpolitik sein, nach der Rückkehr von Julian Eitschberger zur Hertha und dem Verzicht auf Eric Voufack die rechte Außenbahn neu aufzustellen. Ein möglicher Nachfolger von Eitschberger wird sich wohl defensiver orientieren, dies kann aber mit der Verpflichtung eines offensiven Flügelspielers mit Stärken bei den Flankenläufen ausgeglichen werden. Zuletzt war Thijmen Goppel vom SV Wehen im Gespräch, welcher aber auch starke Offensivwerte aufweisen kann und womöglich deshalb Angebote aus der zweiten Liga hat. Auf der linken Seite konnten die Verantwortlichen den Supergau abwenden, beide Außenbahnen nach der Saison verwaist zu lassen.

Mit der Vertragsverlängerung von Lucas Brumme und der abermaligen Betrachtung von Ekin Celebis Belastungsfähigkeit kann der Verein hier beruhigter sein. Sollte sich Celebis Weiterverpflichtung zerschlagen, ergäbe sich aber auch eine neue Möglichkeit, für beide Seiten neben einem guten Transfer für die rechte Außenbahn zwei Perspektivspieler zu verpflichten, die noch die U-23-Regeln erfüllen.

Im restlichen Kader sind aufgrund der personellen Situation sonst die Alternativen für eine Nachbesserung gering, zudem wurden mit Eitschberger und Wagner schon gute Erfahrung in diesem Bereich gemacht. Die Rolle hingegen von Nils Kaiser bleibt offen, eine Trennung wird anscheinend nicht angestrebt. Möglicherweise bleibt ihm die Rolle eines flexiblen Einwechselspielers für verschiedene Positionen.

Fortsetzung folgt!