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Lawrence, du bist Essener, und einige andere nicht!

Die Vorbereitungen für unseren Vorbericht haben schon angefangen. Wir zelebrieren jeden Spieltag dieser tollen Liga mit Begeisterung und selbst gegen die Zweitvertretung des SC Freiburg würden wir gerne über die Stärken und Schwächen des Gegners, die Personalsituation oder Baustellen unseres geliebten RWE sprechen. Es gibt allerdings Situationen, in denen die Freude am Fußball zurücktritt und die Situation wurde spätestens am Dienstag in Bocholt erreicht, weswegen wir gemeinschaftlich beschlossen haben ein Statement anstatt eines Vorberichts zu veröffentlichen:

Während Rot-Weiss Essen noch recht nebulös eine Pressemeldung über rassistische Vorfälle im Zuge des Niederrheinpokalhalbfinals veröffentliche, sorgte der verdiente Ex-RWEler Kevin Grund dankenswerterweise für die traurige Gewissheit, was sich in Bocholt ereignet hat. Lawrence Ennali ist von Zuschauern, die vorgeben, sich RWE nahe zu fühlen, mehrfach rassistisch beleidigt worden. Auch wenn solche Äußerungen mehr über die Urheber sagen, als über denjenigen, den sie treffen, verletzen sie Menschen brutal. In dem Moment, in dem so etwas passiert, brauchen wir nicht mehr über die Güte des Trainers, über die Qualität einiger Spieler oder Erwartungen an die Mannschaft sprechen, denn dann ist es Zeit über das Mindestmaß von Anstand und Respekt zu sprechen, das man von jedem Einzelnen verlangen muss.

Mal davon ab, dass solche Entgleisungen auch einen gegnerischen Spieler, Schiedsrichter oder irgendeinen Zuschauer niemals treffen dürfen, ist man erstaunt, dass man diesen verbalen Unrat bei einem Spieler ablädt, von dem man sich erhofft, dass dieser mit dafür sorgt, dass Rot-Weiss Essen auch in der kommenden Saison in Liga 3 spielt.

Diese Redaktion ist politisch breit gefächert und wir alle sind weit davon entfernt, ein Fußballstadion zu fordern, was dem Niveau von Bullerbü entspricht. Wir alle sind uns allerdings einig, dass wir diesen Sport und diesen anstrengenden Verein lieben und dass wir uns schämen, wenn einige wenige auf dem Rücken der Fußballer dieses Vereins ihr widerliches Gedankengut in Umlauf bringen.

Wir reden über einen sympathischen Spieler von 21 Jahren, der am Anfang einer möglicherweise großen Karriere steht und mit seinen Toren in Duisburg und gegen Osnabrück mit verantwortlich für zwei tolle Fußballabende war. Rot-Weiss ist sehr daran interessiert, auf diesen Spieler in der kommenden Saison zu bauen. Warum sollte der Mensch Ennali ein Interesse daran haben, sein Talent weiter für einen Verein einzubringen, bei dem er so behandelt wird? Darüber hinaus kann sich jeder, der in einem funktionierenden kollegialen Umfeld arbeitet, ausmalen, was diese Form der Behandlung auch mit Mitspielern macht, die es gut mit Ennali meinen.

Falls du diese Zeilen liest, Lawrence Ennali, möchten wir dir sagen, dass es eine Minderheit ist, die so denkt und spricht. Es tut uns leid, was dir Leute angetan haben, die unser Vereinswappen tragen. Das ist wenig, aber wir hoffen, du kannst im Gegensatz zu diesen Leuten differenzieren, dass die Mehrheit der RWE-Fans hinter dir steht. Lolo, du bist Essener! Menschen, die einen solchen Dreck brüllen, sind es nicht!

Und alle gescheiten Zuschauer sollten am Samstag bereit sein, solchen Auswüchsen, wenn man Ihnen gewahr wird, entgegen zu treten. Wir sagen es euch in aller Deutlichkeit, wir wollen euch nicht mehr in unserem Stadion und unserer Kurve haben und wir werden dazu beitragen, euch dingfest zu machen und zu identifizieren, solltet ihr auch nur noch ein einziges Mal so ein abscheuliches Verhalten an den Tag legen!

Ferner müssen wir uns auch mal wieder mit der Lynchmob-Mentalität in den asozialen Medien beschäftigen. Auch hier bekommt man leider wieder den Eindruck, eine Horde von wertebefreiten Schreihälsen, mit denen es das Leben offenbar ansonsten nicht allzu gut meint, wolle sich und ihre wenig glanzvolle Existenz damit aufwerten, andere um jeden Preis niederzumachen. Das trifft nicht nur die Spieler, sondern auch und vor allem den Cheftrainer Christoph Dabrowski. Dass der weg müsse, scheint dabei das wichtigste Credo überhaupt zu sein. Fernab davon, dass es natürlich diverse inhaltliche Kritikpunkte am Trainer gibt, die sachlich und vernünftig argumentiert vorgetragen ein wichtiger Beitrag zur Gesamtdebatte sind, fragt man sich einmal mehr, wem genau dieser Blutdurst nach rollenden Köpfen helfen soll? Hier frisst offenbar die Abstiegsangst die Seele auf, jedoch ist das kein Persilschein für wilde mediale Hetzjagden auf Christoph Dabrowski.

Dieser hatte mit seiner Mannschaft zum selben Zeitpunkt der Vorrunde im Anschluss an das Spiel gegen Wehen-Wiesbaden übrigens ebenso wie jetzt in der Rückrunde nur 9 Zähler geholt. Im Anschluss daran wanderten in 9 Restpartien, in denen Essen unbesiegt bleiben sollte, 15 weitere Zähler auf das Punktekonto. Einen Chefcoach entlässt ein Verein letztlich durch sorgfältiges Abwägen der Gesamtsituation durch die sportlich und administrativ Verantwortlichen. Keinesfalls darf dieses auf Druck einer pöbelnden Masse geschehen. Das wissen wir spätestens seit der Demission von Uwe Neuhaus von vor fast zwei Jahrzehnten. Übrigens haben wir in Bocholt das Finale des Niederrhein-Pokals erreicht. Nur mal so am Rande. Und das Letzte, was wir jetzt brauchen, ist, den ohnehin großen Druck von Außen ohne Sinn und Verstand weiter zu erhöhen. Diese Mentalität der Destruktivität hat Rot-Weiss Essen in der Vergangenheit mehr als einmal schweren Schaden zugefügt. Auch ihr sollte wie dem unsäglichen Rassismus endlich die Rote Karte gezeigt werden!