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2024/2025 – 3. Liga

Arminia Bielefeld – Rot-Weiss Essen (1:2)

Um 15:26 Uhr erschallte der dreitausendfache kollektive Schrei der Erlösung im Essener Fanblock. Schiedsrichter Harm Osmers hatte zum letzten Mal an diesem Tag in seine Pfeife geblasen und alle, die es mit Rot-Weiss Essen hielten, feierten einen prestigeträchtigen 2:1-Erfolg auf der Bielefelder Alm. Verdient, wie Ihr im Spielbericht lesen könnt.

Vorbericht

Nagelprobe auf der Alm – RWE muss in Bielefeld liefern

Wenn am Sonntag – wieder einmal – für Rot-Weiss Essen das nächste Auswärtsspiel in der Dritten Liga ansteht, erfolgt ein echter Härtetest. Nach dem locker leicht erschienenen 5:1-Erfolg über die Zweitvertretung der 96er muss RWE nun auf die Bielefelder Alm. Beide Teams benötigen die Punkte. Die gastgebenden Arminen, um ganz oben an den Aufstiegsrängen dranzubleiben, die Gäste aus Essen, um im Kampf ums Ligaüberleben den Kopf über Wasser zu halten. Bielefeld hat dabei nicht nur aufgrund der unterschiedlichen Tabellensituation die Favoritenrolle inne.

Das Personal und die taktischen Optionen

Unter der Woche schlug RWE noch ein weiteres und voraussichtlich letztes Mal vor Schließung des Transferfensters zu. Kaito Mizuta kommt ausgerechnet vom kommenden Gegner aus Bielefeld. Der 24 Jahre alte Japaner verdient sich bereits seit 2019 seine Sporen in Deutschland und startete damals beim SV Straelen. Ein Mizuta in Topform ist pfeilschnell, ballsicher und dribbelstark. Zu Saisonbeginn hinterließ er einen starken Eindruck und war Stammspieler der Arminia. Dann jedoch verfiel Mizuta in alte Muster, zeigte viel Schlendrian und verlor seinen Stammplatz ausgerechnet an den Ex-Rot-Weissen Isi Young. In Bielefeld verlor man die Geduld mit Mizuta, dem man wohl ein vollkommenes Profidasein nicht mehr zutraut.

Im Vorjahr ließ sich der Japaner unter Alkoholeinfluss zu einer fernöstlichen Kampfsportperformance mit den Türstehern eines Bielefelder Nachtklubs hinreißen. Also wartet entsprechend Arbeit auf RWE-Coach Uwe Koschinat, für den Mizuta jedoch ein Wunschspieler ist. Wie Betrachtern zudem auffällt, fühlt sich Mizuta auf dem linken Flügel am wohlsten. Ein deutliches Zeichen dafür, dass Joseph Boyamba auf dem Weg ist, seine Zelte bei RWE noch spontan abzubrechen. Bereits gegen Hannover II stand Boyamba nicht mehr im Kader.

Da Turbokicker Ramien Safi auf der Alm gesperrt ist, stehen Kaito Mizutas Chancen auf ein sofortiges Startelfdebut daher gut. Auch Lucas Brumme fehlt Gelb gesperrt. Da Neuzugang Matti Wagner laut Koschinat schon vor Hannover Startelfkandidat war, bevor ihn die Folgen seiner muskulären Beschwerden noch ausbremsten, dürfte Wagner nun starten. Voraussichtlich als linker Außen-Part einer Fünferkette. Da sich die Schulter-Verletzung von Kapitän Michael Schultz als nicht so schwerwiegend herausgestellt hat, dürfte er im Zentrum auflaufen, flankiert von Rios Alonso und Tobi Kraulich. Julian Eitschberger wird den Turbo auf der rechten Außenbahn anwerfen. Das defensive Mittelfeldzentrum gehört Klaus Gjasula, an dessen Seite Tom Moustier heißer Startelfkandidat ist. Und im Tor steh natürlich Jakob Golz.

RWE darf in Bielefeld unter keinen Umständen so tief stehen wie gegen Hannover 96, sonst wird die deutlich höhere Qualität der Gastgeber den Essenern anders als gegen Hannover zum Verhängnis werden. Andererseits wird die grundsätzlich offensive Ausrichtung der Arminen RWE Räume zum Kontern geben, was Essens schnelle Offensivspieler nutzen könnten. Unter Uwe Koschinat hat RWE zudem ein eigentlich altes Mittel neu entdeckt. Tom Moustier ist zum Einwurf-Monster mutiert, Essen erzielte in den letzten beiden Heimspielen jeweils einen Kopfballtreffer nach weiten händischen Hereingaben des Franzosen.

Damit tut RWE nun das, was viele Drittligamannschaften auch tun, nämlich mit hoher Körperlichkeit und Bällen in des Gegners Box dort Verwirrung stiften. Schon unter Christian Neidhart und Christoph Dabrowski war es die Aufgabe von Oguzhan Kefkir, die Kugel weit und hoch einzuwerfen. Allerdings hat RWE nun mit Schultz, Gjasula und Kraulich mehr Spieler mit Gardemaß, die solche Bälle auch verwerten können. Gerade gegen einen defensiv stabilen Gegner muss man Chancen auch schnörkellos generieren können. Vor allem weil Essens neue Speerspitze Dominik Martinovic wegen eines grippalen Infekts die Woche über nicht voll trainieren konnte. Ein Ausfall von Martinovic würde Essen hart treffen.

Im Hinspiel an der Hafenstraße war der gegenseitige Respekt groß. In einem wahren Abnutzungskampf gönnte man sich gegenseitig kaum Gelegenheiten und am Ende stand es folgerichtig 0:0, weil auch RWE eine seiner nicht gerade zahlreichen Leistungen aufs Feld brachte, die defensiv keine Wünsche offenließ. Ein erneutes Remis, gerne auch mit Toren, wäre für Essen ein Ergebnis, das man im Vorfeld sicherlich unterschreiben würde. 

Der Gegner: DSC Arminia Bielefeld (6. Platz/34 Punkte/29:22 Tore)

Rund um Lohmanns Wiesen sieht man in der Spielzeit 24/25 aus ostwestfälischer Sicht endlich einmal wieder lächelnde Gesichter. In den Vorjahren war Arminia Bielefeld von der Bundesliga in einem Rutsch in die 3. Liga gestürzt und dort sogleich wieder in den Abstiegskampf. Die Arminia hielt die Klasse nur knapp und verhinderte den Abstiegs-Hattrick. Der Vorteil davon, kein Bielefelder spielte sich so wirklich in den Fokus der anderen Vereine und Coach Mitch Kniat konnte seine Stammelf auf der Alm halten und den Kader zudem sinnvoll verstärken lassen. In Essen hingegen bekam RWE seinen erfolgreichen Kader der Spielzeit 23/24 von der zahlungskräftigeren Konkurrenz auseinandergerupft. Das Ergebnis, beide Vereine haben nun die Rollen getauscht. Bielefeld steht auf Platz 6 mit vier Zählern Differenz zum Relegationsplatz 5 Punkte sind es zum direkten Aufstieg. Anders als RWE im Vorjahr will die Arminia diese gute Situation nutzen. Vor allem spielerisch hat sich das Team sehr entwickelt. Das Routinier Fabian Klos, der eine gewissen Spielweise fast zwangsläufig vorgab, nicht mehr dabei ist, war dabei eher ein Vorteil, auch wenn Klos-Tore durchaus fehlen. Denn das Spiel der Bielefelder wirkt weitaus strukturierter als im Vorjahr.  

Im Wintertransferfenster legte man personell weiter zu, und zwar für den Sturm. Roberts Uldrikis ist mit 1,98 Meter der Inbegriff des Wandstürmers. Er spielte bereits 55 Mal international für Lettland und ersetzt auf der Alm den bisher glücklosen Andre Becker, den es nach einer Null-Tore-Bilanz für Bielefeld nun zum Liga Konkurrenten Waldhof Mannheim zieht. Zudem bekam Mitch Kniat hohes Tempo dazu. Joel Grodowski war im Vorjahr Aufstiegsheld für Preußen Münster, in Liga Zwei zündete er aber nicht wie von den Adlerträgern erhofft. Ausgerechnet zum Erzfeind nach Bielefeld zieht es Grodowski nun. Die jeweils fälligen Ablösen hat die Arminia durch die Sensationserfolge im DFB-Pokal, dort steht man als absoluter Underdog im Viertelfinale gegen Werder Bremen, bereits eindrucksvoll vorfinanziert.

Die Investitionen in den Angriff sind nicht verwunderlich. Mit bislang gerade einmal 29 Ligatreffern hat Bielefeld im Sturm das laueste Lüftchen aller Aufstiegskandidaten zu verzeichnen. Zum Vergleich, Tabellenführer Energie Cottbus bringt es da auf satte 45 Treffer. Die Bilanz wird noch deutlicher, wenn man die zuletzt erzielten vier Tore beim souveränen Erfolg beim BVB 2 abzieht.

Wer vorne bislang wenig Durchschlagskraft hatte, muss eine sattelfeste Defensive besitzen. So ist es auch. Denn die 22 kassierten Tore werden in der Liga nur vom 1. FC Saarbrücken knapp getoppt (21 Gegentore). Arminen-Torwart Jonas Kersken schwebt häufig zwischen Genie und Wahnsinn, RWE hofft am Sonntag auf die zweite Variante. Die Viererkette mit den erfahrenen Innenverteidigern Felix und Schneider lässt sehr wenig anbrennen, die Außenverteidigung mit Louis Oppie und Christopher Lannert ist die wohl Liga weit beste. Oppie dürfte mit seinen Leistungen und dem eminent gefährlichen linken Fuß auf den Zetteln vieler höherklassiger Klubs stehen. Sowohl Oppie als auch Lannert machen hinten dicht und marschieren unablässig nach vorne. Wenn es sein muss, feuern beide die Bälle auch schon aus dem Halbfeld in des Gegners Box.

So stabil und offensivfreudig kannst du nur sein, wenn das eigentliche Prunkstück des Teams das zentrale defensive Mittelfeld ist. Kapitän Mael Corboz, der Kernsechser Stefano Russo sowie Marius Wöhrl sind wahre Laufmaschinen, halten den Druck von ihrer Abwehrkette fern und marschieren dennoch freudig nach vorne. Insbesondere auf der heimischen Alm. Hier liegen Chancen für RWE, nach Ballgewinnen durch schnelles Umschaltspiel Räume zu finden. Bekanntlich hat Essen die Spieler dafür.

Der Ex-Essener Isi Young hat sich auf dem linken Flügel mittlerweile einen Stammplatz erarbeitet. Seine Bilanz (3 Treffer und 3 Assists) liegt nahe an der, die Isi auch an der Hafenstraße zumindest im Profifußball hatte. Für Sonntag hat der US-Boy eine Kampfansage gemacht und RWE die Freundschaft gekündigt. Alles gut, Freunde haben wir in Bielefeld ohnehin nie gesehen. Eines wird jedoch sehr deutlich, auf der Alm hängen die Punktetrauben sehr hoch für Rot-Weiss Essen und das Team muss bereit sein, entsprechend hoch danach zu springen. 

Fazit und über den Tellerrand geschaut: Die Lage in der Dritten Liga

Neben dem alten Westschlager auf der Bielefelder Alm bietet der Spieltag folgende Partien:

Alemannia Aachen: Energie Cottbus

Raubeinige Printen gegen Cottbuser Himmelsstürmer. Nach dem Sieg über RWE kamen die Alemannen eine geschlagene Woche aus dem Selbstlob kaum noch heraus, dann ließ man sich in Verl auf Normalmaß zurückstutzen. Energie Cottbus schickt sich als dritter Aufsteiger in Serie an, in die Zweite Liga durchzumarschieren. Cottbus-Coach Pele Wollitz scheint nur in Sachen Heiserkeitsfaktor mit seinem gegenüber Heiner Backhaus etwas gemeinsam und taktisch deutlich mehr auf der Pfanne zu haben.

Waldhof Mannheim: SC Verl

Ein Mitglied der Jawattdenn-Redaktion stellte einst die These auf, in Verl könne man auch eine Sporttasche als Trainer an den Spielfeldrand stellen und diese hätte dort Erfolg. Der Mensch gewordenen Sporttasche Alexander Ende und seiner Mannschaft, die den Anschluss an die Aufstiegsplätze erreicht hat, drücken wir bei der Partie bei Waldhof Mannheim fest die Daumen, denn die Waldhöfer sind harter Konkurrent der Essener im Kampf um das rettende Ufer.

SV Ingolstadt: 1. FC Saarbrücken

Sabrina Wittmann hat sich als einstige Cheftrainerin im deutschen Profifußball die Anerkennung ihrer männlichen Kollegen längst erworben und verdient. Die 33-Jährige brachte die launischen Audistädter auf Kurs und darf nach oben schauen. Die Saarbrücker kommen zum Spitzentanz nach Bayern. Derzeit sind sie Tabellendritter und im Besitz eines indirekten Aufstiegsplatzes.

Wehen Wiesbaden: VFB Stuttgart II

Die Hessen brauchen einen Dreier, um oben dranzubleiben. RWE würde das begrüßen, denn die Stuttgarter sind harter Konkurrent im Kampf ums Ligaüberleben.

BVB 2: Hansa Rostock

Die jeweiligen Höhenflüge beider Teams wurden am vergangenen Spieltag gestoppt, wer kommt zurück in die Spur? Größerer Druck liegt auf den Schultern der Ostseestädter.

Dynamo Dresden: Erzgebirge Aue

Sachsenderbytime! Favorit Dynamo Dresden treibt die Angst um, einmal mehr eine Rückrunde zu versemmeln, dagegen helfen nur Siege. Der Holzmichel will dagegenhalten.

Viktoria Köln: 1860 München

Schäl Sick bleibt das Sensationsteam der Liga, auch gegen die Münchener Löwen? Bei denen kehrten neue Besen semigut, Patrick Glöckner wurde bei seinem Debut gegen den VFB 2 mit seinem Team beinahe vorgeführt, der Gegner spielte Großkatz und Maus mit den Löwen. Am Ende stand es dennoch 1:1. RWE drückt Olaf Janßen hier aus tabellarischen Gründen die Daumen.

SpVgg Unterhaching: VFL Osnabrück

Ein direktes Kellerduell, die Aktien der Bayern stehen schlechter, ein Sieg muss her für die Truppe von Neucoach Heiko Herrlich. Dessen Gegenüber Marco Antwerpen holte mit den Lila-Weißen 8 Punkte aus 4 Partien und will das Momentum weiter nutzen.

Hannover 96 II: SV Sandhausen

Nach der Klatsche an der Hafenstraße müssen die Leinestädter in die Spur zurückfinden. Gegner SV Sandhausen war hoch ambitioniert gestartet, weist aber aktuell die schwärzeste Serie im deutschen Profifußball auf. Sechs Ligapartien in Folge gingen verloren, und zwischendurch übrigens auch noch alle Vorbereitungsspiele in der Winterpause. Der Kocak-Effekt blieb somit aus. Jetzt ist auch noch Top-Torjäger Dominic Baumann schwerer verletzt und fällt Monate aus. Was andererseits Glück ist für die vielen potenziellen Bewerber um die Dienste Baumanns, zu denen gerüchteweise auch RWE gehört haben solle, dass sie den Transfer nicht realisieren konnten.

Für RWE geht es darum, nach dem offensiven Galaauftritt gegen Hannover 96 II in Bielefeld auch defensiv zu überzeugen. Einmal mehr können sich die Rot-Weissen auf ihre treuen Anhänger verlassen, an die 3000 Essener werden ins Kernland Ostwestfalens reisen. Der RWE-Tross möchte nicht mit leeren Händen zurückkommen.

NUR DER RWE!

Sven Meyering

Spielbericht

RWE nach Almauftrieb über dem Strich! 2:1 Erfolg in Bielefeld

Um 15:26 Uhr erschallte der dreitausendfache kollektive Schrei der Erlösung im Essener Fanblock. Schiedsrichter Harm Osmers hatte zum letzten Mal an diesem Tag in seine Pfeife geblasen und alle, die es mit Rot-Weiss Essen hielten, feierten einen prestigeträchtigen 2:1-Erfolg auf der Bielefelder Alm. Verdient. Weil RWE als Mannschaft zu 1907% funktionierte. 

Das Personal

Vor Gigant Golz im Tor agierte RWE mit einer Dreierkette bestehend aus Michael Schultz im Zentrum sowie Rios Alonso und Tobi Kraulich rechts bzw. links von Schultz versetzt. Julian Eitschberger zündete den Turbo auf der rechten defensiven Außenbahn, auf der Seite gegenüber debütierte Matti Wagner (19) in der Startelf und hinterließ einen erstaunlich abgeklärten Eindruck. Klaus Gjasula und Tom Moustier bildeten eine Doppelsechs, so durfte Torben Müsel offensiver ran, was sich auszahlen sollte. Die Startelf komplettierten Ahmed Arslan, ebenfalls mit allen offensiven Freiheiten ausgestattet, und Domink Martinovic als einziger Spitze.

Uwe Koschinat machte von vier Wechseln Gebrauch. Schon zur Pause substituierte Koschinat den rotgefährdeten Rios Alonso durch Eric Voufack. Martinovic, unter der Woche grippegeschwächt, hielt 70 Minuten durch und sicherte sich in diesen bei beiden Essener Treffern jeweils einen Scorerpunkt. Für Martinovic kam Neuzugang Mizuta ins Spiel. Nach 84 Zeigerumdrehungen wich Ahmed Arslan Nils Kaiser und am Ende der regulären Spielzeit ersetzte Swajkowski Torben Müsel. In der Summe erfüllten alle RWE-Spieler ihre Aufgabe, einige ragten aber auch heraus (siehe Pluspunkte).

Die Pluspunkte

Genau zwei Wochen nach dem schlimmen Auftritt bei Alemannia Aachen zeigte RWE ein ganz anderes, ein starkes Gesicht. Die erste Halbzeit sah extrem abgeklärte Essener, die souverän ihr Spiel aufbauten. Weder Gjasula noch Moustier, der zudem immer wieder starke offensive Vorstöße hatte, waren als Ballübernahmespieler von den Arminen in den Griff zu kriegen. RWE hatte mehr Ballkontrolle, das Chancenplus und die Führung. Torschütze Torben Müsel, dem seine offensive Rolle sichtlich gut tat, hielt im Stile eines Instinktfußballers den Fuß in einen Martinovic-Abschluss. Das 1:0 (20.). Zittern musste RWE um diese Führung bis zum Pausenpfiff kein einziges Mal. Bielefeld kannte nur einen Spielzug. Den Versuch flach oder auch hoch auf Außen hinter die Essener Kette zu kommen. Doch RWE ließ sich weder von Isi Young noch von Joel Grodowski foppen. 

Hälfte 2 hielt Adrenalin pur parat. Bielefeld wurde gefährlicher, vor allem weil man immer wieder versuchte, Unruhe in der Essener Box zu stiften. Fußballerisch war das erstaunlich wenig für ein Team wie Bielefeld, aber es wurde ungemütlich für RWE. Jeder Einwurf wurde prompt ausgeführt und der Ball Richtung RWE-Tor gefeuert. Auch zahlreiche Eckstöße flogen hinein. Es war durchaus beeindruckend, wie RWE das Dauerfeuer verteidigte und sich mit allen Mann dagegen stemmte. Einer am Ende besonders. Jakob Golz war einfach nicht zu bezwingen. Mit einer Ausnahme. Allerdings war das 1:2 durch Sarenren Bazee nicht regulär und ein Abseitstreffer (siehe Aufreger).

Letztlich wurde das Spiel auch zwischen den Pfosten entschieden. Während Jakob Golz sich nach einer Reihe überragender Paraden am Ende vom Essener Auswärtsblock feiern lassen konnte, stand Gegenüber Jonas Kersken bedröppelt vor der Arminen-Kurve. Im Vorbericht hatten wir angedeutet, dass Kerskens Spiel durchaus fehlerintensiv ist. Nach genau einer Stunde standen beide Schlussleute voll im Blickpunkt. Jakob Golz kratzte einen Kopfball von Funkturm Uldrikis aus dem unteren Eck, nach einem Befreiungsschlag der Essener spielte Kersken auf der Gegenseite einen schlampigem Ball auf Oppie, Arslan spritzte dazwischen, spielte Doppelpass mit Martinovic und versetzte den Auswärtsblock kurz danach in völlige Ekstase. 2:0 für RWE (60.).

Gefühlt ganz Essen jubelte danach vor den Fans, inklusive Jakob Golz, der das ganze Feld überquert hatte. Endlich war Rot-Weiss Essen eine Mannschaft! In Hälfte eins war man souverän, in Hälfte 2 war man leidenschaftlich und hingebungsvoll. Schade, dass der starke Tom Moustier seine Leistung nicht mit dem Tor zum 3:1 krönte, als er nach guter Voufack-Flanke einen Seitfallzieher über das Tor der Gastgeber setzte (88.). Kurz danach vereitelte Golz die letzte Chance der Bielefelder. RWE hatte Big Points errungen.

Die Knackpunkte

Es gibt wahrlich wenig zu kritisieren bei diesem starken Auswärtsauftritt. In Hälfte 2 hätte man sich schon gewünscht, Essen hätte die Anzahl der in die Box fliegenden Bälle etwas reduziert, indem man schnelle kurze Einwürfe und ebenso kurze Ecken besser unterbunden hätte. Auch hätte man in den Minuten nach dem 2:0 gegen sichtlich angeknockte Arminen den Sack schon zumachen können, ehe es noch einmal gefährlich wurde. In der letzten Minute der Nachspielzeit vertändelte Nils Kaiser das 3:1 und erlaubte Bielefeld unnötig noch einen letzten Gegenstoß.

Die Aufreger

Schiedsrichter Harm Osmers hatte eine wohltuend zurückhaltende Spielführung und unterband den Spielfluss selten durch Pfiffe. Beide Teams dankten es dem Schiri mit einem intensiven, aber überaus fairem Spiel. Bielefelds Hoffnungsfunken durch das 1:2 hätte Osmers allerdings austreten müssen, denn der Treffer war Abseits.

Fazit und über den Tellerrand geschaut: Die Lage in der Dritten Liga

RWE steht über dem Strich. Nach dem knappen aber in der Summe verdientem Sieg konnte der Betrachter den Eindruck gewinnen, dass diese RWE-Mannschaft mit dem Abstieg dann doch nichts zu tun haben wird. Der Schein jedoch trügt. Die Liga bleibt eng. Osnabrück gewann das Kellerduell in Haching, das nun Letzter ist und nächste Woche nach Essen kommt.

1860 stoppte die Erfolgsserie von Viktoria Köln und ließ sich leider nicht weiter in den Abstiegssumpf ziehen. 2:1 hieß es am Ende für München. Stuttgart II unterlag 0:2 in Wiesbaden und Sandhausen vergeigte eine 2:0-Führung in Überzahl bei Hannover 96 II. 2:2 stand es dort am Ende.

Auch Waldhof Mannheim und der SC Verl trennten sich 2:2. RWE ist auch nach dem erfolgreichen Almauftrieb in Bielefeld noch mitten drin statt nur dabei im Abstiegskampf. Aber die Leistung in der Schüco-Arena macht Mut. Respekt an Uwe Koschinat und sein Team, RWE überzeugte auf fast ganzer Linie. Absteigen? Arschlecken!

NUR DER RWE!

Sven Meyering