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2022/2023 – 3. Liga

SC Verl – Rot-Weiss Essen (1:1)

Ein Spiel dauert so lange, bis der Schiedsrichter abpfeift. Nach Führung durch Felix Bastians kassierten die Roten in der Nachspielzeit noch den Ausgleich zum 1:1. Unsere Galerie ist online, der Rest folgt.

Vorbericht

Die Serie gegen Verl brechen und die Serie in der Liga ausbauen

Es ist eine Kuriosität, dass Rot-Weiss Essen am Samstag in Paderborn gastieren wird. Es geht nicht etwa zum ersten Mal seit 2007 gegen den SC Paderborn, sondern gegen den ewigen Rivalen aus Verl. Als die Verler aufstiegen galt noch die mittlerweile einkassierte Stadionvorgabe, die ein Mindestfassungsvermögen von 10.000 Zuschauern in der 3. Liga vorschrieb. Damit war ein Umzug unumgänglich. Seit die Anforderungen gesenkt wurden und nur noch 5.001 Plätze benötigt werden, wird die Heimspielstätte an der Poststraße umfassend modernisiert und der SC Verl weicht bis zur Fertigstellung des Umbaus ins Paderborner Stadion aus.

So kommen die RWE-Fans zum ersten Mal in den Genuss, die eigene Mannschaft in der Benteler-Arena zu erleben. Ziel dort soll eine Rückkehr in die Erfolgsspur sein. Denn trotz einer beachtlichen Serie von acht Spielen, die nicht verloren wurden, gab es zuletzt drei Unentschieden in Folge, sodass alle Rot-Weissen sich einen erfolgreichen Abschluss der Hinrunde wünschen.

Clemens Fandrich wird mit großer Wahrscheinlichkeit wieder beginnen.

Das Personal

Die größte Hiobsbotschaft erreichte RWE mit dem Ausfall des Mittelfeldstrategen Felix Götze. Hofften die Verantwortlichen Anfang der Woche noch, dass Götze gegen Verl wieder eingesetzt werden könnte, so wird ein Muskelfaserriss dafür sorgen, dass Essens 24 auch nicht mit nach Elversberg fahren wird. Da auch Thomas Eisfeld und Cedric Harenbrock Rekonvaleszenten sind, die langsam herangeführt werden sollen, spricht Viel dafür, dass das Mittelfeldzentrum wie schon gegen Halle aus Niklas Tarnat, Björn Rother und Clemens Fandrich bestehen wird.

Darüber hinaus machte Jörn Nowak im Gespräch mit der WAZ nicht viel Hoffnung auf einen Einsatz von Andreas Wiegel, der sich im Spiel gegen Halle eine Gehirnerschütterung zugezogen hat. Gerade im Hinblick der medizinischen Erkenntnisse der letzten Jahre, ist Vorsicht hier unbedingt angebracht, auch wenn Wiegel ebenfalls dringend gebraucht wird. Hier ist das Fragezeichen schwieriger zu beantworten, ob Meiko Sponsel den Startelfeinsatz bekommt oder erneut Mustafa Kourouma das Vertrauen bekommt.

Darüber hinaus drängen nun auch Isaiah Young und Daniel Heber in den Kader zurück. Der Kapitän der Hafenstraße sollte wieder mit José-Enrique Rios Alonso das Zentrum der Viererkette bilden. Isaiah Young könnte für Aurel Loubongo beginnen, der in der ersten Halbzeit der vergangenen Woche sich nicht nachhaltig für einen weiteren Einsatz von Beginn an empfehlen konnte. Egal ob Isi spielt oder nicht, sollte jeder das angehende Jahrhunderttor der Hafenstraße zum Tor des Jahres wählen, denn Young hat die Auszeichnung verdient.

Insgesamt sollte Essens Kader trotz des Ausfalls von Felix Götze noch variabler werden. Trainer Christoph Dabrowski wird Härtefallentscheidungen treffen müssen, denn Ron Berlinski kämpft um das Spiel gegen seinen Ex-Arbeitgeber mit Simon Engelmann, dessen Abschlussqualitäten dringend gebraucht werden, da RWE in den letzten drei Spielen lediglich ein mageres Törchen erzielen konnte. Mit Oguzhan Kefkir, Cedric Harenbrock und Thomas Eisfeld sind viele offensive Kräfte einsatzbereit, die RWE weiterhelfen könnten, sodass Essen mit einer starken Mannschaft nach Paderborn fahren wird.

Ob Isi spielen wird, ist noch nicht klar.

Der Gegner: SC Verl (Tabellenplatz 12/ 23 Punkte/ 6 Siege/ 5 Remis/ 7 Niederlagen/ 24:26 Tore/ Differenz – 2)

Der Tabellenzwölfte SC Verl empfängt den Dreizehnten Rot-Weiss Essen. Beide Teams haben 23 Punkte geholt und 24 Treffer erzielt, die Verler einen weniger (26) als die Essener (27) kassiert. Mehr Tabellennachbarschaft geht nicht. Vor Saisonbeginn wurden die personell massiv umstrukturierten Ostwestfalen als Abstiegskandidat gehandelt. Doch ebenso wie unsere Rot-Weissen spielen sie eine stabile Saison und haben 6 Zähler Vorsprung auf den ersten Abstiegsrang. Somit steht ein sehr wichtiges Duell an, denn der Sieger wird ein deutliches Zeichen in Richtung gesichertes Mittelfeld setzen.

Der Sportclub aus Verl zählt zu den Klubs, mit denen RWE auch in den letzten Jahren sportlichen Kontakt hatte, spielte der SCV doch bis vor zwei Jahren gemeinsam mit Rot-Weiss in der Regionalliga West, bis der Verein aus dem Kreis Gütersloh am Ende der durch Corona frühzeitig abgebrochenen Spielzeit 2019/20 auf Platz 2 in der Tabelle gestanden hatte und dann die Aufstiegsspiele gegen Lok Leipzig positiv gestalten konnte.

Die Regularien waren wegen des Saisonabbruchs unklar. Tabellenführer Rödinghausen hatte auf den Aufstieg verzichtet, Verl rückte als Zweitplatzierter in die Relegation nach. RWE-Boss Marcus Uhlig wollte noch eine sportliche Lösung ins Spiel bringen und ein Dreierturnier zwischen den Verlern sowie den Rot-Weiss(ß)en aus Essen und Oberhausen, die Dritter bzw. Vierter gewesen waren, durchführen lassen. Mit diesem Antrag scheiterte RWE und die Atmosphäre zwischen dem Revierklub und der Dorfschönheit aus OWL war leicht angefressen.

Felix Bastians kann wieder mit Vollgas die linke Seite beackern.

Nun kommt es zur ersten Ligabegegnung zwischen beiden Vereinen seit 3,5 Jahren. Im September 2019 bekam RWE von den Verlern an der heimischen Hafenstraße mit 1:4 kräftig den Hintern versohlt. Überhaupt liegt der letzte  Essener Sieg gegen die Ostwestfalen schon 6,5 Jahre zurück, mit 2:0 siegte Rot-Weiss in Essen, in Verl hat man sogar seit 10 Jahren nicht mehr gewonnen, Siegtorschütze beim 1:0 Erfolg war noch ein gewisser Marcel Platzek. 

Am kommenden Samstag wird das Unterfangen Auswärtssieg für RWE mit Sicherheit kein leichtes Unterfangen. In ihrer dritten Drittligasaison zeigen sich die Verler, die im Vorjahr nur knapp dem Abstieg entronnen waren, vor allem Zuhause als eine Bank und konnten dort in 9 Partien 16 Zähler verbuchen. Nur einmal, gegen 1860 München, gab es dabei eine Niederlage. Die Mannschaft von Trainer Michel Kniat, 37 Jahre alt, ist vor allem aufgrund der starken Kaderfluktuation bislang eine positive Überraschung. Von den Verler Aufstiegshelden ist nur noch Daniel Mikic dabei. Der ist allerdings auch Stammspieler und ist in der Abwehr vor Torhüter Niclas Thiede (23), ebenso wie Essens Jakob Golz ein sehr verheißungsvoller noch relativ junger Keeper, gesetzt. Torge Paetow, ein weiterer Verler Kettenspieler, zählt zu den im Schnitt am besten bewerteten Kickern des Tabellenzwölften.

Weitere Säulen der Verler sind Mannschaftskapitän Mael Corboz, der mit einer französischen und US-amerikanischen Staatsbürgerschaft weltmännischen Flair nach Ostwestfalen bringt, und Mittelfeldhüne Vinko Sapina. Der Kroate misst stolze 1,94 Meter und überragt somit jeden RWE-Spieler deutlich. Bei Standards sei vor ihm gewarnt. Doch nicht nur wegen seiner Körpergröße zeigt Sapina eine enorme Präsenz im Mittelfeld, in dem der bereits genannte Corboz für die feinere Klinge zuständig ist.

Im Angriff hat Verl keinen überragenden Goalgetter, aber diverse Spieler mit Torriecher zu bieten, genannt seien Cyrill Akono, nochmals Mael Corboz, Joel Grodowski oder Maximilian Wolfram. Zumindest Cyrill Akono wird Essens Verteidigung nicht fordern, da dieser für 150.000€ Ablösesumme zur II. Mannschaft des BVB transferiert wurde.

Grundsätzlich entdeckt man beim SC Verl eine gehörige Portion Spielkultur, dass es weniger körperlich zugeht als bei diversen anderen Teams in dieser Liga, ist für RWE womöglich eher ein Vorteil. Zum einen sind die seit nunmehr 8 Ligaspielen unbesiegten Rot-Weissen auswärts bereits dreimal siegreich gewesen und zum anderen kam RWE in Partien, in denen der Gegner eher Fußball spielt als arbeitet, unter dem Strich besser klar.

Ron Berlinski ist gegen den Ex-Arbeitgeber besonders motiviert.

Fazit und über den Tellerrand geschaut: Die Lage in der Dritten Liga

Aufgrund der Tabellenkonstellation passt erneut die Phrase des 6-Punktespiels, wenn Verl und Essen am Samstag in Paderborn die Klingen kreuzen. Weit mehr als 2.000 Tickets waren für den rot-weissen Gästeblock bis Mitte der Woche abgesetzt worden, womöglich knackt der Essener Away-Mob am Spieltag die 3000er Marke. In jedem Fall wird es für die gastgebenden Verler eine Rekordkulisse geben. Was sich der kulturbeflissene Essener bei seinem Trip nach Ostwestfalen nicht entgehen lassen sollte verrät unser Ligaguide.

Am letzten Spieltag galt das Motto „Totgesagte leben länger“ und diverse Tabellenkinder holten sich wichtige Siege, Essens Abstand auf die Gefahrenzone liegt aber nach wie vor bei 6 Zählern. Aus rot-weisser Sicht besonders interessant sind die Duelle von Erzgebirge Aue (Tabellenplatz 17) gegen die SpVgg Bayreuth (19.), hier könnte sich die Konkurrenz gegenseitig die Punkte nehmen, des FSV Zwickau (18.) bei 60 München, des BVB II (15.) gegen den VFL Osnabrück sowie Oldenburg (14.) gegen Dynamo Dresden und des Halleschen FC (16.) gegen Wehen Wiesbaden. Die Liga präsentiert sich kompakt und ausgeglichen und nicht nur die Spiele unserer Essener sind meistens sehr eng und werden von der Tagesform entschieden. Die rot-weisse Tagesform wird am Samstag hoffentlich gut sein. Eine wichtige Partie steht an. Packen wir es an!

Spielbericht

Big Point vergeben – RWE verspielt Auswärtssieg in Schlussminute

Wer zehn Minuten vor Spielschluss in Führung geht, darf mit einem Punkt nicht zufrieden sein. Der kassierte Ausgleich in letzter Sekunde gegen einen direkten Konkurrenten liegt schwer im Magen. Das Spiel über 90 Minuten betrachtet, lässt aber nicht viel Spielraum, um sich über eine Punkteteilung zu beschweren.

Das Personal

Im Vergleich zum Heimspiel gegen Halle, veränderte Cheftrainer Christoph Dabrowski seine Startelf auf drei Positionen: Für den nach einer Gehirnerschütterung angeschlagenen Wiegel rückte Sponsel auf die rechte Seite. Eisfeld kam für Fandrich auf die Zehn und Young ersetzte Loubongo, der bei seinem Startelfdebüt letzte Woche keine Akzente setzen konnte.

Weiterhin verzichten muss RWE auf Spielmacher Götze, der auch in der Paderborner Ausweichstätte der Verler an allen Ecken und Enden fehlte. Es darf gehofft werden, dass der Muskelfaserriss des Spielmachers pünktlich zum Derby gegen den MSV auskuriert ist.

Im laufenden Spiel reagierte Dabrowski relativ spät, obwohl die erste Halbzeit bereits sehr behäbig war und RWE nicht den nötigen Zugriff bekam. Das änderte sich erst mit der Einwechslung von Simon Engelmann in der 68. Minute für Eisfeld. Holzweiler und Kefkir durften zehn Minuten später Ennali und Young auf den Außenbahnen ersetzen.

Zwei Minuten vor Ablauf der Spielzeit durften Heber und Wiegel noch aufs Spielfeld, die sich ihren Kurzeinsatz aber sicherlich auch anders vorgestellt haben dürften.  

Die Pluspunkte

Simon Engelmann, dessen Zukunft aktuell viel diskutiert wird, hat sich aus der Verletzungspause zurückgemeldet. Während der Vollblutstürmer gegen Halle noch etwas in der Luft hing, konnte Engelmann gegen den SC Verl das Spiel ein Stück weit an sich reißen. Ganz ohne Torabschlüsse, sondern viel mehr wurden endlich über den Regler ein paar Bälle festgemacht und gefährlich in die Spitze gegeben. Highlight der blitzschnelle Doppelpass auf Young, der dann aber bereits zum zweiten Mal die nötige Vollstreckermentalität vermissen ließ.

Weitere Pluspunkte auszumachen, fällt aufgrund des schwachen Spiels schwer. Unabhängig von der Partie sei zumindest positiv erwähnt, dass Dabrowski fast wieder aus dem Vollen schöpfen kann. Young und Heber sind wieder einsatzfähig, Eisfeld stand erstmals seit August 2022 in der Startelf und allem voran Kevin Holzweiler scheint wieder eine gute Option zu sein, wenn ein ballsicherer Spieler ein festgefahrenes Spiel beleben soll.

Die Knackpunkte

Rot-Weiss Essen tut sich gegen direkte Konkurrenten um den Klassenverbleib extrem schwer. Gegen die Kellerkinder auf den Plätzen 16 bis 20 konnte in der gesamten Hinrunde kein Sieg eingefahren werden.

Während die Dabrowski-Elf gegen den Halleschen FC in der Vorwoche immerhin noch spielbestimmend war, hatte man gegen Verl in allen Belangen das Nachsehen. Fast. Denn die Großchancen erspielte sich RWE. Ennali und Young vergaben jeweils eine hundertprozentige Chance. In einer kurzen Druckphase in der 2. Halbzeit wusste Ennali nicht so recht, ob Torschuss oder Querpass auf Berlinski. Der machte es kurze Zeit später besser, als sich der abermals aufopfernde Berlinski über Außen durchsetzte und eigentlich butterweich auf Young in die Mitte hereingab, der den Ball allerdings nicht richtig kontrollieren konnte.

Verl war über weite Strecken harmlos, hatte aber von Anfang mehr Spielanteile und war bei zweiten Bällen immer schneller. Nicht nur einen Schritt. Viel zu oft konnten die Ostwestfalen die hohen Bälle in aller Ruhe runternehmen und hatten in der Vorwärtsbewegung viel zu viel Platz. Auf den Rängen war daher permanent das Gefühl vorherrschend, dass es jeden Moment brennen könnte.

Die Aufreger

Aufregung herrschte auf Verler Seite, als Felix Bastians zehn Minuten vor Feierabend im Strafraum zu Fall ging und Schiedsrichter Jablonski auf den Punkt zeigte. Je nach Blickwinkel, eine schwer zu beurteilende Situation. Aus der Hintertorperspektive sah es so aus, als sei der Verler Batista-Meier vor Bastians am Ball gewesen. Aus einer anderen Perspektive sah es nach einem leichten Kontakt aus, der im Tempo schnell zum Fall führt.

Festhalten lässt sich, dass der routinierte Bastians die Situation schnell erkannt und diese dann natürlich dankend angenommen hat. Das ließ er auch bei Magenta überaus sympathisch durchklingen, wo er noch anfügte, dass es in seinem Alter schwerfällt, sich da auf den Beinen zu halten.

Der Elfmeter, zu dem der Gefoulte selbst antrat, war dann ein Sinnbild für das gesamte RWE-Spiel. Ziemlich lasch und unplatziert, irgendwie hatte es aber trotzdem gereicht. Wenn auch am Ende nur für einen Punkt.  

Fazit und über den Tellerrand geschaut – Die Lage in der Liga

RWE ist nun seit neun Spielen ungeschlagen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass RWE nun seit vier Spielen auf einen Sieg wartet und es kommende Woche zum Tabellenführer geht. Es würde niemanden wundern, wenn RWE gerade dort wieder spielerisch in Tritt kommt. Davon ausgehen darf man aber nicht!

Dass die Lage weiterhin so entspannt ist, liegt unter anderem auch daran, dass die Konkurrenz unterhalb der roten Linie ihre Spiele kontinuierlich vergeigt. Es wäre wünschenswert, den vorhandenen Puffer schnellstmöglich auszubauen, um die geschundenen Fanseelen im ersten Drittligajahr nicht zu strapazieren und frühzeitig für das zweite Drittligajahr planen zu können.

NUR DER RWE!

Fotos

Nur der RWE!

Sven Meyering & Hendrik Stürznickel