Kategorien
Ich sach ma

Wir sind stolz auf uns als Fans, Rot-Weiss Essen!

Schlechte Ergebnisse, schlechte Stimmung im Stadion? Arschlecken, die RWE-Fans zeigen aktuell Fingerspitzengefühl und unterstützen weiter lautstark ihre Mannschaft in den Stadien. Das war auch mal anders. Unser Kommentar dazu.

Fußball-Drittligist Rot-Weiss Essen hat den Start in die neue Liga verpatzt. Mehr oder weniger gründlich. Nur 2 Punkte aus 5 Partien und ein Torverhältnis von 6:14 sind alles andere als das, was sich Verein und Fans vom Saisonstart erhofft hatten. Kein Wunder, dass in sozialen Medien bereits wieder die Messer gewetzt werden.

Dort jedoch, wo es letztlich zählt, im Stadion, präsentiert sich die rot-weisse Fangemeinde in herausragend positiver Art und Weise. Von Beginn an stehen die RWE-Fans derzeit 90 Minuten + X hinter ihrer Mannschaft, sei es im heimischen Stadion an der Hafenstraße oder in den auswärtigen Kurven der Republik. Keine Pfiffe gegen die eigene Mannschaft, kein vielstimmiges Poltern gegen einzelne Spieler, sondern nur feierlaunige Eintracht wird auf den Rängen zum Besten gegeben. Dazu brauchen die RWE-Fans auch anders als in anderen Stadien und Kurven keine  proleteske Ballermann-Mucke des ortsansässigen DJ, der natürlich an der Wedau den Empfängerhorizont damit voll trifft.

Der Gesang „Wir halten zusammen, RWE, RWE!“ ist aktuell keine Floskel, sondern wird im Stadion gelebt. Da reibt sich so mancher Betrachter, und sogar auch einer selbst verwundert die Augen, denn allzu häufig hat man dieses Fehler verzeihen und die Mannschaft trotz schlechter Ergebnisse feiern und unterstützen zu können, in den zurückliegenden Jahren und gar Jahrzehnten nicht erlebt in Essen Bergeborbeck.

Zwar fragte der damalige RWE-Trainer Jürgen Gelsdorf nach einem glücklichen und errumpelten Zweitliga-Sieg gegen Ahlen im Winter 2004 einmal, wo man noch einen derartigen Scheiß spielen könne und von den Fans so gefeiert werde wie an der Hafenstraße, jedoch war das eher eine Momentaufnahme. Jedenfalls zog der heutige Hertha-Trainer und damalige Rot-Weiss-Spieler Sandro Schwarz noch in derselben Spielzeit die Bilanz, nach Misserfolgen noch niemals und nirgendwo so fertig gemacht worden zu sein wie in Essen. Das Umfeld ist gefürchtet. Von Himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt ist im Essener Norden eine mentale Kurzstrecke. Dieser explosive Cocktail war auch nicht immer förderlich, um sportliche Krisen zu überwinden und verschärfte diese im Gegenteil viel eher.

Aktuell darf man aber sagen, dass wir RWE-Fans aus der Vergangenheit gelernt haben. Der Saisonauftakt gegen Elversberg (1:5) wurde noch mit erstauntem Entsetzen auf- und als Betriebsunfall wahrgenommen, als es in Duisburg 60 Minuten lang schlecht lief, zeigte die RWE-Kurve jedoch bereits Charakter und blieb positiv, belohnt wurde das mit der starken Aufholjagd, die einen Punkt im Derby sicherte. Spätestens nach dem 1:4 gegen Viktoria Köln wäre jedoch der Kredit der Fans in der Vergangenheit wahrscheinlich schon aufgebraucht gewesen, jedoch war die Mannschaft vermutlich selber überrascht, dass das Stadion an der Hafenstraße sie feierte, statt sie zu verdammen. Dieses Positivbleiben der Ränge hat der RWE-Elf in den letzten beiden Partien neben der notwendig gewordenen Systemumstellung sehr viel Stabilität und Selbstvertrauen gegeben. In Dortmund zeigte man sich verbessert und verlor unnötig, gegen Ingolstadt überragte Rot-Weiss gut 80 Minuten lang und versetzte das Stadion an der Hafenstraße, das frenetisch jeden Zweikampfgewinn seiner Mannschaft abfeierte, zwischenzeitlich in Ekstase. Im Übrigen ist das auch Werbung für unseren Verein, denn die bundesweiten Liveübertragungen sind eine tolle Bühne und anderswo in der Fußballrepublik ist man irritiert und an so manchen Orten bedauert es man sogar, dass Rot-Weiss Essen in der sportlichen Krise nicht das tut, was eigentlich gewohnheitsmäßig passierte, und sich gegenseitig destruktiv zerfleischt.

Man darf diese Stimmung nicht mit Naivität verwechseln, alle Fans wissen, dass die Saison hart begonnen hat und hart bleiben wird und die Mannschaft weiter an sich arbeiten und auch endlich mal einen Dreier ziehen muss. Man darf die Stimmung ebenso nicht mit Zufriedenheit verwechseln. Die im Stadion eher leise geäußerte Kritik ist zum Teil harsch und meistens auch nicht unberechtigt. Das Gros der Anhänger hat jedoch realisiert, dass es in dieser Spielzeit nur um den Klassenerhalt gehen kann und die Chancen darauf eher steigen, wenn die Mannschaft realisiert, dass sie auch Fehler machen darf, ohne am nächstbesten Baum aufgeknüpft zu werden.

Unser Verein kämpft sich langsam aber sicher hinein in diese Liga, wir Anhänger sind aber vom ersten Tag an voll angekommen. Daher dürfen wir sagen, wir sind stolz auf uns als Fans, Rot-Weiss Essen!

NUR DER RWE!

Sven Meyering