Kategorien
2020/2021 - Regionalliga West

Rot-Weiss Essen – Sportfreunde Lotte (5:2)

Das war ein Tag für das Rot-Weisse Herz: endlich wieder ein paar Zuschauer an der Hafenstraße, der bittersüße Abschied von Platzo, tolle Tore und vor dem Spiel die Hammernachricht von der Verlängerung von Daniel Heber. Das alles und noch viel mehr lest ihr in unserem Spielbericht. Die Fotos sind auch online.

Spielbericht

5:2 gegen Lotte: Schützenfest auf dem Rasen und Gänsehaut auf den Rängen!

Nur drei Tage nach der bitteren Niederlage in Köln ging es für RWE in der Liga schon wieder weiter: Aufgrund der Teilnahme der Sportfreunde Lotte am Westfalenpokalfinale wurde das letzte Heimspiel der Saison auf den Mittwochabend vorgezogen. Mehr als ein halbes Jahr nach dem bislang einzigen Heimspiel vor Zuschauern unter Corona-Bedingungen kehrten auch 500 vom Zufallsgenerator auserwählte sowie ein paar Hundert vollständig geimpfte bzw. genesene Dauerkarteninhaber zurück auf die Tribünen und durften sich schon vor Anpfiff über den ersten Volltreffer freuen: Daniel Heber bleibt Rot-Weiss Essen trotz höherklassiger Angebote bis 2025 treu!

Und auch nach dem Anpfiff dauerte es nicht lange bis zum ersten Jubelschrei: Dennis Grote erzielte mit einem traumhaften Distanzschuss seinen zehnten Saisontreffer. Eine furios aufspielende Heimelf erarbeitete sich Chancen im Minutentakt und konnte nach einer Viertelstunde durch Marco Kehl-Gomez in Folge eines Einwurfs das zweite Tor nachlegen. Es folgten viele weitere Chancen auf den dritten Treffer – die dickste davon hatte Simon Engelmann, der nach einer halben Stunde aus kurzer Distanz den Ball nicht richtig traf und zunächst vom Abschlussglück verlassen schien. Nach 37 Minuten macht es Cedric Harenbrock dann nach einem tollen Solo von Isaiah Young besser und vollendete mit links zum 3:0.

Mitten in das sich andeutende Schützenfest fiel dann aus dem Nichts der Lotter Ansschlusstreffer durch Emir Terzi, der den ansonsten stark aufspielenden Sandro Plechaty am Strafraumeck verladen und ins lange Eck zum 1:3 abschließen konnte. Eben jener Plechaty erhielt die Kugel wenige Minuten nach Anpfiff der zweiten Halbzeit 20 Meter vor dem Tor und konnte mit einem sehenswerten Distanzschuss den alten Abstand wiederherstellen. Beide Teams erklärten das Spiel kurzerhand zum Tag der offenen Tür, denn unmittelbar nach Wiederanpfiff verkürzte Lotte durch einen Flachschuss ins lange Eck auf 2:4, musste jedoch wiederum nur eine Minute später nach einem eleganten Lupfer Simon Engelmanns den Ball schon wieder aus dem eigenen Netz holen – der Essener Torjäger vom Dienst hatte seine Ladehemmung überwunden und nach nicht einmal einer Stunde stand auf der Anzeigetafel bereits ein 5:2 für RWE.

Dass es auch nach 90 Minuten bei diesem Ergebnis blieb, hatten die Sportfreunde Lotte vor allem der schlechten Chancenverwertung der Rot-Weissen zu verdanken, die auch im letzten Heimspiel der Saison ungeschlagen blieben und die Spielzeit mit der unglaublichen Heimbilanz von 18 Siegen und 2 Unentschieden bei 62:13 Toren abschließen. Durch das Unentschieden der BVB-Reserve in Rödinghausen übernimmt RWE bei 2 mehr ausgetragenen Spielen zumindest vorübergehend auch wieder die Tabellenführung und das jawattdenn.de-Team wird dem SVR das nächste Zwiebelfest mit 150 Litern Stauder versüßen.

Ob es am Ende auch in Essen zur großen Party reicht, muss angesichts der noch drei auszutragenden Spiele der Schwarzgelben bezweifelt werden, doch darf die absurde Saison der stark gepimpten Dortmunder nicht in die Bewertung der eigenen Spielzeit einfließen. Eine Saison mit nur einer Niederlage aus bis dato 37 Spielen ist unter normalen Umständen ein Ding der Unmöglichkeit, die beiden Top-Spieler der Regionalliga-Reserve des BVB Tigges und Knauff standen allerdings vor einem Monat noch im Viertelfinale der Champions League gegen Manchester City auf dem Rasen und machen einen qualitativen Unterschied aus, den außer den Zweitvertretungen auch kein Regionalligist aufbieten kann. Kein Spieler dieser Qualität wechselt in die Regionalliga, außer er hat die Perspektive, bei der ersten Mannschaft Bundesliga und Champions League spielen zu können – um nebenbei dann Straelen oder Homberg abzuschießen.

Dieser Frust darf nicht auf eine rot-weisse Mannschaft abgeladen werden, die in einer absoluten Mammutsaison – inklusive dreier Pokalsensationen und bislang sage und schreibe 48 (!) Pflichtspielen – ganze vier Punktspiele verloren und in der Liga mit 87 Punkten in 39 Spielen einen Schnitt von 2,23 Punkten pro Spiel eingefahren hat, der vor 2020 immer zum Aufstieg gereicht hätte. Diese Ansicht teilen offenbar die Fans im Stadion, die trotz der geringen Zahl mit ihren Gesängen für Gänsehaut bei allen Anwesenden sorgten und die Mannschaft gebührend feierten.

In den Kommentarspalten von Reviersport formierte sich nach dem Köln-Spiel allerdings ein kleiner, aber lautstarker Mob, der in der Anonymität aus seinen Löchern kroch, um Trainer und Mannschaft des Versagens zu bezichtigen. Die absolut unverschämte und geradezu absurde Art und Weise kann, darf und soll hier nicht unkommentiert bleiben, denn erstens lässt sich weder in der jawattdenn.de-Redaktion noch unter den vielen uns bekannten RWE-Fans auch nur eine Person finden, die den dort geäußerten Schwachsinn mittragen oder für die legitime Äußerung eines RWE-Fans halten würde und zweitens lesen in dieser Kommentarspalte unter Umständen auch Spieler oder Vereinsvertreter mit, die sich beim Anblick der dortigen Ergüsse fragen müssen, ob sie das letzte Jahr in einem Paralleluniversum verbracht haben. Es bleibt ganz klar festzuhalten: Sofern es sich nicht um Trolle anderer Vereine handelt, die sich hier einen Spaß erlauben, steht die Handvoll Kommentatoren dort für eine Meinung, die jeder vernünftige RWE-Fan ablehnt!

Schon mit dem Vorwurf „Wenn es drauf ankommt, versagt die Mannschaft…“ fängt es an – es kommt seit Wochen „drauf an“ und wochenlang hat diese Mannschaft abgeliefert! Der Wuppertaler SV empfing uns mit der Empfehlung von 8 Siegen aus 9 Heimspielen nach der Winterpause und wurde geschlagen, RWO rief das Spiel des Jahres aus und war mit 1:4 am Ende noch gut bedient, gegen Alemannia Aachen konnte RWE den sechsten Liga-Sieg in Folge einfahren – auch das waren bereits Spiele mit unfassbarem Druck, da jede Niederlage den möglichen KO-Schlag bedeuten konnte. Wenn nun also mantraartig der Verweis auf das Ahlen-Spiel, den späten Ausgleich im Ligaspiel in Oberhausen oder die Niederlage in Köln erfolgen, um das vermeintliche eigene Versagen hervorzuheben, heißt das im Umkehrschluss: Die Siege über Wuppertal (2x), Aachen, Lippstadt (2x), Straelen (2x), Bergisch Gladbach (2x), Schlacke II, Mönchengladbach II (2x), Fortuna Köln, Bonn (2x), Wegberg-Beeck, Lotte (2x), Köln II, Homberg (2x), Rödinghausen, Oberhausen, Münster, Düsseldorf II und Ahlen seien Selbstverständlichkeiten und alles andere als eine makellose Saison angesichts eines sehr guten Regionalligakaders das totale Versagen. Selbst die hochgezüchteten Top-Teams Viktoria Köln und KFC Uerdingen konnten unseren Punkteschnitt beim Aufstieg nicht übertreffen, lediglich Rödinghausen und Verl schafften es im Vorjahr, noch konstanter punkten – allerdings in einer Saison, die nicht zu Ende gespielt wurde und aufgrund der deutlich geringeren Anzahl an Spielen keinen Vergleich zur Mammut-Saison 2020/2021 bietet.

Wer also seinen Frust loswerden will, kann gerne beim DFB anfangen, der dem Nadelöhr Regionalliga-Aufstieg noch die Hürde der aufstiegsberechtigten Zweitvertretungen hinzufügt, die aufgrund der Schwankungen in den Jahrgängen munter auf- und absteigen (für den BVB II wäre es der dritte Aufstieg seit Einführung der viertklassigen Regionalliga 2008!).

Man könnte sich auch über die eigenartigen Zufälle des Lebens ärgern, wie z.B. dass Rot-Weiss Essen trotz der Corona-Ausfälle der beiden Stammkräfte Kefkir und Conde zu seinem Spiel bei Fortuna Düsseldorf II angetreten war (und mit 3:0 verlor), während die Zweitvertretung des BVB bei zwei Corona-Fällen exakt so viele Kontaktfälle in der Mannschaft ausmachte, dass die folgenden Spiele leider abgesagt werden mussten und erst jetzt nachgeholt werden können, wo ihre Stars Tigges und Knauff vom Saisonschlussspurt der ersten Mannschaft zurückgekehrt sind.

Vielleicht ist es diese Abgezocktheit der Herren Preuß und Maaßen, die sich trotz des massiven Wettbewerbsvorteils für keine Trickserei zu fein sind, die RWE am Ende zum ganz großen Wurf in diesem Jahr fehlt. Doch wäre RWE mit diesen beiden ein Verein, mit dem wir uns noch identifizieren könnten? Wohl eher nicht. Leider gilt das auch für die erwähnten Kommentarspalten, die sich so lesen, wie sich die Trainerbank des BVB II anhört. Dieser sehr kleinen (aber virtuell lauten) Minderheit stellen wir uns entschieden entgegen!

Dominik Gsell

Fotos by M.E.