20.03.2010

Rot-Weiss Essen - VFR Wormatia Worms


Ein Schlag ins Gesicht

Eine bittere Erkenntnis bleibt nach einem Fußballabend, der eigentlich keiner war: Bei RWE wird man es wohl nie lernen. Auch wenn dieses Wochenende im Zeichen der Demonstrationen für ein neues Stadion an der Hafenstrasse stehen soll, sind sportliche Argumente alleine vom symbolischen Gehalt wichtiger denn je. Diese Chance wurde wieder einmal vertan. Es erinnerte fast an das Jubiläumsspiel zum hundertjährigen Geburtstag gegen den FC Augsburg, wo die rot-weiße Mannschaft nach einem erbärmlichen Spiel den Fans nur ein 0:0 zum Geschenk machen konnte. Damals war der Rahmen trotz sportlich eher mäßigen Aussichten gesteckt. Dies war an diesem Freitagabend kaum anders.

Geschlossen trat die Mannschaft vor dem Aufwärmen vor ihr Publikum, um mit extra bedruckten T-Shirts auf die Aktion für ein neues Stadion hinzuweisen. Auf der Haupttribüne saßen Zuschauer mit Bauhelmen, um auf die Baufälligkeit des Stadions hinzuweisen. Nachdem das Maskottchen des Tages nach der Frage, was für ihn das altehrwürdige Stadion an der Hafenstraße für ihn ist, antwortete: „Eine Bauruine!", skandierten die Fans auf der Osttribüne erstmals lautstark die Parole der letzten Wochen: „Neubau jetzt!". Als dann noch ein Plakat auf der Gästetribüne enthüllt wurde, dass auch einen Neubau des Stadions forderte, hörte man einen donnernden Applaus auf den Rängen. Schon lange wirkte die Atmosphäre an der Hafenstraße nicht so entschlossen für den Verein zu kämpfen wie vor der Partie gegen den Tabellenletzten aus Worms.

Auf dem Platz war später wenig von dieser positiv aufgeladenen Stimmung zu sehen. Der Wormser Trainer kündigte in der Stadionzeitung „Kurze Fuffzehn" schon an, dem Team aus Essen den Spaß am Fußball nehmen zu wollen. Seine Taktik schien aufzugehen: Die defensiv eingestellte Wormser Truppe bauten ein Bollwerk um den Sechzehnmeterraum auf, gegen das die Spieler von RWE planlos anrannten. Oft wurde der Weg durch die Mitte gesucht, aber die technisch versierten Chitsulo und Ouedraogo scheiterten an drei oder vier herbei geeilten Kicker der Wormatia. Dennoch spielte sich die gesamte Partie zunächst in der Hälfte von Wormatia Worms ab. So hatte auch der in den letzten Wochen stark aufspielende Chitsulo die erste große Chance des Duells, allerdings nach schon 20 gespielten Minuten: Eine tolle Flanke von Broniszewski in den Strafraum landet über Umwegen bei Chitsulo, der bekommt aber kein Druck hinter den Ball und sein Schuss aus kurzer Distanz landet in den Armen von Gästekeeper Müller.

Auf der Gegenseite blieb Müllers Gegenpart Maczkowiak nahezu beschäftigungslos. Ein Freistoß der Wormser geht an seinem Tor vorbei, die zaghaften Angriffsbemühungen der Gäste blieben häufig schon im Ansatz stecken. Die erste böse Überraschung für die Essener an diesem Abend war die Auswechselung von Bührer, der nach dem harten Einstieg von dem Wormser Spieler Schroer nicht mehr weiter machen konnte. Es sah ganz danach aus, dass beiden Mannschaften mit einem müden Unentschieden in die Pause gehen sollten, doch dann kam der starke Auftritt von Mainka. Zunächst geht ein Fernschuss von ihm nur ganz knapp am Tor vorbei, wenig später ist es Torwart Müller, der einen zweiten Gewaltschuss von Mainka wegfausten konnte. Jetzt waren sich die Zuschauer sicher, dass die Mannschaft aus ihrer Lethargie erwachen würde und in der zweiten Halbzeit richtig aufdrehen würde.

Leider ist es nicht das erste Mal, dass die Zuschauer von ihrer Mannschaft so bitter enttäuscht wurden. RWE wollte endlich das 1:0 schießen, doch die geeigneten Mittel dafür wurden nicht gefunden. Und so kam es auch, wie es kommen musste. Nach einer völligen Konfusion in der rot-weißen Abwehr landete der Ball vor den Füßen von Bouadoud, der mühelos den Ball in das Tor einschieben konnte. Zuvor hatten es vier Abwehrspieler es nicht geschafft, das Arbeitsgerät gegen zwei Wormser Stürmer zu behaupten. Anstatt das Heimteam jetzt endlich aufwachte und mit Wut im Bauch auf den Ausgleich drängte, ging der Krampf weiter. Dilettantisch wurde die Abwehr aufgelöst und Bouadoud in der 64. Minute auf eine lange Reise geschickt, der abermals sicher vollenden konnte. Jetzt wurde das Stadion schlagartig leerer, es brachen nicht nur auf dem Platz alle Dämme. Nur sechs Minuten später läuft Bouadoud allerdings diesmal auf der linken Seite los, sein toller Schuss landet aber nur an den Pfosten. Sein Mitspieler Mpassy-Nzoumba hat kein Problem, aus kurzer Distanz den abgeprallten Ball einzuschieben. Mit 0:3 endet auch die Partie und stellt damit alle Prognosen vor dem Anpfiff auf den Kopf.

Sicherlich hat diese Partie nicht nur seit dem Unentschieden gegen den Tabellenführer keinen sportlichen Wert mehr gehabt. Allerdings darf man die symbolische Wirkung dieser Blamage nicht unterschätzen. Das beste Argument, dass dieser Verein noch am Leben ist, wäre auf dem Platz zu zeigen und Mut für die Zukunft zu machen. An einem Wochenende, wo Fans dafür gesorgt haben, dass eine breite Masse wieder Interesse für einen Neubau des Stadions in Essen hat, versagt die Mannschaft auf kompletter Linie. So ist es leicht für die Gegner des Stadions immer wieder auf die sportliche Situation des Vereins zu weisen, die auch im Jahr zwei der Viertklassigkeit kein Anschein auf bessere Zeiten macht. So folgt ein weiterer Schlag in das Gesicht des treuen Fans, der sich mit solchen Leistungen abfinden muss.

Wenn man dennoch die sportliche Seite dieses Desasters betrachtet, gibt die Mannschaft mehr Rätsel auf als der ägyptische Pyramidenbau. Sicherlich gibt es ansatzweise nach dem Weggang von Mölders gute Leistungen, aber eine Konstanz, auf der man aufbauen könnte, will sich einfach nicht einstellen. Die Mannschaft zeigt große Schwächen, wenn es darum geht, dass Spiel auf dem eigenen Platz zu diktieren. Es fehlt an jeglicher Kreativität und Durchsetzungsvermögen, vor allem wenn Spieler wie Wunderlich ausfallen. Vor dem Spiel gegen Worms hatte man wenigstens das Gefühl, die Mannschaft fightet jetzt zumindest, doch seit gestern muss auch dieses wieder in Frage gestellt werden. Für die neue Saison konnte der rot-weiße Fan die Hoffnung haben, dass mit adäquaten Verstärkungen ein schlagkräftiges Team mit dem Willen zum Sieg auf dem Platz stehen könne. Da kann nur einmal mehr vertraut werden, dass die richtigen Maßnahmen an der Hafenstraße getroffen werden. Doch diese Wünsche wurden in der Vergangenheit oft enttäuscht. So bleibt es erst einmal an den Zuschauern hängen, für positive Werbung zu sorgen und sich für einen Neubau des Stadions einzusetzen. Die Rollen an der Hafenstraße werden wohl leider immer ungleich verteilt sein.


Jawattdenn-Spielerbewertung

André Maczkowiak
Maczkowiak
[3]
Timo Brauer
  Brauer
[3+]
Sebastian Zinke
Zinke
[4]
Herzig
Herzig
[4+]

Dennis Bührer
Bührer
[3]

Bartosz Broniszewski
  Broniszewski
[3+]
Markus Kurth
Kurth
[3-]

Allesandre Ouedraogo
Ouedraogo
[3-]

Robert Mainka
Mainka
[3-]
Chitsulo
Chitsulo
[3]
Sebastian Stachnik
Stachnik
[4+]
Igor Bendovskyi
Bendovskyi
[5]
Cannata
Cannata
[6]
Dirk Heinzmann
Heinzmann
[o.B.]
   


Rot-Weiss Essen

Maczkowiak - Brauer, Herzig, Zinke, Bührer (37. Bendovskyi) - Broniszewski, Kurth (58. Cannata) - Ouedraogo, Mainka (65. Heinzmann) - Chitsulo, Stachnik

Wormatia Worms

T. Müller - Mpassy-Nzoumba, Rösner, Lang, Krettek - Magin (72. Cuc) - Stiller, Gebhardt (84. Heidenmann), Schröer, Gollasch (75. Kassem Saad) - Bouadoud

Tore 

0:1 Bouadoud (49.), 0:2 Bouadoud (64.), 0:3 Mpassy-Nzoumba (70.)


Zuschauer

5.790

Schiedsrichter

Hofmann (Dachwig)

Gelbe Karten

Broniszewski, Kurth, Bendovskyi - Mpassy-Nzoumba, Schröer, Magin, Gollasch