04.03.2010

Rot-Weiss Essen - Bonner SC


PK vor dem Spiel gegen den Bonner SC

Man muss in den Annalen schon bis in die Saison 2007/8 zurückblättern, um die letzte Serie von RWE mit drei Siegen infolge zu finden: In diesem mit dem Skandalspiel gegen Lübeck endenden Jahr gewann Rot-Weiss im Frühjahr 2008 gegen die Zweitvertretungen von Bremen (3:0) sowie Cottbus und Hamburg (jeweils 2:1) drei Mal am Stück - stieg aber bekanntlich am Ende unter bis heute dubios anmutenden Begleitumständen dann doch noch ab.

Der Sieg bei der Zweitvertretung der Düsseldorfer Fortuna wurde jedoch leider teuer bezahlt: Sergej Neubauer riss sich ohne Fremdeinwirkung das Syndesmoseband - eine der laut Trainer Uwe Erkenbrecher „schlimmsten Verletzungen für einen Sportler, weil sich dadurch Schien- und Wadenbein öffnen. Es heilt zwar, aber es dauert." Neubauer trage momentan einen Stützgips, sobald die Schwellung zurückgegangen sei, soll Anfang nächster Woche das gesamte Bein eingegipst werden. „Acht bis zehn Wochen fällt er mit Sicherheit aus", prophezeit „Erke". So dass sich die Frage stellt, ob der Ex-Lauterer in dieser Saison überhaupt noch mal auf seiner bevorzugten Position als Aufräumer im defensiven Mittelfeld auftauchen wird.

Zu allem Überfluss muss die Mannschaft für zwei Spiele auf Sebastian Zinke verzichten, der nach Verletzung erstmals wieder mit von der Partie war, aber in Halbzeit zwei mit einer Roten Karte vom Platz flog. Immerhin ist er aber für das eminent wichtige Spiel in Saarbrücken am 16. März wieder spielberechtigt.

Ob nun mit Herzig (oder Michael Lorenz?) und Broni in der Innenverteidigung, mit einem Wunderlich auf der „6" oder in einer „Doppel 6" oder doch mit Markus Kurth (der Anfang nächster Woche in Hennef seine Trainer-Prüfung ablegt) oder Jungspund Timo Brauer von Anfang an - auf diese Rasen-Schachspielchen wollte das Trainerduo gestern nicht eingehen. „Wir haben sechs, sieben Konstellationen und werden nach den letzten Eindrücken des Trainings entscheiden. Es gibt auch Spieler, die selbstkritisch sind und sich jetzt zeigen wollen." Die Konstellation von Wunderlich als 6er und Neumayr in seiner Leib-und-Magen-Position als 10er fällt allerdings definitiv flach. Denn Neumayr hadert noch immer - oder schon wieder - mit Schienbeinproblemen. Auch Marcel Stiepermanns Comeback wird sich noch rund vier Wochen verzögern: „Er wurde gerade am Außenmeniskus operiert", informiert Co-Trainer Ralf Aussem. Dagegen ist Robert Mainka nun wohl endgültig auf dem Sprung, nachdem er beim Testspiel der U23 auf Kunstrasen in Erkenschwick eine Halbzeit lang offenbar schmerzfrei durchspielte.

Die Stimmung nach dem dritten Sieg infolge sei natürlich gut, so die Trainer. Schon zuvor habe man durch Abwechslungen wie Fußball-Tennis die lange Woche gut überbrückt. „Wir wollten in Düsseldorf auf das dritte Tor spielen. Doch dann kam zuerst Sergejs Verletzung und dann Sebastians Platzverwies. So mussten wir zweimal umstellen. Danach wurden wir teilweise etwas zu hektisch, aber auch dank einer sehr guten Torwartleistung stand am Ende weiter die Null", bilanziert Erkenbrecher.

Und fährt fort: „Die Mannschaft wächst immer mehr zusammen. Jetzt ist sie gefordert, Ausfälle wie diese beiden zu kompensieren. Wenn wir das hinbekommen - und darauf hoffen wir - wird sich alles noch weiter festigen." Allerdings betonte er erneut, „dass wir noch ein gutes Stück davon entfernt sind, auch spielerisch voll zu überzeugen. Dazu brauchen wir noch drei bis vier Wochen - hoffentlich mit Erfolgserlebnissen." Positiv sei auch die starke Bereitschaft, sich für den anderen aufzureiben. „Das sah man am Flinger Broich kurz vor Schluss, als Stachnik und Bendovskyi sofort eine Lücke zumachten, die durch einen langen Spurt von Bührer entstanden war. So etwas läuft zumeist automatisch, aber man muss es zuerst einüben."

Beim Blick auf die drei Winter-Neuzugänge sieht Erkenbrecher noch einiges Steigerungspotential. „Aber wir sind froh, dass sie sich trotz ihrer langen Wettkampfpause nicht verletzt haben. Sie sind zudem sehr diszipliniert, was dazu beiträgt, dass wir jetzt insgesamt kompakter stehen als in der Hinrunde. Und auch die Schnelligkeit des Spiels hat sichtbar zugenommen."

Den Gegner aus Bonn wollen die Trainer nicht zu stark reden, doch klingt Respekt durch. „Gegen Worms haben sie sich in der ersten Partie des neuen Jahres die erste halbe Stunde sehr schwer getan, und prompt ging die Wormatia 0:1 in Führung. Dann fiel durch einen individuellen Fehler der Ausgleich. Und danach lief es auf einmal, und sie schickten Worms 5:1 nach Hause", rapportiert Aussem.

„Sie sind sehr kampfstark, etwas offener als Verl, aber trotzdem unbequem zu spielen. Was mir am meisten imponiert hat, ist die unwahrscheinliche Moral und Motivation dieser Truppe", ergänzt Erkenbrecher. Dass im Spiel gegen Trier ausgerechnet der alte Fuchs Mike Rietpietsch (35), der sich eigentlich schon aufs Altenteil zurückgezogen hatte, dann das einzige Tor des Tages für Bonn erzielte, zeigt für Erkenbrecher, „wie wichtig in einer insgesamt sehr jungen Mannschaft wie auch der unsrigen Routiniers sind. Routine ist schon wichtig, und dass ist sicher auch ein Grund, warum Spieler wie Holger Lemke oder Patrick Schnier momentan nicht zum Einsatz kommen."

Der Trainer des aktuell Tabellenzwölften, Wolfgang Jerat (55), freut sich jedenfalls schon auf das Spiel an der Hafenstraße. Im Interview der „Kurzen Fuffzehn" sagte der Ex-Wuppertaler: „RWE ist für mich der attraktivste Gegner der Liga. Die Mannschaft ist defensiv gut organisiert und daher schwer zu knacken. Ich erwarte wie schon beim 1:1 im Hinspiel ein enges und hart umkämpftes Spiel. Wir werden alles dafür tun, um mindestens einen Punkt mitzunehmen." Hauptziel der Bonner, die in der Saison 2008/9 als Sieger der NRW-Liga in die vierte Spielklasse aufgestiegen waren, sei aber unvermindert die frühzeitige Sicherung des Klassenerhalts.

Thomas Imhof