Vorbericht
Weichenstellung vor großem Bahnhof an der Hafenstraße – RWE empfängt den VfL Osnabrück
Der Mittelteil der Trilogie der englischen Woche steht an. Am Mittwochabend um 19 Uhr empfängt Rot-Weiss Essen den alten Rivalen VfL Osnabrück an der Hafenstraße. Dort wird ein großer Bahnhof, sprich ein ausverkauftes Haus, erwartet. Beide Mannschaften liegen mit 8 Punkten in Lauerstellung hinter den Aufstiegsplätzen, sodass die Partie eine Weichenstellung für den Weg der kommenden Wochen sein könnte.
Das Personal und die taktischen Optionen
RWE geht aufgrund seines auch in der Breite konkurrenzfähigen Kaders besser gewappnet in die hohe Belastung englischer Wochen als in den letzten Jahren. Weiterhin fehlt nur Nachwuchsspieler Schulte-Kellinghaus aus Verletzungsgründen, Uwe Koschinat hat also die Qual der Wahl und die ist für den Trainer aufgrund einmal mehr schwieriger Personalentscheidungen nicht nur sprichwörtlich zu sehen. Systemisch wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder auf eine Viererkette hinauslaufen, das System, in dem RWE auch in Regensburg offensive Qualität zeigte. Beim Personal könnten der Belastungssteuerung geschuldete Wechsel vorgenommen werden.
An Keeper Jakob Golz wird kein Weg vorbeiführen, die Viererkette vor ihm könnte jedoch Umbesetzungen erfahren. Im Zentrum heißt es, Schulz oder Kraulich. Wenn die spielerischen Optionen in den Vordergrund gestellt werden sollen, kann diese Antwort nur Kraulich heißen. Überhaupt hatte man etwas den Eindruck, Kraule hätte mit seinen harten Worten, die er nach dem Aachen-Dilemma in die TV-Mikrofone an sich selbst und den Rest der Mannschaft gerichtet hatte, auch Trainer Uwe Koschinat getroffen, denn der Mannschaft habe der Plan gefehlt, die Alemannia zu bespielen. Jedenfalls konnte sich bei Bekanntwerden der Formation, die beim Jahn auflaufen sollte, nicht jeder des Eindrucks erwehren, Kraulichs Bankplatz sei ein diesen Aussagen geschuldeter Denkzettel. Auf den Außenpositionen wird links wahrscheinlich erneut Lucas Brumme beginnen. Franci Bouebari wäre die Alternative für den wieder zum Dauerbrenner avancierenden Brumme.
Auf der anderen Seite wird es etwas strittiger. Michael Kostka zeigte ein gutes Startelfdebut als Rechtsverteidiger, aber es fehlt ihm noch die ausgeprägte Wettkampfhärte, denn ihn quälten in Regensburg schon etwa ab Minute 70 Wadenkrämpfe, bis er nach 83 Minuten Jannik Hofmann weichen musste. Von daher spricht einiges dafür, dass Hofmann nun auf dieser Position wieder startet.
In der Mittelfeldzentrale bekam Klaus Gjasula von seinem Trainer jüngst öffentlich die Startelfgarantie ausgesprochen. Nachdem Tom Moustier in Regensburg eigentlich Torben Müsel hätte weichen sollen, trumpfte der Franzose als Nutznießer von Müsels muskulären Problemen aber groß auf. Luca Bazzoli hat sich seine Einsatzzeiten nach dem Wechsel nach Essen wohl auch etwas anders vorgestellt und ist die erste Alternative. Erhält aus der Dreierreihe Mizuta, Arslan und Obuz nun jemand eine Pause? Ramien Safi bereitete nach seiner Einwechslung das Siegtor durch Mizuta vor, der momentan eigentlich unverzichtbar erscheint. Arslan auf der Zehn ist für den Trainer scheinbar unantastbar, möglicherweise erhält Kelsey Owusu für einen der Außenbahnspieler eine Chance. Gegen defensiv sehr starke Gäste aus Osnabrück werden jedenfalls Spieler gebraucht, der auch einmal ein offensives eins zu eins für sich entscheiden können. Womit man schnell wieder bei Obuz ist.
Werden ganz vorne die Karten wieder neu gemischt? Jannik Mause hatte in Regensburg einen schweren Stand, der junge Cuber Potocnik setzt ihn unter Druck. Oder zieht Koschinat hier wieder Ramien Safi in die Spitze? Einzig Marek Janssen scheint hier aktuell keine Rolle zu spielen und wird voraussichtlich auch nicht dem Spieltagskader angehören.
Während RWE schon am Freitagabend in Regensburg ran durfte, spielte Osnabrück erst am frühen Sonntagnachmittag sein Match gegen Hansa Rostock. Diese immerhin 1,5 Tage Regenerationsvorteil könnte RWE sich zunutze machen, falls dem Gegner zumindest nach hinten heraus die Luft etwas ausgehen sollte. Ein Vorteil hierbei, Essens starke Bank. Die hat allerdings in dieser Spielzeit auch der VfL Osnabrück, wie das folgende Gegnerportrait zeigen wird.
Der Gegner: VfL Osnabrück
Rot-Weiss Essen und die Gäste von der Bremer Brücke haben zuletzt eine vergleichbare Entwicklung durchgemacht. Beide Teams spielten eine schwache Vorrunde 24/25 und gehörten in der Rückrunde zu den stärksten Teams der Dritten Liga, was dann zu sicheren Endplatzierungen führte. Ebenso wie die Essener wollen die Lila-Weißen in dieser Saison nun mehr. Dabei wurde der Kader bearbeitet, als sei man zuvor abgestiegen. Der Chef der Kaderschmiede, Ex-VfL-Profi und Trainer Joe Enochs, nun als sportlicher Leiter an seine alte Wirkungsstätte zurückgekehrt. Enochs legte sofort ein enormes Tempo vor. Sage und schreibe 23 Spieler, die in der Saison 24/25 an der Bremer Brücke aufgelaufen waren, tun das in dieser Spielzeit nicht mehr.
Viele Spieler sind zukünftig unterhalb der Dritten Liga tätig, Osnabrück tätigte dabei allein sieben Leihen zu Regionalligisten, oder wechselten ins europäische Ausland. Der kurioseste Transfer – Ba-Muaka Simakala verdient seine Brötchen nun in Aserbaidschan. Nur wenige schafften den Sprung in die Höherklassigkeit. Innenverteidiger Maxwell Gyamfi wurde nach Kaiserslautern gelotst, Stürmer Marcus Müller, obwohl nicht der treffsichersten einer, heuerte in Kiel an. Brian Kayo, 22 Jahre altes Mittelfeldjuwel, kam in Belgiens erster Liga unter. Laut dem Portal Transfermarkt.de erzielten die Lila-Weißen für die Transfers von Kayo, Müller und Simakala eine stolze Millionen Erlös. Abzüglich 150 K, die man kurz zuvor für die Kaufoption von Kayo an Ingolstadt überwiesen hatte. Das nennt man wohl ein spontanes gutes Geschäft.
Auf der anderen Seite stehen 21 neue Akteure und dabei hat sich der VfL Osnabrück insgesamt deutlich und namhaft verstärkt. Für den Abwehrverbund kam Patrick Kammerbauer als Stammspieler des SC Verl und eine Art Königstransfer ist Jannik Müller von Darmstadt 98, der für die Lilien 16 Mal in der Bundesliga antrat und darüber hinaus weitere 134 Zweitligaspiele für diverse Vereine absolvierte. Für das Mittelfeld konnte man dem SV Ingolstadt den Audi-Rowdie David Kopacz abringen und Waldhof Mannheim Florian Wagner. Die gesamte Offensivreihe ist neu an der Bremer Brücke. Mit Robin Meißner holte man einen Leihspieler von Dynamo Dresden, der seinen Torriecher schon unter Beweis gestellt hat. Auch Luc Ilhorst spielte schon 36 Mal Zweite Liga. Kai Pröger ist an der Essener Hafenstraße noch immer nicht vergessen. Auch er schloss sich, nach einem enttäuschenden Zweitligajahr in Regensburg, nun den Lila-Weißen an. Da wurde gehörig an der Qualitätsschraube gedreht.
Der Kader weist etliche auch höherklassig erfahrene Spieler auf, von anderen Drittligisten holte man Stammspieler. Mit Timo Schultz hat man zudem einen für die Dritte Liga durchaus prominenten Trainer verpflichten können, der beim 1.FC Köln und insbesondere beim FC St. Pauli profunde Erfahrungen sammeln konnte. Das sympathische Modell-Nordlicht ist der komplette Gegensatz zu seinem Vorgänger Marco Antwerpen, der Osnabrück in der Vorsaison zwar vor dem Abstieg gerettet hatte, danach aber über einen Skandal stolperte, der nicht weiter Erwähnung finden muss und sich um den zuvor für Blau Weiß Lohne und nun für Osnabrück spielenden Angreifer Bernd Risselmann drehte. Jedenfalls deutet die Personalpolitik des VFL Osnabrück eindeutig auf Angriff hin. Alles andere als mit dieser Truppe den Weg deutlich nach oben gehen zu wollen, wäre Understatement. So kommt ein dicker Brocken auf die Rot-Weissen zu.
Eine weitere Parallele zu RWE ist, dass auch Osnabrück noch keine Konstanz in seinen Leistungen zeigt. Was bei der Kaderfluktuation aber auch kein Wunder ist. Nach einem Stolperstart mit nur einem Punkt aus zwei Spielen folgten zwei Siege gegen das hochgewettete Saarbrücken und in Havelse, wo RWE sich zuvor die Zähne ausgebissen hatte. Im Landespokal Niedersachsen wiederum gab es eine bittere Niederlage beim Regionalliga-Vertreter Jeddeloh II im Elfmeterschießen. Am letzten Spieltag duellierten sich der VfL Osnabrück und Hansa Rostock in einem zähen Abnutzungskampf, der am Ende kein anderes Ergebnis als ein torloses Remis zuließ. Das bedeutet mit 8 Zählern Punktgleichheit mit RWE. Osnabrück praktiziert in der Regel die Dreierkette im 3-4-2-1, in der ein Stoßstürmer zwei variablen offensiven Mittelfeldakteuren vorgezogen ist.
Aktuell stimmt in erster Linie die Devise. Nur 3 Gegentore in 5 Partien sind ein starker Wert. Bei RWE hat es in der noch jungen Saison gleich dreimal so häufig geklingelt. Offensiv zeigt die im Grunde starke Besetzung der Osnabrücker aber noch Ladehemmungen. Nur 5 Treffer gelangen, schon zweimal blieb man ohne Torerfolg. Hier waren die Essener mit 11 Treffern mehr als doppelt so erfolgreich. Starker Sturm gegen starke Defensive? Auf dem Papier ja. Alles andere als ein sehr enges und kampfbetontes Spiel wäre jedenfalls eine Überraschung.
Fazit und Blick über den Tellerrand – Die Lage in der Dritten Liga
Am Dienstagabend standen in der englischen Woche fünf Partien auf dem Programm:
1. FC Saarbrücken (Platz 2/13 Punkte): SSV Ulm 1846 (13./6) 3:1
Die Saarländer sind wieder angekommen in der Spitzengruppe, die Ulmer Spatzen zwitscherten zuletzt fröhlich auf dem Aachener Tivoli, wo Dominik Martinovic sogleich mit 2 Scorerpunkten Ausrufezeichen setzte. Irgendwie hatten wir es geahnt. Doch nach der schweren Verletzung Martinovics – unsere aufrichtigen Genesungswünsche gehen an ihn – musste sich Ulm den Saarländern geschlagen geben.
Viktoria Köln (2./12): Hoffenheim II (5./10) 2:1
Erneut sind die Kölner gut aus den Startlöchern gekommen und trotzen wie üblich den Negativprognosen. Das mussten die Hoffenheimer im Sportpark Höhenberg erfahren, in denen am Ende die Viktoria wieder etwas zu feiern hatte.
SV W. Wiesbaden (6./10): Jahn Regensburg (16./4) 2:0
Ein Duell der Enttäuschten. Wiesbaden zeigte sich nicht als Experte für Ruhrgebietsvereine, Jahn Regensburg scheint die Dritte Liga noch immer nicht angenommen zu haben. Am Ende schafften die Hessen die Trendwende und stürzten die Regensburger in die Krise.
SC Verl (7./9): Alemannia Aachen (15./4) 2:1
Der SC Verl gibt das nächste Rührstück aus der Reihe Totgesagte leben länger, Alemannia Aachen wurde wie gewohnt nach einem Triumph über RWE auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt und konnte in Ostwestfalen dem Druck nicht standhalten. Dort liebt man bekanntlich prall gefüllte Gästekurven, denen man dann erneut die lange Verler Nase gezeigt hat.
Schweinfurt 05(19./3): MSV Duisburg (1./18) 0:3
Ein Duell der Aufsteiger, bei dem faktisch der Vorletzte den Tabellenführer empfing. So unterschiedlich können die Wege verlaufen. Aber der MSV Duisburg hat das Momentum auf seiner Seite und konnte sich auch in Schweinfurt durchsetzen.
Am Mittwoch geht es mit dem zweiten Teil des 6. Spieltags weiter.
Waldhof Mannheim (10./7): VFB Stuttgart II (14./5)
Das baden-württembergische Derby würde der Waldhof sicherlich gerne nicht nur gegen die Zweitvertretung der Stuttgarter spielen. Diese wiederum wird Ambitionen haben, ihren Verein dort erstklassig zu vertreten.
Energie Cottbus (7./8): Erzgebirge Aue (17./4)
Da Pele Wollitz sich wie zuletzt in Mannheim gesehen auf Hol(t)zwegen gut auskennt, wird auch dem Holzmichel nun die lausitzsche Axt drohen. Nimmt Aue nicht dort Spreewaldgurken in Form von Punkten mit, dürfte es für Coach Jens Härtel bereits ungemütlich werden.
Hansa Rostock (12./6): 1860 München (2./11)
Neben RWE: Osnabrück das zweite sehr namhafte Duell des Abends. Die Kogge steht bereits unter Druck und wird Kanonen an Bord haben. Die Löwen haben ihre bislang zufriedenstellende Punktausbeute auch mehreren wohlwollenden Schiedsrichterentscheidungen zu verdanken und konnten nicht nur auf den Rängen auf den Zwölften Mann setzen. Beim Gastspiel in Rostock fällt jedoch Paradestürmer Kevin Volland aufgrund einer Sperre aus.
TSV Havelse (20./2): SV Ingolstadt (18./3)
Ein Fahrrad gegen einen Audi? Nicht ganz. Den bislang tapferen und zuletzt bei 1860 München spät und unglücklich geschlagenen TSV Havelse hatte man durchaus so weit unten erwartet. Aber auch der Motor des SV Ingolstadt stottert, und zwar gewaltig. Beide Mannschaften sind noch sieglos und wollen beide nun dringend Abhilfe schaffen.
An Essens Hafenstraße wird neben Flutlicht und Stauderbier hoffentlich auch wohlschmeckende Fußballkost serviert werden. Das Stadion wird beim dritten Heimauftritt der Rot-Weissen voraussichtlich das dritte Mal ausverkauft sein. Dabei soll der erste Heimsieg für RWE herausspringen, auch für alle Rot-Weissen, die an diesem 17. September ihren Geburtstag feiern.
NUR DER RWE!
Sven Meyering
Spielanalyse
Torraumszenen Mangelware: Zwei starke Defensivreihen trennen sich 1:1
Auch im dritten Ligaheimspiel kann RWE keinen Dreier einfahren, zeigt sich jedoch defensiv stark verbessert und beweist nach Rückstand gegen den Osnabrücker Abwehrriegel eine tolle Moral.
Das Personal
Trainer Uwe Koschinat nahm nach dem 3:1-Auswärtserfolg bei Zweitligaabsteiger Jahn Regensburg keine Veränderungen an der Startelf vor und begann erneut mit Golz im Tor, Rios Alonso und Kapitän Schultz in der Innenverteidigung, Brumme links und Kostka rechts in der Viererkette. Vor der Abwehr räumten Klaus Gjasula und Tom Moustier ab, die offensive Dreierreihe bestand aus Mizuta, Arslan und Obuz und in der Spitze sollte Jannik Mause für Torgefahr sorgen.
Zur Pause musste der angeschlagene Lucas Brumme für Franci Bouebari weichen. Mause und Obuz machten nach 67 Zeigerumdrehungen Platz für Safi und Cuber Potocnik und in der Schlussphase kamen noch Owusu für den platten Mizuta (85.) und Müsel für Arslan (89.).

Die Pluspunkte
Der größte Pluspunkt trug die Rückennummer 8 und machte eines seiner besten Spiele im RWE-Trikot: Klaus Gjasula erstickte Osnabrücker Gefahr häufig schon im Ansatz und bereinigte viele Situationen, bevor es brenzlig werden konnte. Bezeichnend, dass RWE die Hälfte der bisherigen 10 Gegentore in den drei Halbzeiten kassierte, in denen der Sechser nicht auf dem Platz stand.
Die gesamte Essener Defensive zeigte sich gut organisiert und war im Vergleich zum letzten, desolaten Heimauftritt nicht mehr wiederzuerkennen. Osnabrücks Top-Zugänge Meißner und Pröger waren fast über die komplette Spielzeit abgemeldet. Rückkehrer Pröger machte nur durch einen Abschluss nach einer halben Stunde, bei dem er zu lange zögerte und von Brumme geblockt werden konnte, sowie ein Foul an Jakob Golz auf sich aufmerksam und wurde nach einer Stunde an seiner alten Wirkungsstätte ausgewechselt.
Das vierte Heimelfmetergegentor in Folge brachte RWE nur kurz auf die Verliererstraße, denn Tom Moustier antwortete zwei Minuten später, indem er eine verlängerte Ecke am langen Pfosten aufnahm und in die Maschen drosch – das zweite Saisontor für den Franzosen, der damit seine Vorjahresausbeute bereits verdoppeln konnte.
In der Schlussphase wollte kein Team dem Gegner ins offene Messer laufen, sodass sich in einem torchancenarmen Spiel wenige Höhepunkte entwickelten. Erst mit dem Schlusspfiff hätte ausgerechnet Torben Müsel wieder zum Last-Minute-Helden werden können, als er einen Kopfball knapp neben das Gehäuse setzte. RWE konnte die starke Osnabrücker Defensive zwar als erstes Team nach über fünf Stunden wieder überwinden, für einen weiteren Treffer reichte es gegen die im 5-4-1 sehr auf Sicherheit bedachten Gäste jedoch nicht.

Die Knackpunkte
Osnabrücks Matchplan schien aufzugehen: Im tiefen 5-4-1 vermied die Elf von Timo Schultz es, Jannik Mause Platz anzubieten, um hinter die Abwehrkette zu sprinten – lediglich einmal entwich Essenes neuer Mittelstürmer im Rücken der lilaweißen Defensive, schoss jedoch nach einem Traumpass von Gjasula nach 25 Minuten über den Kasten. Auch Marvin Obuz war auf seiner Seite abgemeldet, bekam nicht den Platz nach vorne, den er benötigt und konnte auch keine Durchbrüche im 1-gegen-1 erzielen. Ahmet Arslan setzte lediglich kurz nach der Pause einen Distanzschuss ans Außennetz und wurde ebenfalls erfolgreich daran gehindert, in gefährliche Abschlusspositionen zu kommen.
Der VfL hatte großen Respekt vor der Essener Offensive, doch der Respekt beruhte auf Gegenseitigkeit und RWE wollte den Gästen nicht den Gefallen tun, hochstehend in Ballbesitzphasen das Risiko zu erhöhen und durch Ballverluste Räume anzubieten, die vor allem Kai Pröger für sein Spiel benötigt. Angesichts der beiden nicht gewonnen Heimspiele zuvor herrschte bei Teilen des Anhangs jedoch die Ansicht vor, dass Koschinat gegen die tiefen Osnabrücker mehr ins Risiko hätte gehen können oder sogar müssen. Statt eines Torchancenfeuerwerks gab es aus dem Spiel heraus folgerichtig nur eine Handvoll Möglichkeiten und zwei Standardtore – kein Wunder, dass die lobenden Worte für das Spiel daher von den Defensivakteuren Gjasula und Rios Alonso kamen, die mit ihrer Leistung sehr zufrieden sein können.
Alle kritischen Stimmen wären auch sicherlich verstummt, hätte RWE dieses Spiel mit einem eigenen Treffer gewonnen – doch obgleich der verursachte Elfmeter von Franci Bouebari sicherlich streitbar war, machte sich RWE erneut selbst das Leben schwer und brachte einen über weite Strecken offensiv abgemeldeten Gegner durch einen Elfmeter ins Spiel und sich selbst unter Druck. Vier verursachte Elfmeter in zwei Heimspielen sind rekordverdächtig und in den letzten fünf Pflichtspielen geriet RWE viermal in Rückstand. Im sechsten Saisonspiel gab es den zehnten Gegentreffer und in noch keinem Spiel behielt RWE die weiße Weste.
Bedenkt man zudem, dass RWE sich trotz eigener Führung gegen 1860 München und Havelse jeweils den finalen, sowie gegen Wehen Wiesbaden und Jahn Regensburg den temporären Ausgleich fing, wird deutlich, dass das Problem der Elf von Uwe Koschinat bei zwölf selbst erzielten Treffern aktuell gar nicht darin liegt, nach vorne zu zögerlich zu agieren, sondern – wie noch in der erfolgreichen Rückrunde – hinten konsequent den Laden dicht zu halten.

Fazit und über den Tellerrand geschaut: Die Lage in der Dritten Liga
RWE hat nach sechs Spieltagen nur halb so viele Punkte wie der MSV, der nach einem 3:0-Erfolg in Schweinfurt verlustpunktfrei von der Tabellenspitze grüßt und am Sonntag nach Havelse reist, die daheim im Krisenduell mit 2:6 gegen Ingolstadt unter die Räder kamen. Nicht unwahrscheinlich daher, dass die Duisburger den Liga-Startrekord weiter ausbauen und als Aufsteiger ohne Druck davon träumen dürfen, den Durchmarsch einzutüten, so wie es in den Jahren zuvor bereits Elversberg, Ulm und Münster gelang.
Als jährlicher Dauergast im oberen Drittel hat sich der 1. FC Saarbrücken nach einem 3:1-Erfolg über Absteiger Ulm auf Platz 2 geschoben. Den Relegationsrang belegt völlig überraschend Viktoria Köln nach einem 2:1-Erfolg über die Zweitvertretung aus Hoffenheim. Für die Viktoria gilt scheinbar – wie für den SC Verl – dass beliebig viele Spieler und Trainer den Verein verlassen können und die sportliche Leitung doch immer wieder Ersatz herzaubert, der eine sorgenfreie Saison spielt. Auch die Ostwestfalen stehen wieder in der oberen Tabellenhälfte und behaupten sich nach einem 2:1 über Alemannia Aachen punktgleich mit RWE auf Platz 8.
1860 München musste in Rostock die erste Saisonniederlage einstecken und rutscht auf Platz 4 ab, während die Mannen von der Ostsee durch den 2:1-Heimerfolg gegen die Löwen mit einem Torverhältnis von 4:3 rechtzeitig zum Duell an der Hafenstraße punktemäßig zu RWE aufschließen. Osnabrück komplettiert das Quartett mit vier Punkten im Tabellenmittelfeld.
Die obere Tabellenhälfte vervollständigen Cottbus auf Rang 5 (nach einem 2:1 im Ostduell gegen Aue), Hoffenheim rutscht nach der Niederlage in Verl auf 6 und Wiesbaden holt sich durch ein 2:0 gegen Regensburg den siebten Platz.
Der Jahn rutscht damit auf einen Abstiegsplatz und kommt weiterhin nicht in Tritt. Aue, Schweinfurt und Havelse belegen die weiteren Qualifikationsplätze zur Regionalliga. Während dies in Havelse und Schweinfurt vermutlich so eingeplant war, wird in Aue die Luft für Jens Härtel immer dünner. Alemannia Aachen landete nach dem Erfolg an der Hafenstraße schnell wieder auf dem Boden der Tatsachen und steht nur aufgrund der mehr erzielten Tore über dem Strich. Ingolstadt konnte sich und Trainerin Wittmann durch das 6:2 in Havelse etwas Luft verschaffen und ist nun punktgleich mit Zweitligaabsteiger Ulm, die sich den Saisonstart sicherlich auch anders vorgestellt hatten. Waldhof Mannheim musste unter dem neuen Trainer Luc Holtz die erste Niederlage einstecken und gab das Heimspiel gegen den VfB Stuttgart II spät mit 0:1 aus der Hand.
Es bleibt in Liga 3 mehr als eine Floskel, dass jeder jeden schlagen kann und genau das spiegelt sich auch Jahr für Jahr in der Tabelle wider. Für RWE heißt das, dass mit einem Sieg gegen Rostock wahrscheinlich von einem gelungenen Saisonstart gesprochen wird, während im Fall einer Niederlage der volle Krisenmodus eingeschaltet wird. Die Ausgangslage bei Gegner Hansa Rostock ist jedoch ganz ähnlich, sodass am Samstag eine Mannschaft an der Hafenstraße gastiert, die mit einem Unentschieden nicht zufrieden sein wird. Es wird daher Zeit für den ersten Heimsieg und das erste Spiel ohne Gegentor!
NUR DER RWE!
Dominik Gsell
Fotos























































