Vorbericht
Die Kirsche auf der Torte
Das Duell zwischen Rot-Weiss Essen und Alemannia Aachen atmet Tradition pur. Schon 1953 war es die Finalpartie im DFB-Pokal und auch heute elektrisiert das Spiel immer noch. Die wenigen Restkarten, die noch zu bekommen sind, werden bis zum Sonntagabend weggehen, sodass Stadionsprecher Walter Ruege zum dritten Mal in Folge „Ausverkauft!“ vermelden darf. Auch Magenta Sport konnte sich offensichtlich für diese Paarung begeistern, nicht grundlos schließt dieses Spiel am Sonntagabend den Spieltag ab, ist also die sprichwörtliche Kirsche auf der Torte.
Der Aufreger der Woche
Die meisten Fans waren heilfroh, als Rot-Weiss Essen kurz vor dem Start ins Wochenende mit Jannik Mause einen neuen Mittelstürmer präsentiert hat. Die Erleichterung resultierte nicht aus der Begeisterung über den Namen, sondern eher weil die sich ständig widersprechenden Nachrichten, die gefühlt im Viertelstundentakt aufploppten, nun endlich aufhören. Ein kleiner Treppenwitz ist die Verpflichtung Mauses insofern, als nicht einmal 48 Stunden vorher vermeldet wurde, dass der Transfer von Mause komplett vom Tisch gewesen sei.
Die Verpflichtung wurde von vielen Fans angesichts von 18 Toren Mauses in der vorletzten Saison gefeiert. Allerdings waren auch einige Fans skeptisch. So wurde bemängelt, dass Jannik Mause nicht komplett dem Anforderungsprofil des „Wandstürmers“ entsprach, wie diese Art Stürmer im neuen Fußballsprech bezeichnet werden. Außerdem wurde die fehlende Durchschlagskraft in der vorletzten Rückrunde, aber auch in seinem Zweitligaabenteuer angemerkt.
Am Ende werden wir erst in der Rückschau sehen, ob sich die Verpflichtung auszahlt. Sollte Jannik Mause aber seinen Torriecher bei Rot-Weiss Essen wiederfinden, wird es den Zuschauern ganz egal sein, ob er den Anforderungen eines Wandstürmers nun entspricht oder nicht. Den Willen, sich in Essen durchzusetzen, konnte man auf jeden Fall in seiner Vorstellung authentisch erkennen.

Das Personal
Dementsprechend wird die spannendste Frage sein, ob Rot-Weiss Essen noch rechtzeitig die Spielberechtigung für Jannik Mause erhält. Selbst wenn diese aber rechtzeitig kommt, wird Mause wohl kaum von Anfang an auf dem Platz stehen, denn ein richtiges Training hat der Stürmer mit dem Rest der Mannschaft noch nicht durchgeführt. Aber es wäre schön zu wissen, wenn man einen Mause für einen Schlussspurt noch in der Hinterhand hätte.
Aktuell sieht es so aus, als würde Rot-Weiss auf die Dienste von Ramien Safi verzichten müssen, denn dieser kann momentan wegen einer Erkrankung nicht mittrainieren. Dass Uwe Koschinat große Stücke auf den pfeilschnellen Angreifer hält, wissen alle Rot-Weissen. Dass Safi aber auch anderweitig Begehrlichkeiten weckt, sieht man daran, dass der 1. FC Kaiserslautern angefragt hat, ob RWE seinen Spieler abgeben würde.
Schließlich wird es spannend sein, ob Uwe Koschinat weiter auf die Dreierkette setzen wird. Das Offensivangebot bei Rot-Weiss Essen schreit förmlich nach einer Viererkette in der Abwehr. Selbst in dieser Formation ist der Konkurrenzdruck schier unerträglich. Neben Jannik Mause kann man sich Dominik Martinovic auf dem Platz vorstellen. Kaito Mizuta zeigte gegen Dortmund und nach seiner Einwechslung in Wiesbaden, dass er in der aktuellen Form unverzichtbar auf dem Platz ist.
Darüber hinaus erzielte Torben Müsel nicht nur das entscheidende Tor beim letzten Auswärtsspiel in der BRITA-Arena, sondern legte auch einen bemerkenswert guten Auftritt gegen Solingen hin. Angesichts dessen vergisst man fast, dass Rot-Weiss Essen auch noch auf die Dienste von Marvin Obuz zurückgreifen kann. Die Entscheidungen sind momentan alles andere als einfach.

Der Gegner: Alemannia Aachen (Tabellenplatz 19 / 1 Unentschieden / 2 Niederlagen / 1 Punkt / 2:6 Tore / Torverhältnis -4)
Diese Woche war eine Achterbahnfahrt der Gefühle für die Anhänger der Alemannia. Die schwere Verletzung von Topverteidiger Mike Hanraths konnte die Alemannia bislang nicht kompensieren und zeigte sich in den beiden Heimspielen sehr anfällig für gegnerische Angriffe. Deswegen freute man sich am Tivoli, dass Patrick Nkoa mündlich sein Comeback zugesichert hat. Kurz vor Vertragsabschluss grätschte Ex-Trainer Heiner Backhaus dazwischen, dessen eigener Abgang schon nicht geräuschlos erfolgte, und der Nkoa in die Zweite Liga nach Braunschweig lotste.
Während dieser Transfer sich zerschlug, konnte Aachen in dieser Woche gleich dreimal Vollzug melden. So kehrte Niklas Castelle zurück. Auch wenn die Statistiken Castelles nicht überragend in der vergangenen Saison waren, freuten sich die Alemannen, da es im Sturm ebenfalls hakte. Beide Tore in den bisherigen Spielen, konnte Aachen bei der Niederlage gegen Hoffenheim erzielen. Dabei traf auch Ex-Essener Lukas Scepanik. Die zwei Nullnummern bedeuten lediglich ein Punkt aus drei Spielen.
Nach Castelle entschied sich mit Mika Schroers ein talentierter Außenbahnspieler für Aachen. Die Liga beeindruckten die Aachener allerdings mit der Leihe von Lars Gindorf. Der Mittelfeldspieler gehört wohl zu den stärksten Spielern der 3. Liga und tut dem Kader der Aachener gut.
Ob der Nachfolger von Erfolgstrainer Heiner Backhaus, Benedetto Muzzicato, die drei neuen Spieler einsetzen wird, wollte er genauso wenig verraten, wie Uwe Koschinat seinen Umgang mit Jannik Mause an die Presse weitergab. Mindestens Niklas Castelle wird aber wahrscheinlich an der Hafenstraße auflaufen. Mit Matti Wagner gehört auch ein alter Bekannter zum Startaufgebot der Essener. In der letzten Saison zeigte Wagner in seinen Einsätzen bereits, dass er das Tempo und die Intensität der dritten Liga mitgehen kann und bekommt nun in Aachen die Spielzeit, die er für seine Entwicklung braucht.
Die Aachener Stärken liegen definitiv in einem intensiven Spiel, in dem sie ganz eklig für die Gegner sind, da sie diese bedingungslos zustellen. Vor allen Dingen die Zweitvertretung der TSG Hoffenheim zeigte, wie man Aachen knackt. Die enorme Kreativität mit dem hohen Tempo ist aber ohne die Spritze aus den Bundesligamillionen kaum erreichbar. Die kreativen Spieler Essens sollten die Abwehr immer wieder beschäftigen, dann kann etwas gehen. Im Zweifel muss es ein Standard richten.

Über den Tellerrand geschaut: Die Lage der Liga
Der vierte Spieltag wurde mit dem Heimerfolg der Viktoria gegen Absteiger Jahn Regensburg eröffnet. Nach der drückenden Überlegenheit der Kölner war der knappe 1:0 Erfolg zum Schluss beinahe schmeichelhaft. Neben dem West-Derby stehen folgende Spiele im besonderen Fokus:
Energie Cottbus – FC Ingolstadt
Energie scheint auch in dieser Saison die Experten vorzuführen. Nach den zahlreichen Abgängen wurde den Lausitzern eine schwierige Saison vorhergesagt, doch zeigte Cottbus gegen Saarbrücken und Schweinfurt einen bestechend guten Fußball und musste sich bislang lediglich den überragenden Hoffenheimern geschlagen geben. Ingolstadt war in manchen Vorhersagen trotz der Senkung des Budgets ein Geheimfavorit und konnte lediglich zwei Punkte einspielen. Für beide Klubs ist die Begegnung nun eine erste Richtungsentscheidung.
1860 München – VfB Stuttgart II
Die Löwen werden ihrer Topfavoritenstellung bislang voll gerecht, nur die Hafenstraße konnte nicht erstürmt werden. Nun kommt es zum Heimspiel gegen den ebenfalls stark aufspielenden VfB-Nachwuchs. Können die Stuttgarter den 60ern die erste Niederlage beibringen oder kann sich der TSV erneut durchsetzen?
Hansa Rostock – TSG Hoffenheim II
Hoffenheim nimmt die dritte Liga mal so richtig auseinander. Der Druck wird bei den frenetischen Anhängern der Hansa-Kogge jedoch enorm sein. Das sind die Spiele, in die die Profiteams ihren Nachwuchs bringen möchte. Es wird spannend werden, ob der Kraichgauer Lauf an der Ostsee gestoppt werden kann.
Fazit
Alemannia, da war doch was… Rot-Weiss Essen hat gleich mehrere Rechnungen mit der Alemannia offen, denn nach dem Aufstieg ärgerte Aachen unseren RWE mal so richtig. Rot-Weiss eröffnete gegen Aachen die letzte Saison. Gegen den Aufsteiger hofften die Fans auf den ersten Auftaktsieg in Liga 3, aber Aachen erwies sich als abgezockter und entführte die drei Punkte von der Hafenstraße. Noch schlimmer war jedoch das Rückspiel für die Gefühlslage der RWE-Fans. Im dritten Spiel unter Uwe Koschinat spielte Rot-Weiss Essen im Eisschrank Tivoli desolat und läutete auch die Rückrunde mit einer Niederlage ein, die so manchem Anhänger die Hoffnung auf eine weitere Drittligasaison nahm.
Glücklicherweise konnte Essen einen Lauf starten und so stehen die Vereine sich wieder gegenüber. Es ist immer wieder herrlich diese Begeisterung auf beiden Seiten zu sehen und die knallvollen Stadien in Essen und Aachen sind Balsam für die Herzen von Fußballromantikern.
Ganz unromantisch soll die Aachener Herrlichkeit gegen Rot-Weiss Essen nun enden und die Mannschaft wird die Eigenschaften einbringen, für die Teams von Uwe Koschinat bekannt sind, durch die Essen gegen Aachen zuletzt aber düpiert wurde. Intensives Spiel, hoher Einsatz und am Ende das eine Tor mehr, das zum ersten Heimsieg der Saison führt.
In diesem Sinne: Nur der RWE!
Hendrik Stürznickel
Spielbericht
Aachen schockt RWE ein drittes Mal – 2:3 Heimpleite nach einem rot-weissen Fehlerfestival
Liegt auf RWE der Aachen-Fluch? Auch im dritten Match gegen die Kaiserstädter nach deren Aufstieg in Liga 3 zogen die Mannen von der Hafenstraße den Kürzeren. Und das aus nahezu denselben Gründen wie in den beiden vorangegangenen Partien auch. Nach gut einer Stunde schien dabei der Deckel schon drauf, denn die Alemannia aus Aaachen führte nach sage und schreibe drei Elfmetertreffern vom ganz frischen Neuzugang Lars Gindorf gegen bis dahin völlig indisponierte Gastgeber bereits mit 3:0.
Dann läutete Kaito Mizuta per Kopfball (63.) eine Phase ein, in der Essen Hoffnung schöpfen durfte. Doch erst in der 5. Minute der Nachspielzeit gelang RWE durch Cuber Potocnik der Anschlusstreffer zum 2:3. Zu spät für die Wende. Vier Minuten später ertönte der Schlusspfiff. RWE hatte ein Fehlerfestival abgeliefert, das bereits vor dem Spiel begann. Denn auch Coach Uwe Koschinat erwies seiner Mannschaft mit diversen Personal- und einer falschen Systementscheidung einen Bärendienst.
Das Personal
Bereits am frühen Sonntagvormittag steckte Funke-Medien die voraussichtliche Essener Aufstellung durch und sollte richtig liegen. So durfte sich auch Aachen freuen, so früh im Bilde zu sein und wird sich wahrscheinlich gefreut haben, dass RWE im System der Fünferkette auflaufen würde und zudem Spieler vom Schlage eines Marvin Obuz und vor allem Klaus Gjasula nur Reservistenrollen gewährt wurden. So begann RWE mit Golz im Tor und Schultz, Rios Alonso und Kraulich in der Innenverteidigung, eingerahmt von Lucas Brumme und Jannik Hofmann. Für Gjasula durfte Bazzoli neben Moustier in der Zentrale ran, in der offensiven Kette begannen Mizuta, Arslan und der unter der Woche noch erkrankte Ramien Safi.
Zur Pause lag man 0:2 hinten und nun ging RWE auf die in Wiesbaden noch sehr erfolgreiche Viererkette zurück, Schultz und Bazzoli wichen Müsel und Obuz, wobei zugleich die Doppelsechs aufgelöst und Müsel vor Moustier geschoben wurde. Nach 65 Minuten begann RWE alles nach vorne zu werfen. Safi und Arslan wichen den Debütanten Jannik Mause und Cuber Potocnik und Essen bot jetzt eine Doppelspitze auf. Schließlich ersetzte noch Michael Kostka Jannik Hofmann als Rechtsverteidiger (80.). Koschinat versuchte somit in Halbzeit Zwei alles, lag aber vor dem Spiel bei seiner Einschätzung, wie man Alemannia Aachen bespielen könne, leider voll daneben.
Die Pluspunkte
Die Abwehr stand und RWE kassierte zum ersten Mal in dieser Spielzeit kein Gegentor aus dem Spiel heraus, sondern lediglich durch Strafstöße. Ironiemodus aus, es gab wenig als positiv herauszustellen an diesem gebrauchten Abend. Erst nach Mizutas schönen Treffer zum 1:3, nach endlich einmal scharf getretenen Freistoß von Arslan, legte RWE den Fuß aufs Gaspedal. Das 2:3 von Potocnik offenbarte das Potential des 21 Jahre alten Slowenen und RWE hätte danach auch noch das 3:3 erzielen und einen Punkt retten können. Ansonsten war es Jakob Golz zu verdanken, dass es zur Pause nur 0:2 stand und Marvin Obuz sorgte dafür, dass ein Essener auch einmal ein erfolgreiches Dribbling hinlegte.
Die Knackpunkte
Uwe Koschinat gab unmittelbar nach dem Spiel am TV Mikro zu, der Mannschaft mit der Nichtberücksichtigung von Klaus Gjasula den Anker genommen zu haben. Es ist löblich, dass er das zugibt, nur fragt man sich, was genau ihn zu dieser und anderen Entscheidungen veranlasst hatte? Noch im Januar diesen Jahres war RWE ohne den damals erkrankten Gjasula am Tivoli chancenlos gewesen. Nun opferte RWE seinen Aggressive Leader freiwillig. Ausgerechnet gegen einen Gegner, von dem man weiß, dass er jeden Zentimeter Rasen umpflügt. Auch die Entscheidung für eine Fünferkette war die falsche Wahl.
Es war nahezu ein Deja-Vu für die Stadionbesucher, die das Spiel gegen die Alemannen vor Jahresfrist gesehen hatten. Auch damals stellten die Aachener alles auf dem Feld zu, unterbanden das Essener Kombinationsspiel und zwangen RWE zu langen Bällen ins Nichts. Und das System der Fünferkette, in dem man sich einen Spieler mehr in die Abwehrzentrale packt und sich somit eine Anspielstation vorne im Feld nimmt, erleichterte es den Aachenern, die Räume zu verengen und zuzustellen. Es war deutlich sichtbar, dass die Gäste das hohe Anlaufen und Pressen immer mehr einstellten als RWE sich in der Offensive mit einer Doppelspitze sehr breit aufgestellt hatte und die Alemannen nun in der Defensive gebunden wurden.
Was das Ganze so ärgerlich machte ist, dass genau bekannt ist, wie Aachen spielt und dennoch spielte RWE der Alemannia mit fragwürdiger Taktik und auch Personalentscheidungen in die Karten. Obwohl man große Offensivpower im Kader zur Verfügung hat, sitzt diese zunächst auf der Bank. Es wird auf den möglichen Einsatz des so ersehnten Stoßstürmers völlig verzichtet und der kleine unter der Woche auch noch kränkelnde Ramien Safi muss sich gegen groß gewachsene Verteidiger aufreiben.
Apropos Safi, erneut ließ dieser fast kläglich eine Großchance liegen, die RWE trotz ganz schwacher erster Hälfte dennoch in Führung hätte bringen können und müssen. Eine ganze Stunde lang, war die rot-weisse Offensividee alles auf Safi. Das tun in der Regel nur Trainer und Mannschaften, die wenig Alternativen dazu haben. Die Essener Bank jedoch war gespickt mit hochkarätigen anderen Möglichkeiten, sodass Koschinats Entscheidungen den Fan schulterzuckend zurückließen.
Was gerade in der ersten Hälfte auf dem Feld passierte, war dann eigentlich kaum zu ertragen. Essen wirkte von Beginn an pomadig, bereits in der zweiten Minute hätte man in Rückstand geraten können und fast schon müssen, denn wild pressende Aachen wirbelten Essen kräftigst durcheinander. Zunächst kam RWE mit einem blauen Auge davon, auch gut 10 Minuten später, als Sczepanik Essens Abwehr im Rückraum entkam, aber eine weitere Großchance nicht nutzen konnte. Zwischendurch hatte Safi die bereits erwähnte Megachance für RWE liegen lassen.
Aller schlechten Dinge sind drei, dachte sich kurz darauf die Defensivformation der Hausherren und Luca Bazzoli vertändelte in kaum nachzuvollziehener Art und Weise das Leder gegen gleich drei pressende Alemannen zentral vor der Essener Box und ließ es sich kurz darauf nicht nehmen, den frei aufs Tor gehenden Gindorf regelwidrig umzugrätschen, leider innerhalb der Box. Keine Frage, Strafstoß. Gindorf war erst unter der Woche als Leihspieler aus Hannover gekommen und erhielt ebenso wie zwei weitere Neuzugänge, Schroers und Castelle, sofort das Vertrauen von Aachens Coach Muzzicato. Auch das ist ein signifikanter Unterschied zu den Personalentscheidungen auf der Gegenseite. Gindorf verlud Golz (17.) zum 0:1 und überhaupt spielte die komplett neue Aachener Offensivriege um Gindorf, Schroers und Castelle mit der doch im Grunde eingespielten RWE-Deckung Katz und Maus. Ein Beleg dafür, dass nicht jeder Spieler lange Anlaufzeiten für einen Startelfeinsatz benötigt.
Nur 10 Minuten später stand Jakob Golz erneut Lars Gindorf aus elf Metern Auge in Auge gegenüber. Diesmal hatte Jannick Hofmann das Leder durch einen riskanten Spielaufbau verschenkt und Tobi Kraulich in der eigenen Box ziemlich überflüssig hingelangt. Gindorf wählte nun die andere Ecke, 0:2 (27.). Hatte Koschinat nicht immer wieder erklärt, den zu riskanten Spielaufbau, den RWE unter Christoph Dabrowski gepflegt hatte, so nicht sehen zu wollen? Im weiteren Verlauf der ersten Hälfte entschärfte Golz in Klassemanier zwei Aachener Megachancen und nach einer schläfrig verteidigten Ecke köpfte Aachens Kapitän Strujic völlig frei am zweiten Pfosten nur gegen diesen. Essen konnte von Glück sagen, nur mit einem 0:2-Rückstand in die Kabine zu gehen.
So ging es auch nach Systemumstellung auf Viererkette in Hälfte Zwei zunächst weiter, Aachen versiebte fast fahrlässig zwei Mega-Möglichkeiten. Auch weil Essen nun auf die Doppelsechs verzichtete und so noch mehr Raum gab. Auffällig, wie brav RWE spielte und die Gäste bei schnellen Gegenstößen agieren ließ, während Aachen sich umgekehrt keine Gelegenheit für wertvolle taktische Fouls entgehen ließ. Nun wollte auch der ansonsten formidable Jakob Golz sich nicht lumpen lassen, kam unmotiviert aus dem Tor und rauschte in einen von Rios Alonso bereits markierten Gegenspieler. Als er sich nach kurzer Behandlung aufrappelte, sah er sich dem dritten Elferduell mit Gindorf entgegen und verlor zum dritten Mal. Gindorf ist ein klasse Fußballer und wählte jeweils eine andere Variante, 0:3 (61.). Erst danach begann eine vernünftige RWE-Phase und am Ende hätte man gegen völlig entkräftete Alemannen sogar noch das Remis retten können. Aber die Hypothek eines einer Stunde lang sehr schlechten Auftritts war zu groß.
Die Aufreger
Ein Schiedsrichter, der den Gästen drei Elfmeter zuspricht und eine mögliche Rote Karte gegen diese nicht zieht, zieht für gewöhnlich den Zorn der Heimtribünen auf sich. Doch auch die RWE-Fans mussten zugeben, dass Martin Petersen aus Stuttgart bei allen Elfmeterentscheidungen richtig gelegen hatte und es der Fahrlässigkeit der Gastgeber zu verdanken war, dass er jeweils auf den Punkt zeigen musste. Anders wurde die Begnadigung von Aachens Abwehrchef Lamar Yarbrough bewertet, der unmittelbar nach dem 0:2 den enteilenden Ramien Safi umriss. Allerdings befand sich noch ein zweiter Aachener auf gleicher Höhe, aber es war mehr als fraglich, ob dieser noch hätte eingreifen können. Hier hätte es einen Platzverweis geben können, aber zugegeben, ganz eindeutig war dieser nicht. Muzzicato nahm Yarbrough jedenfalls noch in Hälfte 1 aus Sicherheitsgründen vom Feld.
Auch über die Nachspielzeit darf man streiten. Diese betrug zwar bereits üppige 8 Minuten, aber als es zum Ende hin doch noch unerwartet knapp für Aachen wurde, lagen die Gäste mehr am Boden als sie standen und raubten insgesamt sicherlich noch mehr Zeit von der Uhr. Ansonsten waren die peinlichen Mätzchen von Aachens Elfergott Lars Gindorf den Essener Fans gegenüber vollkommen unnötig. Gindorf provozierte nach beiden Treffern in Hälfte eins die Heimtribünen, bis er in Hälfte 2 endlich vor den eigenen Fans jubeln durfte. Als kurz vor Schluss eine der zahlreichen Aachener Auszeiten auf dem Rasen die Fans zum toben brachte, stellte sich Keeper Olschowsky ebenfalls provozierend aufreizend vor die Essener Westtribüne. Aber auch solche Szenen zeugen davon, dass die Aachener im Gegensatz zu den Essenern das Match mental voll angenommen hatten.
Fazit und Blick über den Tellerrand
Eine herbe Watschen für RWE und selten waren die Ursachen eine Niederlage hausgemachter als diese. Das sollte die starke Leistung der Aachener nicht schmälern, die die Essener zwischenzeitlich sogar hätten abschießen können. Die Konkurrenz durfte sich ins Fäustchen lachen, vor allem der Revierrivale aus Duisburg, der ein eigentlich verlorenes Spiel in Verl drehte und in 10 Minuten ein 0:2 in ein 3:2 transformierte. Respekt. Die Zebras liegen bereits 7 Zähler vor RWE, das andererseits aber nur einen Rückstand von 2 Zählern auf den Relegationsplatz hat, denn auch andere Schwergewichte wie 1860 (1:1 gegen den VfB 2) und Hansa Rostock (0:1 gegen Hoffenheim 2) leisteten sich Patzer. In der nun folgenden Länderspielpause gibt es sehr viel aufzuarbeiten für RWE, bevor man am Freitag, den 12.09 in Regensburg auflaufen wird. Ein Hauptthema muss dabei sein, über die Abkehr von der Fünferkette zu sinnieren, die Essen bereits in Havelse und zwischenzeitlich auch in Wiesbaden ausbremste und für diesen Kader nicht als die sinnvollste Variante erscheint.
NUR DER RWE!
Sven Meyering
Fotos





































































