Vorbericht
Highlight an der Elbe! Rot-Weiss Essen fordert mit Dynamo Dresden das nächste Spitzenteam heraus
Mit Dynamo Dresden enden am Samstag die Essener Treppchen-Wochen, was herzlich wenig mit der stadionnahen Kneipe an der Bocholder Straße zu tun hat. Nein, RWE durfte innerhalb von drei Wochen gegen die drei bestplatzierten Teams der Liga antreten.
Beim Tabellenführer in Regensburg konnte RWE zunächst erfolgreich mit 3:1 bestehen, ehe man sich an der Hafenstraße dem SSV Ulm 0:2 geschlagen geben musste und somit verpasste, diese vom 3. Platz zu verdrängen. Nun geht es zum Tabellenzweiten nach Dresden, wo zwei Giganten im Zuschauerranking aufeinandertreffen. Während der Ostverein mit dem höchsten Zuschauerschnitt auftrumpfen kann, bringt der Westverein im Schnitt die meisten Gästefans mit.
2.500-3.000 Essener werden es wieder sein, die sich auf den Weg nach Sachsen machen werden. 708 davon mit einem selbstverwalteten Sonderzug, was für die Essener Fanszene in der Form ein Novum darstellt. Der im letzten Jahr geplante Sonderzug musste wegen Vandalismusschäden abgesagt werden. Die 14 Jahre davor hatten die meisten Gegner in der Regel gar keinen vernünftigen Bahnhof oder waren besser mit dem Fahrrad erreichbar. Umso größer ist nun die Vorfreude bei den RWE-Fans, den Sambawagen zu bevölkern und sich an die 3.400 Liter Stauder ranzumachen, die zunächst mit eigenen Händen in den Zug verfrachtet werden müssen. Für die Hinfahrt werden vorerst keine Engpässe befürchtet.
Allen Widrigkeiten, wie einem gesperrten Dresden Hbf, zum Trotz, wird der RWE-Express diesmal nicht aufzuhalten sein und Samstagfrüh vom längsten Gleis Deutschlands losrollen. Dafür gebührt allen beteiligten Organisatoren und Helfern von der FFA, dem Bündnis Westtribüne und der Ultraszene großer Dank!
Das Personal
Eine unaufhaltsam laufende Maschine wünschen sich die Auswärtsfahrer auch auf dem Platz. Dafür Sorge tragen wird Cheftrainer Christoph Dabrowski, der erfreulicherweise jüngst seinen auslaufenden Vertrag um zwei Jahre verlängert hat. Sollte die Erfolgsgeschichte fortgeschrieben werden und Dabro seinen Vertrag bis 2026 erfüllen, würde er mit einer 4-jährigen Amtszeit sogleich auf den 2. Platz in der dokumentierten Trainerhistorie unseres Vereins springen. Wer hätte das gedacht, als Teile der Westtribüne vor gerade mal neun Monaten mit stillosen „Dabrowski raus“-Folienschals gegen den Trainer schossen. Der Wind hat sich gedreht und bläst nun umso stärker in die gegnerischen Gesichter.
Sorgenfrei ist Christoph Dabrowski trotzdem nicht. Seit Wochen muss er auf verschiedene Stammspieler verzichten. In Dresden definitiv fehlen wird José-Enrique Ríos Alonso mit einer Gelbsperre, für den sicherlich Mustafa Kourouma in die Startelf rücken wird. Längerfristig ausfallen wird Eric Voufack, der sich im Training einen Syndesmosebandanriss zugezogen hatte. Andy Wiegel wird daher als Rechtsverteidiger gesetzt sein.
Vinko Sapina, der schon länger an Kniebeschwerden laboriert und zwischenzeitlich von einer Grippe geplagt war, steht auch in Dresden nicht zur Verfügung. Wie im gebrandmarkten RWE-Umfeld üblich – Sapina trägt immerhin die in Essen verfluchte Kapitänsbinde – mehren sich proportional zur Ausfallzeit auch die Gerüchte um einen unrühmlichen Abgang. Marcus Uhlig, der am gestrigen Donnerstag seinen 53. Geburtstag feierte, wies dies im Gespräch mit jawattdenn.de entschieden zurück: „Wahrheitsgehalt: 0,00 %! Mit Vinko Sapina ist alles in Ordnung, die nicht so richtig zu lokalisierende Knieverletzung ausgenommen.“
Im Sturm kehrt Ron Berlinski nach abgesessener Gelbsperre wieder zurück in den Kader und wird mindestens eine Option von der Bank sein.
Die anhaltenden Personalsorgen hat RWE jedoch nicht exklusiv. Auch Dynamo-Coach Markus Anfang hadert mit diversen Ausfällen, vor allem in der Defensive: Mit Lars Bünning (21 Einsätze) und Tobias Kraulich (13 Einsätze) fallen definitiv zwei Verteidiger aus. Jonathan Meier (21 Einsätze) und Kevin Ehlers (10 Einsätze) sind fraglich. Sollten auch die beiden Abwehrspieler ausfallen, stünde mit Jakob Lewald nur noch ein etatmäßiger Innenverteidiger im Kader. Zudem ist Stammtorwart Stefan Drljaca (20 Einsätze) seit ein paar Wochen verletzt.
Vor der Viererkette wird Dynamo soweit aus dem Vollen schöpfen. Im Sturm gilt es allen voran den 10-Tore-Mann Stefan Kutschke nicht aus den Augen zu verlieren. Auf ein besonderes Augenmerk wird sich zudem Ahmet Arslan freuen dürfen. Der Sympathieträger kehrte nach einem erfolglosen Halbjahr in der 2. Bundesliga aus Magdeburg zurück nach Dresden, wo er am Samstag hoffentlich noch eine Quittung für sein unsportliches Verhalten in der letzten Saison erhalten wird, als er Björn Rother mit einem Tritt auf den Fuß zu einer Tätlichkeit provozierte.
Der Gegner: Dynamo Dresden (2. Platz/ 26 Spiele/ 49 Punkte/ 16 Siege/ 1 Remis/ 9 Niederlagen/ 45:26 Tore/ Differenz +19)
Dynamo Dresden steckt in einer handfesten Krise. Vor einigen Wochen noch saßen die Schwarz-Gelben fest im Aufstiegssattel, der mit zehn Punkten dick gepolstert war. Nach vier Niederlagen in den letzten sechs Spielen ist dieser Vorsprung auf satte zwei Punkte eingeschmolzen. Direkter Verfolger sind die Ulmer Spatzen, die aktuell einen bärenstarken Lauf haben und sich letzte Woche als das bis dato spielstärkste Team an der Hafenstraße präsentieren. RWE-Trainer Dabrowski sprach diesem Titel allerdings mit etwas mehr Weitsicht der Dresdener Sportgemeinschaft zu.
Nichtsdestotrotz: Sollte RWE die Schwächephase der SGD ausnutzen, könnten diese schon nach dem Spieltag den direkten Aufstiegsplatz an Ulm verlieren und damit wieder zur unmittelbaren Konkurrenz der rot-weissen Relegationsplatzjäger avancieren.
Die Statistik spricht dafür, dass sich die Kontrahenten im direkten Aufeinandertreffen nichts schenken werden. Die Elf von Markus Anfang ist das einzige Team, das noch seltener Unentschieden spielte als RWE. Ein einziges Mal teilte sich Dynamo im Laufe dieser Saison die Punkte. Bei Rot-Weiss Essen gingen immerhin drei Spiele remis aus.
Fazit und über den Tellerrand geschaut: Die Lage in der Dritten Liga
Nicht selten war die Dabro-Elf immer dann zur Stelle, wenn es galt eine Reaktion zu zeigen. Ein Sieg an der Elbe könnte das Feuer im Kampf um die Aufstiegsränge nochmal neu entfachen und die Dresdener als direkten Konkurrenten noch tiefer in die Krise stürzen. Da wäre der Anfang am Ende, wie es sprichwörtlich heißt.
Noch lange nicht am Ende ist der Essener Anhang, der frohen Mutes in den Osten reisen und heiß wie Frittenfett sein wird, dem Rudolf-Harbig-Stadion einiges an Stimmgewalt entgegenzusetzen. Das hatte bereits in der letzten Saison sehr gut funktioniert, so wie es die Ultras Dynamo im Spielbericht bescheinigten. Es dürften sich also auch diesmal wieder beide Seiten in der Konstellation auf die wohl stimmungsvollste Kulisse der 3. Liga freuen.
Auch unterhalb der Aufstiegsplätze ist diese verrückte Liga wieder extrem zusammengerückt: Zwischen Platz 4 und 10 liegen nur drei Punkte, so dass ein wildes Auf und Ab in der Tabelle vorprogrammiert ist. Interessant dabei: Die obere Tabellenhälfte, bis auf Preußen Münster, trägt ihre Spiele kollektiv am Samstag aus.
Zuerst dürfen die Münsteraner rund um Sascha „Klopp-bei-Wish-bestellt“ Hildmann ins Geschehen eingreifen und am Freitagabend gegen den MSV Duisburg ran. Ein Unentschieden wäre aus Essener Sicht das geringste Übel, damit die Preußen nicht vorbeiziehen und der abstiegsbedrohte MSV bloß weiter bedroht bleibt.
Die drittplatzierten Ulmer empfangen zuhause den FC Ingolstadt, der sich mit 39 Punkten zum weiteren Verfolgerfeld hinzuzählen darf. Borussia Dortmund II reist als Tabellenvierter – punktgleich mit RWE auf Platz 6 – zur SpVgg Unterhaching, die 40 Punkte auf dem Konto haben. Erzgebirge Aue fährt mit 41 Punkten im Gepäck zum Tabellenführer nach Regensburg.
Die Lage der Liga zeigt, welches Beben ein Auswärtssieg bei Dynamo Dresden bedeuten würde. RWE könnte damit nicht nur an Platz 3 heranrücken, sondern bei einer Vielzahl an Vereinen den Aufstiegskampf neu entzünden. Die Liga ist unberechenbar und gerade das macht sie so spannend.
Deutlich ausrechenbarer und weniger spannend wäre die Frage, ob die 3.400 Liter Stauder im Siegesfall noch für die Rückfahrt des Sonderzuges ausreichen.
Alles auf Sieg!
NUR DER RWE
Sebastian Hattermann
Spielbericht
Goldener Golz rettet Punkt gegen dynamisches und dreckiges Dresden! RWE spielt 2:2 in Elbflorenz!
Nach fast 6 Monaten endete ein RWE-Spiel wieder mit einer Punkteteilung. Bei Top-Favorit Dynamo Dresden ging Rot-Weiss Essen zwar zweimal in Führung, Harenbrock nach 7 und Eisfeld nach 35 Minuten trafen, insgesamt war der Punkt vor über 30.000 Besuchern im Rudolf-Harbig-Stadion aber ausgesprochen glücklich. Ein überragender Jakob Golz stand den Gastgebern immer wieder im Weg. Auch der Fußball-Gott hielt seine schützende Hand über RWE und gab den Essenern Matchglück gegen ein einen starken Fußball spielendes, aber auch unsportlich und dreckig agierendes Dresden. Referee Lukas Benen und sein Gespann hatten Eier in der Hose mit.
Das Personal
RWE hatte Jakob Big Golz im Tor. Vor ihm agierten Felix Götze und Musti Kourouma für den gesperrten Rios Alonso im Zentrum der Viererkette, Andreas Wiegel verteidigte auf Rechts und Lucas Brumme auf Links. Thomas Eisfeld, Torben Müsel und Cedric Harenbrock bildeten das Mittelfeld, Isi Young und Marvin Obuz sollten über die Flügel stürmen. In der Sturmzentrale gab es eine Veränderung, Ron Berlinski begann an Stelle von Leo Vonic.
Nach 75 Minuten vollzog Christoph Dabrowski einen Dreifachwechsel. Nils Kaiser, Sascha Voelcke und Leo Vonic ersetzten jeweils positionsgetreu Thomas Eisfeld, Lucas Brumme und Ron Berlinski. Geburtstagskind Sascha Voelcke (22) wäre beinahe Essens Siegtreffer zum 3:2 gelungen, als ihm Dresdens Schlussmann Kevin Broll mit einer missglückten Abwehraktion den Ball gefährlich servierte, doch Voelckes Abschluss aus 18 Metern strich am Dynamo-Kasten vorbei (80.). Essens letzte Wechsel kamen kurz vor Ende knapp hintereinander und sollten im Schwerpunkt Zeit von der Uhr nehmen. Björn Rother kam für Torben Müsel (89.) sowie Moussa Doumbouya für Marvin Obuz (90.+1).
Die Pluspunkte
Ein toll supportender Anhang, ein toll organisierter Sonderzug der FFA, ein wahnsinnig toller Jakob Golz waren die Pluspunkte für RWE im und außerhalb des Tollhauses Rudolf-Harbig-Stadion. Fußballerisch setzte Essen seinen größten Glanzpunkt sehr früh. In der 7. Spielminute war mit Marvin Obuz ein Essener mal nicht schnell vom Ball zu trennen, behauptete sich gegen seinen Gegenspieler Paul Will mit Wille und spielte den Ball perfekt in die Gasse zu Cedric Harenbrock, der humorlos die Kugel mithilfe des Innenpfostens einschoss. Dresden fehlte hier defensiv völlig die Zuordnung, leider teste Essen sehr selten die Stress-Resilienz der ersatzgeschwächten Dynamo-Abwehr-Kette.
Wer Thomas Eisfelds feinen rechten Fuß kennt, vermutet beim 2:1 für RWE womöglich sogar eine Teil-Absicht. Eisi wollte zwar eine Vorlage geben, ein Spieler seiner Klasse weiß aber um die Tücken eines immer länger werdenden und dann aufspringenden Balles für die Torhüter. Keeper Broll ließ sich von Felix Götze noch irritieren, ohne weitere Berührung fand Eisfelds langer Ball den Weg in den Kasten. Solche Tore fallen generell nicht selten. Essen zeigte sich somit extrem effizient.
Nach etwa einer Stunde Spielzeit konnten die Essener das Spiel dann auch endlich mal für einige Minuten beruhigen und längere Ballpassagen spielen. Dresden geriet nach einer Vielzahl vergebener Chancen wohl ins Grübeln, RWE kam in den Schlussminuten durch Sascha Voelcke zu zwei nicht ungefährlichen offensiven Aktionen, ein Lucky Punch wäre aber zu viel des Guten gewesen.
Bis auf die letzte der 18 Dynamo-Ecken verteidigte Rot-Weiss diese Standards gegen die kantigen Dresdner gut. Ein Zeichen der mannschaftlichen Geschlossenheit waren nach Abpfiff die vielen aufmunternden Worte und Gesten für Isi Young, der wegen seines Fehlers zum 2:2 untröstlich erschien und Tränen vergoss. Dabro holte den US-Boy in die Mitte des Mannschaftskreises, um ihm den Rücken zu stärken.
Die Knackpunkte
34:3 Torschüsse und 18:0 (!!!) Ecken für Dynamo Dresden sprechen eine deutliche Sprache. Die Sachsen waren das deutlich dominantere Team und das über die beinahe komplette Spielzeit. RWE hatte in vielen Situationen den Papst in der Tasche, aber vor allem Jakob Golz, auch als Jakob Gold bekannt, im Tor.
Von Beginn an konnten sich die Essener nicht aus der Dresdner Umklammerung lösen und brachten kaum einmal die das Team sonst so auszeichnenden sicheren Ballpassagen zustande. Überall auf dem Feld fehlte der Zugriff, das Pressing in vorderster Front wurde versucht, blieb jedoch erfolglos und bot den Gastgebern daraufhin große Räume, mit Volldampf in Richtung des Essener Kastens zu marschieren. RWE wurde stellenweise förmlich überrannt und man vermisste die Präsenz, Zweikampfstärke und Pressingresistenz von Vinko Sapina an allen Ecken und Enden. In der Box verteidigte Rot-Weiss noch recht ordentlich, aber jeder der zweiten Bälle gehörte den Dynamos, die sofort weiter drückten. Insbesondere Tom Zimmerschied bekam RWE nie in den Griff, der linke Außenstürmer erzielte vier Treffer, von denen zweien zum Glück die Anerkennung durch das Schiedsrichtergespann verwehrt blieb.
Es glich nahezu einem Wunder, dass das Ganze für RWE mit einem guten Ergebnis endete und dem wütend attackierendem Dynamo-Boxer nicht der K.O.-Schlag gelang. Dennoch ging Essen gleich zweimal in Führung, konnte diese guten Ausgangslagen jedoch nie lange verteidigen. Das frühe 1:0 durch Harenbrock egalisierte Zimmerschied nur vier Minuten später, dazwischen gab es bereits mehrere Dresdner Abschlüsse. Ausgerechnet der überrragende Jakob Golz sah beim 1:1 schlecht aus, er ließ den Ball durch und ins Tor rutschen. RWE ging nach Thomas Eisfelds für Keeper Broll gemeinem Freistoß-Treffer aber mit einer Führung in die Pause. Wer nun erwartet hätte, dass Essen diese nach Wiederanpfiff konzentriert verteidigen und Dynamo den Zahn ziehen könnte, sah sich getäuscht. Isi Young unterschätzte einen langen Ball in den Essener 16er und seine missglückte Ballannahme geriet zur Vorlage für den dahinter lauernden Zimmerschied, der Golz im kurzen Eck überwand. Gespielt waren da noch keine zwei Minuten in Hälfte 2. So erhielt Dresdens Sturmlauf sofort neues Feuer, blieb aber im Weiteren zum Glück wirkungs- und damit torlos.
Das blieb RWE umgekehrt ebenfalls in der Offensive und fand im zweiten Durchgang vorne erst nach hinten raus ein wenig statt. Ein weiteres Geschenk von Torhüter Broll konnte Sascha Voelcke nicht dazu nutzen, den Spielverlauf auf den Kopf zu stellen. Wie wäre dieses Match wohl ausgegangen, hätten beide Teams zuvor ihre Keeper getauscht? Man möchte es aus RWE-Sicht eigentlich nicht wissen.
Die Aufreger
RWE punktete bei widerlich auftretenden Dresdnern und deren Chef-Hütchenaufsteller Markus Anfang, bei dem man langsam nicht mehr so viel fressen kann, wie man kotzen möchte. Dynamo Dresden spielte gestern einen begeisternden Fußball, darüberhinaus hat das Benehmen dieser Truppe und ihres geifernden Coaches an der Seitenlinie nichts mehr mit Sport zu tun.
Von Anfang an und wahrscheinlich von diesem so angewiesen stellten die Gastgeber mit Unsportlichkeiten noch und nöcher Schiedsrichter Lukas Benen vor sehr große Aufgaben. Es begann mit einer plumpen Schwalbe von Tom Zimmerschied, der nach bereits knapp 2 Spielminuten scheinbar von Musti Kourouma getroffen in den Essener Strafraum einflog. Dynamo forderte Elfer und Rot für den letzten Mann Kourouma, Benen aber lag goldrichtig und präsentierte Piloten-Kadett Zimmerschied den gelben Karton, denn Dresdens Nummer 22 hatte in Wahrheit den Andy Möller gegeben, was ihn jedoch nicht vom Lamentieren abhielt. Kompliment an den aufmerksamen Referee.
Benen wurde im Verlauf des Spiels zu einem der besten Männer auf dem Platz und lag auch bei allen weiteren der kniffligen Entscheidungen richtig. Nach 17 Minuten pfiff er den Dresdnern das vermeintliche 2:1 weg. Der Grund, Stefan Kutschke hatte wieder einmal eine seiner Lieblingshandbewegungen gemacht und seinem Gegenspieler, in diesem Fall Andreas Wiegel, die Flossen durchs Gesicht gezogen, bei Zimmerschieds anschließendem Kopfball in Essens Maschen war das Spiel bereits unterbrochen. Insgesamt war der vorhergehende Zweikampf ein Grenzfall, den RWE für sich gepfiffen bekam. So ist das halt im Fußball.
Nach 69 Zeigerumdrehungen stand – wie könnte es anders sein – erneut Tom Zimmerschied und dann das Schiedsrichtergespann im Blickpunkt. Zimmerschied spitzelte eine Kopfballverlängerung in Mittelstürmer-Manier in die Maschen, stand aber bei der Vorlage hauchdünn im Abseits, was der Schiedsrichterassistent sofort signalisierte.
Der letzte große Aufreger war die üble Verletzung von Felix Götze in der Nachspielzeit der Partie. RWE hatte kurz zuvor mal wieder Sahne, als ein Kopfball von Will im Anschluss an Dresdens 18. (!) Ecke unter die Latte und auf die Linie tropfte. Felix Götze reagierte am schnellstens und köpfte die Kugel aus der unmittelbaren Gefahrenzone. Deutlich zu spät, um den Ball zu erreichen, kam dann Jakob Lemmer angerauscht und es schepperte zwar nicht im RWE-Tor, aber am Kopf von Felix‘ Götze, in den Lemmer wenig rücksichtsvoll hinein rauschte.
Benen unterband das Spiel sofort, FG24 lag schwer benommen und blutend am Boden. So etwas passiert im Fußball, doch was sich dann Teile des Dresdner Publikums und einmal mehr ihr Cheftrainer leisteten, geht nicht mehr auf die sprichwörtliche Kuhhaut. Götzes knapp 3-minütige Behandlungspause wurde mit Pfiffen und Schmähgesängen quittiert, Anfang entblödetete sich währenddessen nicht, wild an der Seitenlinie herum zu lamentieren und die Fortsetzung des Spiels zu fordern. Wie moralisch verkommen kann man eigentlich sein, Herr Anfang?
Zum Kotzen! Wer den Sportsmann Anfang erlebt und dann in Interviews hört denkt sich so seinen Teil. Dieser wertebefreite Auftritt hat System und ist gewollt. Vielleicht sollte Herr Anfang einmal darüber nachdenken, inwieweit er seine fußballerisch wirklich begnadete Mannschaft nicht in Wahrheit schwächt, wenn er das Geschehen auf dem Feld derart emotional auflädt.
Für die nötige Konsequenz im Abschluss hätte Dynamo Dresden auf die Dienste eines der torgefährlichsten Mittelfeldspieler zurückgreifen können, denn durch eine Rückholoption war Oliver Batista-Meier wieder im Dynamo-Kader. Die Fachexpertise des Chefcoaches zeigte jedoch, dass er nicht sehen konnte, wie dieser Spieler den Dresdnern weiterhelfen könnte und so verramschte man einen Topspieler in die Schweiz. Allein diese Episode spricht Bände.
Zur Ehrenrettung der Dynamos sei gesagt, dass zumindest die Besucher der Haupttribüne die menschliche Klasse besaßen, den auf der Trage forttransportierten Felix Götze mit Applaus aufzumuntern. Danke dafür! Dresdens gefürchteter K-Block hatte indes vor Spielbeginn eine Choreo namens „Die Wächter Dunkeldeutschlands“ gezeigt. Nun, der darauf zu sehende Ritter verleitete nicht alle in Dresden zu Ritterlichkeit und dunkel wird es in der Tat bei so manchen Verhaltensweisen.
Fazit und über den Tellerrand geschaut: Die Lage in der Dritten Liga
Essens beeindruckende 3.000 Away-Supporter durften sich diebisch über einen Punktgewinn freuen, auch sportlich war dieser beinahe Diebstahl, denn über eine deftige Niederlage hätte man sich nicht beschweren können. Jakob Golz avancierte zum Meisterdieb Arsène Lupin, der den Punkt aus Dresden stahl. So enden die drei direkten Duelle mit den Spitzenteams für RWE mit soliden vier Zählern. In Regensburg hatte man überzeugt, gegen Ulm geschwächelt und in Dresden wurde den Essener aufgezeigt, wo es noch im Argen liegt, um mit solchen Teams auf Augenhöhe zu sein. Wenn eine Lehrstunde mit einem Remis endet, ist das aber zu ertragen.
An der Tabellenspitze der Dritten Liga vollzog sich an diesem Wochenende eher ein Schneckenrennen. Nicht nur in Elbflorenz gab es ein Unentschieden, auch Tabellenführer Regensburg gegen Erzgebirge Aue und der SSV Ulm 1846 (!) gegen den SV Ingolstadt spielten Remis. Die jeweiligen torlosen Unentschieden boten dabei nicht ganz so viel Spektakuläres wie die Partie im Rufolf-Harbig-Stadion.
Eine überraschende und vollauf zu begrüßende 1:2 Niederlage erlitt Langeweiler-Konstrukt Sandhausen bei Viktoria Köln. Sandhausen verliert weiter an Boden im Spitzenkampf. Die Gastgeber stoppten hingegen eine längere Sieglosserie und setzten sich ins komplett gesicherte Mittelfeld ab.
Preußen Münster stürzte am Freitagabend den MSV Duisburg beim 3:1 Erfolg wieder tiefer in den Abstiegstrudel. Münster klopft oben an, ist punktgleich mit RWE in Lauerstellung. Irgendwie hat man aber den Eindruck, dass die Adlerträger jetzt auch mal wieder fällig sind.
Spektakuläres gab es beim 3:4 der Unterhachinger gegen den BVB II zu bewundern. Verl befindet sich in der Durchreiche. Gegen das formstarke 1860 München gab es ein 0:1 an der Poststraße. Der Sportclub ist im Niemandsland angekommen.
Der heutige Sonntag steht im Schwerpunkt im Zeichen des Abstiegskampfs. Halle empfängt Lübeck und Waldhof Mannheim muss zu Freiburg II. Bielefeld möchte in Saarbrücken den Kopf ein Stück weit aus der Schlinge ziehen, die Saarländern wollen mit einem Dreier wieder nach oben schauen können.
NUR DER RWE!
Sven Meyering