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2023/2024 – 3. Liga

Rot-Weiss Essen – FC Erzgebirge Aue (1:1)

Da war mehr drin, aber aufgrund fehlender Kreativität am Schluss und einem nicht gut verteidigten Konter in der ersten Halbzeit reichte der Treffer von Torben Müsel nicht zum ersten Saisonerfolg. Unsere Analyse ist online.

Vorbericht

RWE will den Sieg im Kumpel-Duell gegen Erzgebirge Aue

Der kollektive Stoßseufzer, mit dem im ersten Heimspiel das Ende der Sommerpause erleichtert festgestellt wird, fällt in diesem Jahr aus, denn Rot-Weiss Essen spielt bereits seit zwei Wochen um Punkte und das Weiterkommen im DFB-Pokal. Auch wenn in Halle und gegen den Hamburger SV nichts Zählbares heraussprang, so machten die Auftritte dennoch Lust auf mehr, denn die Mannschaft präsentierte sich deutlich spielstärker als in der vergangenen Spielzeit.

Als erster Gegner stellt sich der FC Erzgebirge Aue an der Hafenstraße vor und damit ein Gegner, mit dem die RWE-Fans positive sowie negative Erinnerungen verknüpfen. In diesem Heimspiel sollen die haarsträubenden Fehler abgestellt werden und gleichzeitig soll das Toreschießen, wie gegen den HSV gesehen, ähnlich gut funktionieren, sodass am Ende die ersten drei Punkte der Saison stehen.

Quelle: Frontalvision

Das Personal

Im RWE-Kader fehlen auch am Sonntag die Spieler, auf die Rot-Weiss bereits seit Saisonbeginn verzichten muss. Ekin Celebi, Sandro Plechaty und Aaron Manu stehen seit dem Auswärtsspiel in Halle nicht zur Verfügung. Hinzu könnte sich noch Felix Götze gesellen, da er in dieser Trainingswoche aufgrund eines Infekts fehlte. Da er gegen den HSV eine blitzsaubere Partie in der Verteidigung spielte, wird Christoph Dabrowski eventuell eine weitere Option im Defensivverbund genommen.

Dementsprechend sollte sich die Viererkette von selbst bilden. Eine andere Aufstellung als Andreas Wiegel, Felix Bastians, José-Enrique Rios Alonso und Lucas Brumme, der auf der ungewohnten Position bislang überzeugte, wäre eine Überraschung.

Im Mittelfeldzentrum werden Vinko Sapina und Torben Müsel nach seinem Freistoßtreffer ebenfalls gesetzt sein. Sollte Götze wirklich ausfallen, wird der Coach je nach Ausrichtung entweder Thomas Eisfeld oder Björn Rother zusätzlich aufbieten.

Moussa Doumbouya und Marvin Obuz sollten ebenfalls auflaufen. Als Drittes böten sich neben Isaiah Young, der in den ersten beiden Spielen den Vorzug erhielt, noch der Einsatz von Leonardo Vonic oder Ron Berlinski auf dem Flügel an.

Felix Bastians ist motiviert.

Der Gegner: FC Erzgebirge Aue (Tabellenplatz 5 / 3 Punkte / 1 Sieg / 1:0 Tore)

Die Kumpels aus dem Erzgebirge mussten einige Leistungsträger der vergangenen Saison abgeben. Besonders wird dabei das Fehlen von Dimitrij Nazarov auffallen, der satte 7 Jahre seine Fußballschuhe für den FCE schnürte. Während dieser jedoch in die Regionalliga nach Offenbach wechselte, war Antonio Jonjic, ein junger treffsicherer Mittelstürmer, auch bei Vereinen in höheren Ligen durchaus auf dem Zettel. Er entschied sich, sich dem Zweitligaaufsteiger Wehen Wiesbaden anzuschließen. Darüber hinaus gehörten Sam Schreck und Ulrich Taffertshofer noch zu dem bekannteren Personal der vergangenen Saison, die sich entschieden bei den Konkurrenten aus Bielefeld und Lübeck anzuheuern.

In der letzten Saison stellte der damalige Absteiger noch einen der teuersten Kader der Liga. Nach dem Bruch mit dem ehemaligen Präsidenten und Geldgeber Helge Leonhardt musste der Mannschaft eine finanzielle Abmagerungskur verabreicht werden. Ähnlich wie RWE suchten die Sachsen vor allen Dingen in den Vierten Ligen nach Verstärkungen. Eine achtbare Leistung im Spiel gegen den FC Ingolstadt zeigte sogleich auch Sean Seitz, der als Linksaußen vom ehemaligen Drittligisten VfR Aalen kam. Der bekannteste Name ist jedoch der Drittligatorschützenkönig von 2022 Marcel Bär, der nach seiner langwierigen Verletzung bei 1860 München seinen Stammplatz verlor und nun im Erzgebirge an alte Erfolge anknüpfen möchte.

Im ersten Saisonspiel gegen den FC Ingolstadt, der im Gegensatz zu Aue nochmal richtig viel Geld für namhafte Spieler ausgab, zeigten sich die Erzgebirgler allerdings gut aufgelegt und schafften es immer wieder spielerisch zu Abschlüssen zu kommen. In der Nachspielzeit vergoldete der Joker Maximilian Thiel die gute Leistung mit dem Tor des Tages. RWE muss also gewarnt sein, dass Aue spielerisch überzeugend sein wird.

Fazit

Die ganze Liga ist derzeit noch genauso wie RWE in der Findungsphase der Saison, sodass noch gar nicht abschätzbar ist, in welchen Bereichen unsere Rot-Weissen mit welchen Gegnern konkurrieren. Alle Experten sehen die beiden Teams, die am Sonntagabend aufeinandertreffen, auf Augenhöhe.

Hier gilt es, sich spielerisch und von der Konsequenz beim Torabschluss am Pokalauftritt zu orientieren. Doch die Offensive kann lediglich den Ausschlag geben, wenn sich die Verteidigung langsam wieder eingegroovet hat. Die Saison war keine 2 Minuten alt, als Thomas Eisfeld aus bedrängter Position den Ball verstolperte und gegen den HSV legten José-Enrique Rios Alonso und Routinier Felix Bastians mit unglücklichen Aktionen nach.

Gerade in der vergangenen Saison haben viele Kritiker, so auch Jawattdenn.de, bemängelt, dass es an einstudierten Spielzügen mangelt, um sich aus Pressingsituationen zu befreien. Vielfach ist es erfolgreich zu sehen, dass dieses Problem ganz offensichtlich angegangen wurde. Nun sollten die zum Teil extrem erfahrenen Spieler noch erkennen, wann sie sich wahrscheinlich befreien können und wann nur ein beherztes Ballwegschlagen die Situation retten kann. Gut genug sind unsere Verteidiger fußballerisch dafür.

Die Ansetzung des Spiels durch den DFB ist hier ausdrücklich zu kritisieren. Als Anhänger des Heimvereins ist der Sonntagabend durchaus attraktiv. Denn seien wir ehrlich, anstelle des traditionellen Tatorts auf der Couch ist der Besuch des Stadions an der Hafenstraße schon eine Aufwertung. Die Entfernung von Aue nach Essen beträgt jedoch über 500 Kilometer, sodass viele Gäste in diesem Jahr nicht den Weg ins Ruhrgebiet antreten können. Das ist schade, da die Auer Anhänger durchaus reisefreudig sind.

Nichtsdestotrotz erwartet RWE 15.000(!) Zuschauer, eine wieder einmal beeindruckende Kulisse. Die Mannschaft schaffte es mit ihren engagierten Leistungen, den Funken zu entfachen. Nun müssen sich Spieler und Fans gemeinsam belohnen.

Hendrik Stürznickel

Spielbericht

Punkteteilung zum Heimspielauftakt

Vielfach vor diesem Spiel wurde die Parallele zur letzten Saison gezogen, als gegen Erzgebirge Aue der erste Sieg eingefahren werden konnte. Zu schön wäre es gewesen, wenn dies tatsächlich wieder der Fall gewesen wäre und man die Hürde des ersten Dreifacherfolgs bereits am zweiten Spieltag hätte meistern können. Trotz zunehmender Feldüberlegenheit beendete Schiedsrichter Patrick Schwengers das Spiel beim Stande von 1:1, so dass die Punktausbeute nach zwei Partien vorerst die einzige Parallele zur letzten Saison bleibt. 

Ungewohnt war vor allem die späte Anstoßzeit am Sonntagabend, die jedoch gar nicht wenig Zuspruch fand. So kann der gemeine RWE-Fan doch mit so einem Tag noch richtig etwas anfangen. Ob beim Brunch mit der Familie, um ein paar Credits für die nächste Fahrt in die Ferne zu sammeln oder im Schrebergarten noch den Grill anzuschmeißen. Auf jeden Fall sind sechs Stunden mehr Zeit, die Stimmbänder mit Stauder geschmeidig zu machen, was sich auch in der Stimmung heute widerspiegelte. In den dunkleren Monaten winkt zudem eine Option mehr für eines der heiß begehrten Flutlichtspiele. Auch für die auswärtigen Fans dürfte der Termin noch immer die bessere Alternative zum Montagabend sein.

So sehr man den modernen Fußball kritisiert, darf man die 3. Liga auch mal für die Abschaffung des Montagsspiels, den Verzicht auf viel Tamtam bei der Saisoneröffnung und die Außendarstellung generell loben. Da wird gerade ein recht gutes Maß gefunden.

Moussa Doumbouya rackerte einmal mehr für Zwei.

Das Personal

Das HSV-Spiel wird im Vergleich der Aufstellungen ausgeklammert, da die Ausrichtung im Ligaalltag doch grundverschieden ist.

Cheftrainer Christoph Dabrowski schickte originalgetreu dieselbe Elf aus dem Auftaktspiel in Halle ins Rennen. Das Hauptaugenmerk bei Begutachtung der Startformation lag nach den vielen individuellen Fehlern zuletzt auf den hinteren Reihen, denen Dabrowski allerdings erneut sein Vertrauen aussprach. Eine zeitnahe Rückkehr in den Kader von Celebi und Manu wäre wünschenswert, um mehr Möglichkeiten zur Rotation zu geben. Konkrete Aussagen dazu gibt es jedoch nicht. 

Während Aue schon in der 40. Minute verletzungsbedingt wechseln musste, schied bei RWE Felix Bastians in der 64. Minute aus. Dabrowski brachte dafür, wie schon gegen den HSV, Felix Götze ins Spiel, der im Aufbauspiel zwei fahrige Minuten kurz vor Schluss hatte, seinen Job in der Defensive aber erneut mit Bravour löste. Zeitgleich durfte Harenbrock für Obuz, die beide heute sehr blass blieben, ins Spiel. Ein zweiter Doppelwechsel folgte in der 78. Minute mit Rother für Eisfeld und Berlinski für Müsel, die aber auch keine positive Auswirkung auf das Spiel hatten.

Die Pluspunkte

Über weite Strecken zeigte RWE eine couragierte Leistung, wobei Aufwand und Ertrag erneut auseinanderklafften. Die dominante Spielweise wusste dabei grundsätzlich zu gefallen und hat die Schachter zwischenzeitlich sehr ordentlich unter Druck gesetzt.

Nach den letzten Eskapaden ist es besonders erfreulich, dass etwas Stabilität in der Abwehr eingekehrt ist. Die kapitalen Böcke blieben diesmal aus. Alonso und Bastians, die beide zuletzt schwächelten, konnten zumindest zurück in die Spur finden. Auch Felix Götze, der sich gegen den HSV erstmals als Innenverteidiger empfahl, macht wieder auf – noch – ungewohnter Position eine grundsolide Partie, trotz zwei Wacklern in 88. und 90. Minute.

Im zentralen Mittelfeld zeigten sich Müsel, Sapina und Eisfeld weiter als formstark. Das war vor allem zu merken, als das Zentrum mit dem Doppelwechsel Berlinski/Rother aufgebrochen wurde.

Cedric Harenbrock konnte nach seiner Einwechslung leider keine Akzente setzen.

Die Knackpunkte

Der zweite Anzug saß nicht. Nach den beiden Doppelwechseln sahen die RWE-Fans ein anderes Spiel. Trotz andauernder Feldüberlegenheit, wurde die erhoffte Schlussoffensive nur angedeutet. In den letzten 15-20 Minuten stellte RWE auf Schlafwagenfußball um. Im Aufbauspiel waren die Ideen ausgegangen. Im letzten Drittel verpassten die Außenspieler oftmals den richtigen Zeitpunkt, den Ball in die Gefahrenzone zu bringen.

Auf der linken Seite hätte Brumme, der vor allem in der erste Hälfte ein gutes Spiel machte, im zweiten Durchgang den ein oder anderen Gang mehr über die Außenbahn machen können, nahm jedoch immer wieder das Tempo aus dem Spiel. Womöglich hatten sich die Krämpfe in der Schlussminute schon länger angedeutet. Zwischen kurios und kämpferisch dann die Szene, als Brumme unmittelbar nach seiner Krampfbehandlung angespielt wurde und noch eine scharfe Flanke reinbringen konnte. Auf der rechten Seite verrannte sich Young in bekannter Manier und empfahl sich höchstens für eine Pause in den nächsten Partien.

Letztlich ein typisches Spiel, das man 1:0 gewinnen muss. Lässt man die angriffsschwachen Auer in Minute 17 nicht mit freiem Geleit über das Spielfeld marschieren und unterbindet den Konter mit einem taktischen Foul, hätte die Strafzahlung für die gelbe Karte wunderbar von der Siegprämie bezahlt werden können.

Immerhin ein kollektiver Tiefschlaf und nicht wieder ein individueller Fehler, der zum Gegentor führte. Das macht es dann doch etwas erträglicher.

Die Aufreger

Die großen Aufreger gab es nicht auf dem Rasen, so dass selbiger als Protagonist in dieser Rubrik herhalten muss. Zerpflückt wurde das weiche Geläuf nämlich nicht nur über 90 Minuten von den beiden Mannschaften, sondern auch von der Presse, die sich in der Liveübertragung, wie auch im Nachgang schriftlich, über den schlechten Zustand des Rasens ausließ.

Die Ursache des Problems dürfte grundsätzlich bekannt sein. Der frisch gesäte Rasen hatte scheinbar nicht die nötige Zeit, vernünftig im Boden zu verwurzeln. Wie sich dieser Zustand im laufenden Spielbetrieb – mit nur einer Woche Pause zum nächsten Heimspiel – beheben lässt, ist hingegen ungewiss.

Sofern sich tatsächlich zwei Spieler wegen des Rasenzustands verletzt haben sollten, wie rasch nach dem Spiel behauptet wurde, wäre das mehr als ärgerlich. Bastians, der schon nach dem Pokalspiel nicht an Kritik gespart hatte, soll das Feld immerhin mit dem Ausruf „Scheißplatz“ verlassen haben.

Fazit und Blick auf die nächste Aufgabe

Die Spielweise der Dabrowski-Elf, über weite Teile, macht nach wie vor Hoffnung, besser in die Saison zu starten, als wir es letztes Jahr getan haben. Die Naivität aus der ersten Drittligasaison dürfte Geschichte sein, wenn man an die gezeigten Leistungen anknüpfen kann. Die Ernte muss nur bald eingefahren werden, denn anstehende Aufgaben haben es in sich:

Mittwoch schon geht es zur Viktoria nach Köln, die mit voller Punktzahl gestartet ist und auch aus dem Pokaltriumph gegen Werder Bremen noch immer zehren dürfte. Gut ausgesehen hat RWE am Höhenburg noch nie. Von den letzten acht Gastspielen konnte nur eins gewonnen werden und das ist über zehn Jahre her.

Auf der anderen Seite sind das genau die Spiele, in denen RWE plötzlich brilliert. So wie letzte Saison in Mannheim oder in Freiburg, die bis dato auch noch kein Heimspiel verloren hatten.

Am Sonntag folgt dann das große Wiedersehen mit Preußen Münster, die in Bielefeld mit 0:4 unter die Räder gekommen und unsanft auf dem Boden der 3. Liga gelandet sind. Doch auch die sympathischen Adlerträger dürften irgendwann in der Liga ankommen und das Zepter – im Gegensatz zum Schwert – nicht kampflos hergeben.

NUR DER RWE!

Sebastian Hattermann