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2023/2024 – 3. Liga

1. FC Saarbrücken – Rot-Weiss Essen (1:1)

Nach einer gerechten Punkteteilung mit zwei unterschiedlichen Halbzeiten in Saarbrücken bleibt RWE weiter im Aufstiegsgeschäft. Unser Spielbericht ist online.

Vorbericht

Don‘t stop believin‘ – RWE arbeitet im Saarland am Aufstiegswunder

Es geht Schlag auf Schlag. Kaum ist der siegreiche RWE-Tross aus Mannheim heimgekehrt, da geht es auf die nächste Reise. Essen muss ins Saarland und da wartet ein echter Kracher. In einer Nachholpartie des 31. Spieltags empfängt der Tabellensechste den Tabellenfünften, dem Sieger der Partie winkt eine enge Tuchfühlung zum Relegationsplatz 3. Rot-Weiss fährt mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch zu dieser Partie, denn die ominöse Verlegung des regulären Termins im Vorfeld des Pokalhalbfinales der Saarbrücker gegen Kaiserslautern durch den DFB und auch die intransparente Rolle der Gastgeber und der Stadt Saarbrücken dabei, ließen im Sinne des Fairplays viele Wünsche offen. Es wäre daher schön, wenn die Essener ihre Motivation für das Match dadurch noch einmal ein wenig steigern könnten, auch wenn der letzte Auftritt bei Waldhof Mannheim keine Zweifel daran aufkommen ließ, dass RWE ohnehin an sich und seine Chance glaubt.

Das Personal, die taktischen Optionen und Anti-Social-Media

Der hart erkämpfte 2:0-Erfolg bei den Waldhöfern, den sich Rot-Weiss erst gute 72 Stunden vor dem Auftritt in Saarbrücken sichern konnte, war ein Beleg für den großen Teamgeist und die bedingungslose Leidenschaft der Bergeborbecker. Mit dem gefühlt letzten Aufgebot war RWE nach den Ausfällen der Stammspieler Marvin Obuz, Lucas Brumme und Vinko Sapina nach Baden-Württemberg gefahren, doch die Elf auf dem Feld hielt allen Angriffen der Waldhöfer stand und erzielte ihrerseits zwei Treffer, sodass Essen von den Patzern der Aufstiegskonkurrenz aus Sandhausen (1:2 gegen Bielefeld) und Dynamo Dresden (0:2 gegen Viktoria Köln) profitieren konnte.

Obwohl die Rot-Weissen eine famose Teamleistung geboten haben, bei der jeder Spieler für den anderen eingestanden und gekämpft hatte, dürfte Christoph Dabrowski froh sein, vor der Herkules-Aufgabe an der Saar wieder ein oder zwei Optionen mehr zur Verfügung zu haben. Ganz sicher kehrt Lucas Brumme zurück, der Linksverteidiger hat seine Gelbsperre abgesessen. Ob auch Vinko Sapina nach seinen Wadenproblemen grünes Licht gibt, muss abgewartet werden. Nur ein ganz fitter Sapina wird RWE bei diesem Match helfen können, bei dem erneut von jedem Akteur gefordert sein wird, ans Leistungslimit zu gehen. Das wird aufgrund der kurzen Regenerationszeit nach einem epischen Kampfspiel im Carl-Benz- Stadion schwer genug werden. Zumal der gastgebende Gegner bei diesem Nachholtermin auch noch mit einer um einen Tag längeren Spielpause für seine Mätzchen im Vorfeld des regulären Termins belohnt wird.

Ganz sicher wird Dabro seine Hintermannschaft neu oder besser wie gewohnt formieren. Das heißt für Sascha Voelcke, der in Mannheim dennoch zufriedenstellend auftrat, wird Lucas Brumme in die Startelf zurückkehren. Vor Gigant Golz werden wieder Rios Alonso, der Deutsch-Spanier wird immer stärker, und der von Essen nach wie vor wegen einer Vertragsverlängerung heiß umworbene Felix Götze spielen. Andreas Wiegel wird auf der rechten Außenbahn marschieren. Als rechter Verteidiger oder Schienenspieler? Falls das Essener Trainerteam erneut eine Dreierkette aufbieten und Alonso und Götze Musti Kourouma in einer Dreierkette dazu ordnen wird, gehören Wiegel und Brumme die Essener Flügel ganz „allein“.

Hinter Essens Kapitän steht ein Fragezeichen.

Mit dieser taktischen Ausrichtung startete Essen in Mannheim, nach gut einer Stunde nahm man jedoch Kourouma vom Feld und kehrte zu einer Viererkette zurück, bahnbrechende Unterschiede waren jedoch auch danach nicht zu erkennen, in beiden Systemen war Essen viel mit dem Verteidigen beschäftigt und tat dies jeweils mit enormer Hingabe und erzwang förmlich das Spielglück. Hier erscheint es als offen, wie Essen in die Partie gehen wird. Marvin Obuz wird mit Sicherheit noch einige Partien ausfallen und wird nur bei sehr guter Genesung seiner Muskelverletzung überhaupt noch einmal in der Liga eingreifen können. RWE gehen somit die Flügelspieler aus, wohl der Hauptgrund dafür beim Waldhof mit einer Dreier- bzw. Fünferkette zu starten, welche den einzelnen Außenbahnspieler fordert.

So fand sich Isi Young dort auch auf der Bank wieder und kam erst später nach der Systemrückkehr ins Spiel. An seiner Leistung schieden sich danach einmal mehr die Geister der Essener Spielbeobachter. Kaum ein Akteur erscheint derartig im Fokus der Netz-Kommentatoren wie der US-Boy. Kritik an Isis manchmal glücklosem, manchmal sogar etwas schlampigem Spiel ist natürlich völlig okay. Allerdings ist es beinahe zum Internet-Volkssport geworden, Young zum Sündenbock zu erklären und kein gutes Haar an ihm zu lassen. So etwas verlässt den Boden der Sachlichkeit und geht zu weit. An dieser Stelle sei die Frage erlaubt, inwiefern das gezielte und singuläre Bashing eines Spielers der Mannschaft in dieser Phase der Saison förderlich ist?

Auch in Hinblick auf Kapitän Sapina sparte die Anti-Social-Media-Fraktion einmal mehr nicht damit, sich selbst persönliche Armutszeugnisse auszustellen. Vor einigen Wochen dichtete man Sapina Kontakte zum Karlsruher SC an. Erst kürzlich war der RWE-Kapitän im Funke-Medien-Format „Vonne Hafenstraße“ zu Gast und verwies diese Geschichte ins Reich der Fabeln. Auch eine gewisse persönliche Betroffenheit darüber, wie schnell er Opfer der Fraktion der alternativen Faktenschaffenden wurde, war Sapina anzumerken. Haben die Urheber dieser Gerüchte irgendetwas daraus gelernt?

Mitnichten. Kaum war die Meldung eines Sapina-Ausfalls in Mannheim aufgrund von Wadenproblemen über den Äther gegangen, gingen die haltlosen Unterstellungen weiter, diesmal sollte es der SSV Ulm sein, zu dem es Sapina ziehe, die Verletzung selbstverständlich nur ein Vorwand. Ohnehin sei Sapina ein Wandervogel, dem es stets nach einer Saison zum nächsten Verein ziehe.

Ein kurzer Faktencheck beweist, diese Unterstellung ist nicht nur abgrundtief dämlich, sondern mutet böswillig an. Vinko Sapina spielte vor seinem Engagement an der Essener Hafenstraße bereits 9 Jahre im Seniorenbereich Fußball. Seine erste Station war der FC Memmingen, beim bayerischen Regionalligisten spielte Sapina zwei Jahre, dann zog es ihn zurück zu seinem Heimatklub Ulm, wo er satte 5 Spielzeiten verbrachte, bei seiner ersten Profistation in Verl lief Sapina dann zwei Jahre auf, bevor er sich Rot-Weiss Essen anschloss. Der Wandervogel, der jedes Jahr den Verein wechsle, tat das also in Wahrheit noch nie in seinem Leben und spielte im Schnitt 3 Jahre für einen Klub, im heutigen Fußballzirkus eher eine überdurchschnittliche Zeit.

Was das virale Bombenlegen bewirken soll, außer seinem eigenen Verein Knüppel zwischen die Beine zu werfen, bleibt das Geheimnis einer Gruppierung von Zeitgenossen, denen man nicht mehr Aufmerksamkeit schenken sollte, als sie tatsächlich verdienen. Unabhängig davon hängt es bei Vinko Sapina von seinem Genesungsprozess und bei Isi Young von der Entscheidung des Trainerteams ab, ob sie in Saarbrücken auf dem Feld stehen werden.

Ganz sicher dort auflaufen wird Torben Müsel. Müsel befindet sich nicht nur seit Wochen in bestechender Form, sondern zeigte in Mannheim neben einem erfolgreichen Torabschluss sogar Leader-Qualitäten. Essens Nummer 26 war Dreh- und Angelpunkt des RWE-Spiels und übernahm anstelle des fehlenden Sapina viel Verantwortung. Auch Cedric Harenbrock darf man erneut in der Startelf erwarten, spekulativer wird es bezüglich der Rollen von Thomas Eisfeld und Nils Kaiser. Geht RWE auf sein gewohntes System zurück, wird nur einer der beiden Spieler starten dürfen. Für Eisfeld sprechen seine Erfahrung und seine starken Standards, womöglich hat der Routinier aber in Mannheim zu viele Körner gelassen, weswegen dann die jugendliche Frische von Kaiser wieder ins Spiel käme.

Auch in vorderster Front darf spekuliert werden, wem das Vertrauen geschenkt wird. Zuletzt hatte sich stets Moussa Doumbouya für die Startelf qualifiziert, danach waren die Aktien von Ron Berlinski sogar besser als die von Leonardo Vonic. Vielleicht wurden in Mannheim die Aktien neu gemischt. Doumbouya mühte sich redlich, aber ergebnislos, als Berlinski ins Spiel kam, holte er sich eine dumme Gelbe Karte ab, als er den Ball, nachdem das Spiel schon unterbrochen gewesen war, dennoch ins Mannheimer Tor schoss und noch Jubelgesten vor den tobenden Heimblöcken vollführte. Leo Vonic hingegen war am Ende der Partie die Allegorie der Effizienz. Nur 17 Sekunden benötigte Vonic, um zunächst das Leder von der Mannheimer Deckung zu erobern und danach im Zusammenspiel mit Plechaty ganz Fußball-Essen mit seinem Treffer zum 2:0 zu erlösen. Vielleicht läuft Vonic, der im Hinspiel gegen Saarbrücken beim 2:1 Erfolg der Essener seinen ersten Profitreffer erzielen konnte, nun wieder von Beginn an auf.

Sandro Plechaty machte mit der Vorlage zum 2:0 in Mannheim auf sich aufmerksam.

Der Gegner: 1. FC Saarbrücken (33 Spiele / 53 Punkte / 13 Siege / 14 Unentschieden / 6 Niederlagen / 55:36 Tore / Differenz: +19)

Die Ausgangslage beim 1. FC Saarbrücken hat sich im Vergleich zum Ostertermin deutlich verändert. Nach dem Aus im Pokal schüttelten die Saarländer sich und legten eine Serie von vier ungeschlagenen Spielen, davon drei Siege unter anderem gegen Dynamo Dresden und den SV Sandhausen hin. Nach einer lange Zeit durchwachsen verlaufenden Saison spielt der FCS dem für Drittligaverhältnisse edlen Kader entsprechend und klopft kräftig an die Tür zur Relegation oder gar den direkten Aufstiegsplatz an.

Der stets unaufgeregte Trainer Rüdiger Ziehl setzt in der Regel auf eine Dreierkette, in der Kapitän Manuel Zeitz seine Mitspieler Dominik Becker, Lukas Boeder oder Boné Uaferro dirigiert. Uaferro und Zeitz waren in der letzten Saison schon eines der stärksten Abwehrduos der Liga mit der Verpflichtung von Dominik Becker im Sommer hat sich Saarbrücken noch einmal qualitativ verstärkt. Zwar kassierte der 1. FC Saarbrücken zuletzt immer mindestens ein Gegentor – das letzte Mal stand am 09. März gegen Aue die Null – allerdings können die Gegner des FCS die Abwehr meist nur über Standards und Fernschüsse knacken.

Auf den Flügeln wird gegen unsere Rot-Weissen Marcel Gaus aufgrund seiner 10. Gelben Karte das Spiel verpassen. Im Vergleich zum Rückspiel wird dafür Calogero Rizzuto mitwirken können, der für sehr viel Druck über die rechte Seite sorgt. Es ist gut, dass Lucas Brumme wieder in den Kader rückt, denn für diesen Gegenspieler wird er seine Routine ausspielen müssen.

Das Mittelfeldzentrum strahlt enorm viel Torgefahr aus. Schon beim Gastspiel in Essen war Tim Civeja einer der auffälligsten Akteure, er war unter den eigenen Anhängern jedoch umstritten. Diese dürften mittlerweile zufrieden mit ihrer Nummer 23 sein, denn Civeja treibt den Ball immer wieder nach vorne und ist an beinahe jedem gefährlichen Angriff der letzten Wochen beteiligt. Während Patrick Sontheimer auf der Sechs das Spiel dirigiert, wird das Mittelfeldzentrum von einem besonderen Spieler komplettiert, nämlich Luca Kerber. Das Eigengewächs der Saarbrücker spielt eine starke Saison und wird unabhängig vom Abschneiden der Saarbrücker einen Aufstieg hinlegen, denn er unterschrieb beim 1. FC Heidenheim und steigt höchstwahrscheinlich direkt in die Erste Liga auf.

Auch im Sturm ist Saarbrücken bestens aufgestellt, so verwundert es nicht, dass die Offensive die Drittbeste in Liga 3 ist. Pokalheld Patrick Brünker ist ohnehin unbarmherzig vor dem gegnerischen Kasten und zusätzlich sicherte sich der FCS nach den schweren Verletzungen von Patrick Schmidt und Sebastian Jacob die Dienste von Simon Stehle von Hannover 96. Stehle zündet ebenfalls und bildet mit Patrick Brünker ein kongeniales Duo.

Angesichts des namhaften Kaders wird Rot-Weiss Essen ein weiteres Mal mit allem, was sie haben, kämpfen müssen, um Punkte mit nach Essen zu nehmen. Saarbrücken ist ungemein spielstark, hier muss RWE von Anfang an gegenhalten und die Räume nutzen, die sich bieten. Mit der Leistung und dem Quäntchen Spielglück aus dem letzten Auswärtsspiel ist jedoch vieles möglich. Dies zeigte zuletzt 1860 München, das trotz 45-minütiger Unterzahl mit einer kämpferischen Leistung dem 1. FC Saarbrücken noch einen Punkt abtrotzte.

Vergoldet den Auswärts-Dreierpack!

Fazit und über den Tellerrand geschaut: Die Lage in der Dritten Liga

Es steht ein klassisches Sechspunktespiel an, für beide Teams geht es um viel, und zwar darum den Traum vom Aufstieg weiterleben zu dürfen. Für RWE wäre es nicht nur ein Traum, sondern angesichts der Erwartungen, mit denen man in die Saison gestartet war, sogar förmlich ein Wunder. Das Essener Team ist bereit. Egal, welche Formation gewählt wird und wer in dieser auflaufen wird, Rot-Weiss wird sich erneut einer physisch starken gegnerischen Mannschaft ausgesetzt sehen, die vor allem bei Standards, gegen den SV Sandhausen markierte Saarbrücken drei Kopfballtore in einer Halbzeit, aber auch im Umschaltspiel über den schnellen Stehle ihre Aktien in Sachen Torgefahr hat. RWE kann nur mit erneuter 1907 Prozent Hingabe bestehen.

Dennoch wird im Ludwigspark nicht über das Wohl und Wehe der Saison entschieden werden. Derzeit hat Preußen Münster (58 Punkte) 4 Zähler Vorsprung vor RWE und sogar 5 vor Saarbrücken, beide Teams müssen punkten, um sich heranzuschieben. Für den lange Zeit uninspirierten und am Ende nur mit einem Zähler beendeten Auftritt in Bielefeld musste Essen viel Kritik einstecken. Es habe am letzten Willen gefehlt, war häufiger zu hören und zu lesen. In Mannheim zeigte RWE ein anderes Gesicht und holte sich den Dreier. Muss der auch in Saarbrücken unbedingt her?

Die Partien werden weniger. Viermal tritt Essen nach dem Saarbrücken-Match noch an und muss ohnehin auf zumindest einen Patzer von Preußen Münster hoffen. Mit einem Remis im Ludwigspark würde sich Rot-Weiss bis auf drei Zähler an die Preußen heranschieben, hat aber auch das noch deutlich schlechtere Torverhältnis. Nur mit einem Dreier atmet man den Adlerträgern also richtig in den Nacken und würde zudem an Dynamo Dresden vorbeiziehen. Kehrt man mit gänzlich leeren Händen heim aus dem Saarland verschlechtern sich die Aktien wohl signifikant. Aber in dieser verrückten Liga wäre auch in diesem Fall noch nicht alles verloren. Überhaupt gilt für Rot-Weiss Essen und seine Anhänger in dieser schon jetzt tollen Saison das Motto „Don’t stop believin‘! Die Mannschaft und ihr Trainer haben sich dieses Vertrauen verdient!

NUR DER RWE!

Sven Meyering und Hendrik Stürznickel

Spielbericht

Gerechte Punkteteilung nach zwei unterschiedlichen Halbzeiten in Saarbrücken

Sascha Voelcke brachte RWE in einer starken Halbzeit mit einem sehenswerten Treffer in Führung, doch der ehemalige Rot-Weisse Kasim Rabihic belohnte nach seiner Einwechslung das Heimteam für eine gute zweite Hälfte mit dem Ausgleichstreffer zum 1:1 Endstand.

Das Personal

Christoph Dabrowski nahm einige Änderungen in der Startformation vor und kehrte zur Viererkette zurück, sodass Mustafa Kourouma wieder auf der Bank Platz nahm. Wenig überraschend kehrte Lucas Brumme auf die Position des linken Verteidigers zurück und ergänzte damit das angestammte Innenverteidiger-Dou um Felix Götze und José-Enrique Ríos Alonso in der Viererkette, hinter der natürlich Jakob Golz das Tor hütete. Als Rechtsverteidiger begann, wie schon gegen Duisburg und in Bielefeld, Nils Kaiser. Andreas Wiegel rückte dafür auf die offensive rechte Außenbahn.

Auf der gegenüberliegenden Seite überraschte Dabrowski mit dem dritten Startelfeinsatz von Sascha Voelcke, sodass sich Isaiah Young trotz des Personalmangels auf den Flügeln zum zweiten Mal in Folge nur auf der Ersatzbank wiederfand. In der Mittelfeldzentrale ersetzte Thomas Eisfeld den weiterhin verletzten Kapitän Vinko Sapina, neben ihm lief wie gewohnt Torben Müsel auf. Zentral offensiv spielte Cedric Harenbrock hinter Leonardo Vonic, der nach seinem Joker-Tor in Mannheim nun den Vorzug vor Moussa Doumbouya erhielt.

Vonic ging nach achtundsechzig überwiegend glücklosen Minuten vom Feld und wurde durch Ron Berlinski ersetzt, der jedoch ebenfalls nicht seinen besten Tag erwischte und zwölf Minuten vor Schluss freistehend auf Höhe des Elfmeterpunktes über den Ball trat, wodurch die Chance auf den möglichen Siegtreffer verpasst wurde. Zeitgleich zum Wechsel im Sturmzentrum kam Björn Rother für den gelb vorbelasteten Thomas Eisfeld ins Spiel. Fünf Minuten später nahm Dabrowski den nächsten Doppelwechsel vor und ersetzte die offensive Flügelzange bestehend aus Voelcke und Wiegel positionsgetreu durch Young und Plechaty.

Die Pluspunkte

In einer starken ersten Hälfte nahm RWE die Gastgeber fast völlig aus dem Spiel und ging durch eine kuriose Eckballvariante früh in Führung: Es waren gerade mal sieben Minuten gespielt, da landete die Ecke hinter der Strafraumgrenze bei Torben Müsel, der den Ball an die Latte hämmerte und Sascha Voelcke dadurch die Chance gab, den Abpraller volley im Netz zu versenken. An die zuletzt starken Standardsituationen konnte RWE in Minute 20 anknüpfen, als ein schöner Freistoß von Thomas Eisfeld am Innenpfosten landete. Trotz optischer Überlegenheit hatte RWE aus dem Spiel heraus keine nennenswerten Torgelegenheiten, Saarbrücken hingegen hatte wenig vom Spiel, durch Simon Stehle, der am wieder einmal überragenden Jakob Golz scheiterte, jedoch die dickste Gelegenheit, nachdem Felix Götze nach 25 Minuten einen langen Ball falsch eingeschätzt und mit dem Kopf in den Lauf des Saarbrückers verlängert hatte.

In Halbzeit 2 ergab sich ein ähnliches Bild wie bereits in Mannheim, als sich der Kräfteverschleiß bemerkbar machte und RWE mit einer tollen Defensivleistung viele Chancen der Gastgeber vereitelte – José-Enrique Ríos Alonso war dabei der Turm in der Schlacht und der vielleicht beste Essener Feldspieler an diesem Abend.

Auf keinen Fall aber darf Trainer Christoph Dabrowski in dieser Kategorie fehlen, denn dass aus drei schweren Auswärtsspielen in zehn Tagen fünf Punkte entführt werden konnten, ist maßgeblich ihm zu verdanken. Nils Kaiser, der vor der Saison bereits die Freigabe zum Vereinswechsel hatte, erhielt von Dabrowski im wichtigen Duisburg-Derby das Vertrauen, sein Startelf-Debüt auf der ungewohnten Rechtsverteidiger-Position zu geben und stand seitdem viermal in Folge von Beginn an auf dem Rasen. Er machte seine Sache in Saarbrücken gut und spielte folgerichtig erstmals über 90 Minuten durch. Auch die sicherlich überraschende Maßnahme, Isi Young auf die Bank zu setzen und Sascha Voelcke den Vorzug zu geben, zahlte sich sofort in Form des zweiten Saisontreffers der Nummer 2 aus.

Durch die Verletzungen der Top-Neuzugänge Sapina und Obuz waren unter den 15 in Saarbrücken eingesetzten Spielern mit Vonic und Brumme nur zwei Neuzugänge und dennoch hält sich RWE weiterhin hartnäckig im Rennen um den Relegationsplatz – ein klares Indiz für Dabrowskis Verdienst am rot-weissen Höhenflug.

Die Knackpunkte

Der Auswärtsmarathon der letzten Wochen hat Spuren hinterlassen, in Halbzeit 2 ging RWE sichtlich auf dem Zahnfleisch und wurde von einer starken Saarbrücker Mannschaft hinten reingedrängt. Der Ausgleichstreffer durch den eingewechselten Ex-Essener Kasim Rabihic nach 70 Minuten war daher folgerichtig, wenngleich dieser viel zu frei an der Strafraumkante zum Abschluss kam. Knackpunkt war auch weniger der Sturmlauf der Saarbrücker, die in der Schlussphase „All In“ gehen mussten, um in der Tabelle Tuchfühlung nach oben zu wahren, sondern die schlecht ausgespielten Kontermöglichkeiten.

Gegen weit aufgerückte Saarbrücker, die hinten oftmals Mann gegen Mann verteidigten, ergaben sich in der Schlussphase große Räume, die von RWE aufgrund falscher Entscheidungsfindung und schlechter Zuspiele jedoch viel zu selten genutzt werden konnten. Christoph Dabrowski dürfte sich im negativen Sinne auch bezüglich seiner Startelfentscheidungen bestätigt gefühlt haben, denn die Einwechslungen brachten nicht die erhoffte frische Energie im Spiel nach vorne.

Der Aufreger

Die MagentaSport-Experten waren sich einig, dass Torben Müsel nach einer Stunde Spielzeit einen per Kopfball verlängerten Einwurf im Strafraum mit dem Arm angenommen und anschließend aus der Gefahrenzone geklärt hatte. Ganz so eindeutig, wie in der Expertenrunde dargestellt, waren die Bilder nicht, RWE hatte jedoch in dieser Situation das Glück auf seiner Seite.

Fazit und die Lage der Liga

Mit vier Punkten aus den Gastspielen in Mannheim und Saarbrücken kann RWE in Summe hochzufrieden sein. Vier Spieltage vor Schluss beträgt der Rückstand auf den Drittplatzierten Preußen Münster nun ganze drei Punkte, aufgrund des schlechteren Torverhältnisses muss RWE jedoch selbst bei zwei Patzern der Münsteraner alle seine Spiele gewinnen. Das Ziel formulierte Christoph Dabrowski daher klar: Wenn es nach ihm geht, dürfen die RWE-Fans weiterträumen und dafür muss die englische Woche mit einem Heimsieg gegen Ingolstadt am Sonntag beendet werden!

Nur der RWE!

Dominik Gsell