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2020/2021 - Regionalliga West

SV Rödinghausen – Rot-Weiss Essen (1:1)

Nur eine gute Halbzeit und ein ausbleibender Elfmeterpfiff reichen nicht aus für den Auswärtserfolg in Rödinghausen und so trennen sich die Vereine wie im Vorjahr 1:1.

Vorbericht

In Rödinghausen alle Essener Sinne für das Spiel schärfen!

Fußball-Regionalligist Rot-Weiss Essen biegt am Mittwochabend im Wiehengebirge beim SV Rödinghausen in das letzte Quartal der Saison ein. In der Hinrunde holten sich die Essener 28 von 30 möglichen Punkten aus diesen Partien und brennen darauf, diese Bilanz zumindest zu wiederholen. Soll ein Funke Aufstiegshoffnung erhalten bleiben, wird das auch nötig sein. Nach wie vor souverän wirkt Tabellenführer Borussia Dortmund 2 bei seinen Auftritten. Allerdings büßte die kleine Aktiengesellschaft gegen die nun für sie anstehenden 9 Gegner vor der Winterpause 7 Zähler ein. Eine Statistik, die RWE Mut machen darf. Jedoch sollten die Essener bei ihrer Partie beim Amigo-Klub die volle Konzentration auf den Platz und den Gegner richten. Weder für das schöne Wiehengebirge noch für die zeitgleiche Begegnung der Dortmunder in Münster sollte Essen auch nur einen Funken Konzentration opfern. Es gilt alle Sinne auf den SVR zu schärfen, sonst müssen rot-weisse Rechenspiele immer kreativer werden.

Rot-Weiss darf sich auf einen heißen Tanz einstellen. Obwohl viele Protagonisten der Vorjahre nicht mehr mit an Bord sind oder die Farben gewechselt haben, sind die vielen kleinen Scharmützel, die zwischen den Vereinen und deren Fangruppen ausgetragen worden waren, nicht vergessen. Auf den Rängen wird es ruhig bleiben, denn bekanntlich werden normale Zuschauer außen vor bleiben und es kann nicht erneut zu heißblütigen Wortduellen zwischen RWE-Anhängern und gut behüteten Heimfans auf der Haupttribüne kommen. Auf dem Feld dürften die Gastgeber jedoch große Ambitionen haben, den Essenern einen vorentscheidenden Rückschlag zu verpassen. Der Vorjahresmeister hat seinen großen personellen Aderlass insgesamt gut verkraftet und spielt eine Saison, welche der von Rot-Weiß Oberhausen vergleichbar ist. Das heißt, es reicht nicht, um weit oben anzuklopfen, aber sehr wohl dazu, um ein sehr unangenehmer Gegner zu sein.

Rödinghausen ist auch in diesem Jahr ein unangenehmer Gegner.

Rödinghausen ist bislang die einzige Mannschaft, welche den BVB 2 in der Liga besiegen konnte. Ende November 2020 siegte die Truppe von Nils Drube mit 2:1 gegen ihren Ex-Trainer Enrico Maaßen. Hauptverantwortlicher war Yassin Ibrahim, dem beide Treffer gelangen. Der 21 Jahre alte Ibrahim hat insgesamt 9 Treffer auf dem Konto, was bei erst 23 Saisoneinsätzen eine gute Quote ist. Augenmerk sollte Essen auch auf Sturmtank Ba-Muaka Simakala richten, der 12 Saisontore erzielt hat und dem Vernehmen nach bei höherklassigen Interessenten auf dem Einkaufszettel steht. Der bullige Angreifer, der nur schwer vom Ball zu trennen ist, war im Hinspiel an der Hafenstraße auffällig, bei Daniel Heber jedoch insgesamt in guten Händen. Der Ex-Rot-Weisse Enzo Wirtz hat mit 5 Saisontoren noch nicht voll gezündet, was am Mittwoch gerne auch so bleiben darf. Bekannte Gesichter aus den zurückliegenden Duellen mit dem SVR sind Kapitän Daniel Flottmann, mittlerweile fußballbiblische 36 Lenze alt, sowie Linksverteidiger und Unsympath Angelo Langer. Den Tabellensechsten zeichnet eine äußerst robuste Spielweise aus, die im Duell mit höher einzustufenden Mannschaften darauf ausgerichtet ist, durch aggressive Zweikampfführung dem Gegner den Spaß am Spiel zu nehmen und bei Ballgewinnen schnell nach vorne umzuschalten, wo die bereits erwähnten Ibrahim und Simakala lauern. Auf die Essener wartet eine harte Aufgabe, die unbedingt mit einem Dreier gelöst werden muss, um in der Verlosung des Aufstiegstickets bleiben zu können.

RWE befindet sich auf fremden Plätzen seit Jahresbeginn in der Krise. Fünf Auftritte blieben ohne Sieg, gar dreimal fuhr Essen mit ganz leeren Händen nach Hause. Mit Fug und Recht darf man sagen, dass diese Auswärtsmisere im Falle eines Falles den einzig wahren Roten die Saison versaut hat. Denn Zuhause läuft es weiterhin gut für RWE. Am vergangenen Samstag siegte die Neidhart-Elf locker und leicht mit 5:0 gegen Gelsenkirchens Zweite. Am Ende trafen sogar die Sorgenkinder. Isi Young beendete seine monatelange Torflaute und schrie seine Erleichterung in den ostersamstäglichen Himmel und Maxi Pronichev netzte nach seiner Einwechslung zum Endstand ein. Die anschließende versöhnliche Geste mit Christian Neidhart signalisierte, dass Proni bereit ist, seine zweifelsohne vorhandenen Qualitäten für RWE auf dem Platz reinzuwerfen.

Während in der Mittelfeldzentrale wieder alle Mann an Bord sind, fallen einige Defensivspieler weiter aus.

Ansonsten überzeugten sowohl Jan Neuwirt als auch Jonas Hildebrandt als Außenverteidiger, Positionen, auf denen Essen aktuell verletzungsgebeutelt ist. Auch Kevin Grund wird wohl neben Sandro Plechaty weiter ausfallen. Da Ali Hahn noch an seiner Corona-Erkrankung laboriert – er befindet sich nach Vereinsangaben auf dem Wege der Besserung – wird Essen wohl erneut mit Felix Herzenbruch neben Daniel Heber in der Innenverteidigung auflaufen, was bislang gut gelungen ist. Kapitän Marco Kehl-Gomez steht nach seiner Gelbsperre wieder zur Verfügung. Man darf gespannt sein, ob er von Beginn an in die Mannschaft rotiert. Offensiv klappt die Variante mit dem ballsicheren Steven Lewerenz auf dem Flügel relativ gut. Young kann von der Bank als Joker seine Schnelligkeit gegen bereits ermüdete Gegenspieler sichtbar besser ausspielen als in der Startelf. Ganz vorne wird Simon Engelmann bei seiner Rückkehr ins Wiehengebirge sicherlich gesetzt sein. Engel traf zwar gegen Gelsenkirchen nicht, legte jedoch zweimal vor dem Tor auf, einmal für Grote, das nächste Mal für Lewerenz. Die kleinen Königsblauen waren der passende Aufbaugegner für RWE, um in die Erfolgsspur zurückzufinden. Vor allem die Räume, die Essen immer wieder fand, werden in Rödinghausen voraussichtlich sehr viel enger werden.

Das Hinspiel war ein echter Abnutzungskampf um jeden Zentimeter Rasen, Essen behielt jedoch verdient mit 2:0 die Oberhand. Ein Ergebnis, mit dem man sich nun ohne wenn und aber erneut anfreunden könnte. In Oberhausen fehlte RWE nicht viel zum ersehnten Dreier. Dass Sven Kreyers schwach geschossener Elfer in der Nachspielzeit Daniel Davari unter dem Körper her ins Tor rutschte, brachte diesem für alle RWE-Anhänger so bitteren Treffer sogar eine Nominierung zum „Kacktor des Monats“ bei Arnd Zeiglers wunderbarer Welt des Fußballs ein. Das passt zur rot-weissen Situation der letzten Wochen, die häufig ein negatives Momentum bereit hielt.

Auf dem Wunschzettel: Erfolge gegen den Abgesang von RWE!

Mittlerweile ist RWE als Aufsteiger auch von den Medien bereits abgeschrieben. Auch das Szenemagazin „Elf Freunde“ beklagte schon, dass Essen auch diese Saison nicht aufsteigen werde. Ist das durchaus ehrlichem Bedauern geschuldet, sind andere Vorkommnisse unschön. Im Essener Fanforum werden Wetten auf das Scheitern der Neidhart-Elf angeboten und auf den Social Media Kanälen werden die eigenen Spieler angezählt und beleidigt. Das ist schlichtweg indiskutabel und regt zum Fremdschämen für diese Menschen an, die Urheber solcher Handlungen sind. Alle Jahre wieder, von himmelhochjauchzend zu zum Tode betrübt, so präsentiert sich die Hafenstraße 97 A. Es sind noch zehn Saisonspiele zu absolvieren und der Abgesang auf RWE schlichtweg verfrüht. Aber natürlich können die Essener der These, dass das Rennen um Platz 1 noch einmal Spannung aufnehmen könnte, nur mittels eigener Erfolge Nahrung geben. Dazu gehört auch, den ersten Auswärtssieg im Jahre 2021 einzufahren. Darauf muss Rot-Weiss alle seine Sinne schärfen und ausrichten. Das wäre nicht nur eine Belohnung für sich selbst, sondern auch für alle Anhänger, die trotz diverser Enttäuschungen nicht bereit sind, die Saison abzuschenken und aufzugeben.

NUR DER RWE!

Sven Meyering

Spielbericht

RWE kann Auswärtsschwäche in Rödinghausen nicht stoppen

Die Frage nach zwei verlorenen oder einem gewonnenen Punkt stellte sich für Rot-Weiss Essen schon vor dem Spiel nicht. Durch den Rückstand auf den ersten Platz musste RWE möglichst alle Duelle bis zum Saisonende gewinnen. Gerade vor dem Hintergrund des Dortmunder Stolperers in Münster ärgert das Unentschieden in Rödinghausen doppelt. Für sich genommen war der Punktgewinn bei durchaus starken Zwiebelliebhabern aller Ehren wert, durch die Auswärtsschwäche im Jahr 2021 genügte das Ergebnis jedoch nicht den hohen Ansprüchen an der Hafenstraße.

Dabei wollte Christian Neidhart die Erfolgsformel vom vergangenen Samstag erneut anwenden. Überraschend ließ er Kapitän Marco Kehl-Gomez auf der Bank und ließ die Mannschaft starten, die der Zweitvertretung aus Gelsenkirchen das Leben schwermachte. Dass die Stärken vom Samstag nicht zur Geltung kamen, lag vor allen Dingen an einer sehr erwachsenen Abwehr aus Rödinghausen, die sich so gar nicht damit abfinden wollte, dass die Essener durch ihre Reihen wirbelten.

Zunächst schien der Spielplan von Neidhart aufzugehen. Rot-Weiss behauptete den Ball vom Anstoß an und ließ den Gegner laufen. Viele Chancen ermöglichte dies nicht. Lediglich in der dritten Minute traf Steven Lewerenz leider den Ball nicht nach einer scharfen Flanke von Jonas Hildebrandt. Ansonsten hatte RWE ganz klar Feldvorteile, wurde aber nicht gefährlich. Auch Rödinghausen konnte sich keine Möglichkeiten erspielen, bis Felix Herzenbruch 20 Meter vor dem eigenen Tor rustikal in den Zweikampf ging. Die Essener Bank protestierte zwar, allerdings muss man zugestehen, dass Herzenbruch mit gestrecktem Bein in seinen Gegenspieler grätscht, selbst wenn er den Ball zuerst spielt, was im Stream nicht zu sehen ist.

Die Entfernung war perfekt für einen Freistoß, 20 Meter und mittig vor dem Tor. Im Vorbericht warnte Jawattdenn.de bereits vor Ba-Muaka Simakala, völlig zurecht, wie sich jetzt zeigen sollte. Simakala traf den Ball perfekt und zirkelte ihn ins linke Toreck. Da gab es mal gar nichts für Daniel Davari zu halten. Schon lief RWE in der Fremde wieder einem Rückstand hinterher. Solche Standardtore sind ärgerlich, sie passieren aber, und bei noch ausstehenden 75 Spielminuten war noch nichts verloren.

Problematisch war allerdings, dass Rot-Weiss seine Feldüberlegenheit weiterhin nicht in Torchancen ummünzen konnte. In der ersten Halbzeit neutralisierten sich die Teams fortan weitestgehend. Halbwegs brauchbare Torchancen hatten lediglich Jonas Hildebrandt, der nach einer scharfen Flanke von Oguzhan Kefkir aus spitzem Winkel ans Außennetz köpfte, und Simon Engelmann, der den gegnerischen Torwart ausguckte, den Ball jedoch deutlich übers Tor schoss.

Das 1:0 für die Hausherren hatte also zur Halbzeit Bestand und insgesamt kam von Rot-Weiss zu wenig nach vorne. Gerade im Vergleich zur zweiten Halbzeit wirkten die Vorstöße zu behäbig und pomadig, um Rödinghausens starke Defensive wirklich in Bedrängnis zu bringen. Christian Neidhart setzte ein Zeichen, indem er Marco Kehl-Gomez für Jonas Hildebrandt brachte, der noch einer der auffälligeren Akteure des Essener Kaders war.

Nichtsdestotrotz präsentierten sich die Rot-Weissen nach der Pause deutlich giftiger und konsequenter als in der ersten Hälfte. Zunächst zahlten sich die Bemühungen aber noch nicht aus. Neidhart ersetzte nach einer Stunde den blassen Steven Lewerenz durch Isaiah Young. Kurz nach dem Wechsel kam Amara Condé im Halbfeld zu Fall. Der Gefoulte nahm den Freistoß selbst in die Hand bzw. den Fuß und zirkelte den Ball in den Strafraum. Dort fand er den Kopf von Daniel Heber, der den Ball perfekt traf und im Tor versenkte. Der dritte Treffer von Heber markierte den Ausgleich und es war noch eine gute halbe Stunde Zeit, um den erlösenden Führungstreffer zu erzielen.

Die Essener öffneten immer weiter, da sich durch das Unentschieden in Münster die Chance ergab, Punkte auf den Spitzenreiter gut zu machen. In der 71. Minute wurde es für Schiedsrichter Tobias Severins knifflig, denn Rödinghausens Verteidiger spielte den Ball klar sichtbar mit der Hand. Severins entschied auf Stürmerfoul aufgrund eines Ziehens. Das Trikotziehen ist nach mehrfacher Sichtung der Bilder nicht zu sehen. Dies war eine bittere Fehlentscheidung aus Sicht der Ruhrgebietler.

Das Fokussieren auf die Offensive ermöglichte den Rödinghausern immer wieder, zu kontern. Die beste Möglichkeit hatte dabei noch einmal Simakala, der in bester Timo-Werner-Manier aus kurzer Distanz das Tor nicht traf. Das wäre die Entscheidung gewesen, aber jetzt konnte RWE zur Schlussoffensive ansetzen. Die RWE-Kicker kämpften, kratzten und bissen. Drei Minuten vor Schluss hatte Daniel Heber, wieder einmal unbedrängt durch einen Kopfball, die beste Möglichkeit, den Sieg an die Hafenstraße zu holen. Allerdings ging sein wuchtiger Flugkopfball knapp über das Tor.

Am Ende blieb nach großem Kampf die Punkteteilung bestehen, die RWE weiter im Kampf um die Tabellenspitze zurückwirft. Hier muss sich die Mannschaft die Frage gefallen lassen, ob der Einsatz der zweiten Hälfte nicht schon im ersten Durchgang möglich war. Es gab hier bei einem fußballerisch starken Gegner dennoch die Chance, die Punkte mitzunehmen. Der Abstand bleibt nun bei neun Punkten und das bei nur noch neun verbleibenden Spielen.

Es bleibt aber nichts anderes übrig, als sich zu schütteln und weiterzumachen. Klar war vor dem Spiel gegen Rödinghausen genau wie vor den folgenden Spielen, dass Rot-Weiss jedes Spiel gewinnen muss und Unentschieden bereits zu wenig sind. Es folgen zwei Heimspiele, in denen die Hausaufgaben ohnehin gemacht werden müssen. Die Auswärtsschwäche muss nun aber endgültig abgelegt werden, um die theoretische Chance wenigstens zu wahren. Da Rot-Weiss gegen alle sechs weiteren Clubs des obersten Tabellendrittels gespielt hat, sollten sich Möglichkeiten ergeben. Aufgeben gilt nicht, denn Essener geben niemals auf!

Hendrik Stürznickel

Fotos by M.R.

Fotos by M.E.