25.10.2019

Zwischen Fake-News und Fortuna – RWE vor nächster Auswärtsaufgabe

von Redaktion

Die Hürde Bergisch-Gladbach haben die Essener am vergangenen Samstag übersprungen und wichtige Zähler gesammelt. Mit Letzterem macht der Rot-Weisse Tross am kommenden Samstag bei der Zweitvertretung von Fortuna Düsseldorf am besten sogleich weiter. Auch diese Aufgabe erscheint machbar, worin sogleich eine Gefahr zu suchen ist. RWE ist wie üblich der große Favorit, während der Gastgeber aus einer proklamierten Underdog-Rolle heraus ebenso üblich nichts zu verlieren hat.

Fortuna Trainer Nico Michaty betont daher besonders den personellen Aderlass beim Tabellenfünfzehnten, der nach solidem Start zuletzt nur einen Sieg aus den letzten 5 Partien holen konnte. Gegen die Roten aus Essen fehlen den Düsseldorfern mindestens 4 Spieler gesperrt oder aus Verletzungsgründen. Darunter auch der letztjährige RWE-Angreifer Max Wegener, der sich bei der Abschiedsparty der SG Wattenscheid 09 in der Lorheide den roten Karton abholte. Die Rollenverteilung scheint daher im Paul-Janes-Stadion noch eindeutiger zu sein als schon ohnehin. Aber leider ist die Bilanz der Essener aus den letzten Partien nur etwas besser als die der Fortuna. Das 2:1 bei Schlusslicht Bergisch-Gladbach beendete bekanntlich eine Niederlagenserie von 3 Partien und offenbarte zudem wieder Schwächen im RWE-Spiel. Die größte davon bleibt die Chancenverwertung.

Auch am vergangenen Samstag hätten die Ruhrgebietler den sprichwörtlichen Deckel auf das Spiel längst drauf gemacht haben müssen, als Bergisch durch einen Sonntagsschuss auf 1:2 herankam und die Gäste völlig unnötig noch einmal um den Sieg zittern ließ. Das Gegentor war dabei bezeichnend. Der gegnerische Spieler Hill wusste offenbar nicht, wohin mit dem Ball. Da schoss er ihn aus fast 30 Metern einfach rein ins RWE-Gehäuse. Auf der Gegenseite fehlt RWE diese Einfachheit manchmal ein Stück weit. Mit Ausnahme von Oguzhan Kefkir ist kein Akteur wirklich abschlussfreudig und häufig übertreibt RWE das Kombinieren und scheint den Ball ins Tor des Gegners tragen zu wollen. Hinzu kommt dann auch noch Pech. Einen leicht abgefälschten Schuss von Marco Kehl-Gomez entschärfte Bergisch-Keeper Cebulla mit dem Gesicht. Das war fast schon eine Slapstick-Einlage, die verdeutlicht, dass den Roten das Toreschießen insgesamt schwer fällt, während die Gegner aus sehr wenig recht viel machen. Eine Konstante der letzten Wochen. Wendet man das ins Positive, so ist weiterhin augenscheinlich, dass sich RWE mit Ausnahme der wirklich schwachen Partie gegen Fortuna Köln in jeder Partie eine hohe Anzahl an Gelegenheiten herausspielt. Das ist wiederum ohne wenn und aber ein Qualitätsmerkmal und nährt die Hoffnung auf  einen weiteren Auswärtsdreier am Samstag in Düsseldorf.

Eine spannende Frage ist dabei die des von Christian Titz an den Start zu bringenden Personals. Wird erneut Jakob Golz das Tor anstelle von Marcel Lenz hüten? Golz machte seine Sache in Bergisch-Gladbach sehr solide, beim Gegentor war er machtlos, auch wenn es sicherlich spitzfindige Zeitgenossen geben mag, die den Hammerschuss ins linke Tordreieck als haltbar ansehen. Was passiert weiterhin mit Marcel Platzek, Enzo Wirtz und Jonas Erwig-Drüppel, die wieder zum Kader gehörten? Rotieren in diesen wieder andere Spieler hinein, namentlich Joshua Endres, Hamdi Dahmani oder Hedon Selishta? Titz wird die Antwort öffentlich wie immer erst kurz vor dem Spielbeginn geben. Die sicherlich erneut zahlreich mitreisenden RWE-Anhänger werden dann am Flinger Broich ihren Teil zu einer hoffentlich erfolgreichen Auswärtsfahrt beitragen. Diese ist vor allem auch deshalb wichtig, da es nun offiziell ist, dass die SG Wattenscheid 09 den Spielbetrieb der ersten Mannschaft einstellen wird. RWE kostet diese Entwicklung 3 errungene Punkte, der SC Verl hingegen hält sich gänzlich schadlos.

Apropos Auswährtsfahrt und RWE-Anhänger.... die folgenden Zeilen sind immer schwierig zu formulieren und um Missverständnissen vorzubeugen, schickt Jawattdenn eine Art „Leseanleitung“ voraus. Am vergangenen Samstag kam es bei der Rückreise von ca. 120 RWE-Fans in einem Regionalexpress zu einer Begegnung mit Rückreisenden der großen Demo gegen den türkischen Kriegseinsatz gegen Kurden im Nord-Irak und zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen einem Teil der Essener Anhänger und Teilen von kurdischen Demo-Teilnehmern. Diese gingen nach ersten Aussagen der Polizei von Essenern aus. Diejenigen, welche sich für strafbare Handlungen verantwortlich zeigen, sind auf das Schärfste zu verurteilen. Sie schaden dem Verein Rot-Weiss Essen und seinem gesamtem bundesweitem Ansehen. Hierüber kann und darf es keine zwei Meinungen geben. Die nachfolgenden Zeilen richten sich ebenfalls nicht gegen den Einsatz der Polizei, die einen schweren und oft zu wenig gewürdigten Job macht. Aber basierend auf der sich nun langsam klärenden Faktenlage halten wir einige Worte dennoch für angebracht.

Die mediale Aufbereitung und deren Rezeption durch die Allgemeinheit folgte leider wieder zu sehr altbekannten Mustern, und zwar denen der Pauschalisierung, der eine ebenso undifferenzierte Diffarmierung hinterherkam. Am Samstagabend musste man nach übereinstimmenden Meldungen der Funke-Mediengruppe und auch des WDR, beides verbreitete sich dann bundesweit, davon ausgehen, dass alle 120 RWE-Fans an der Aggression beteiligt gewesen wären. Zumindest wurde das billigend in Kauf genommen, denn die Zahl 120 entsprach letztlich nur der Gesamtzahl der Essener im Zug. Da regte sich bereits der Zorn über diese Leute, die dem Image des Vereins, aber auch Menschen, die das Pech hatten zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen zu sein, solchen Schaden zufügten. Am nächsten Tag waren es dann „50 Strafanzeigen gegen RWE-Anhänger“. Hatte sich die Zahl der Aggressoren nun bereits mehr als halbiert, so war auch diese Hausnummer immer noch schlimm genug. Sogleich wurde man auch wieder angesprochen darauf, was RWE für ein enormes Gewaltproblem habe, dass dieser Verein allein deswegen nicht in den Profifußball gehöre und weitere sattsam bekannte Formulierungen bahnten sich ihren verbalen Weg, die wenig von einer notwendigen Differenzierung erkennen ließen. Spürbar ist in solchen Situationen auch immer der Vorwurf, der mitschwingt, so als sei man als Angesprochener selber einer der Gewalttäter. Hier wünscht man sich schlichtweg, dass einfach mal die Füße still gehalten werden, bis mehr über die Sachlage bekannt geworden ist.

Mittlerweile gibt es mehr Informationen über die Vorfälle, wenn auch keine abschließende Urteilsbildung möglich erscheint. Nach heutigen Berichten der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ habe die Polizei die Personalien aller 120 Personen, die als Essener Anhänger erkennbar gewesen seien, aufgenommen, um mithilfe späterer Ermittlungen aus diesen den deutlich kleineren Kreis von tatsächlich gewalttätigen Personen herauszufiltern. Desweiteren habe sich die Zahl der 50 Personen, gegen die laut Presse vom Sonntag Strafanzeige erstattet worden sei, aus der Anzahl der Anhänger ergeben, die sich in dem entsprechenden Zugabteil aufgehalten hätten, in dem es zu den Auseinandersetzungen gekommen sei. Laut Aussagen des Düsseldorfer Bundespolizeisprechers Armin Roggon vom Dienstag lägen aber tatsächlich nur zwei Strafanzeigen vor, eine wegen Körperverletzung sowie eine weitere wegen Landfriedensbruch. Seine Kollegin von der Bundespolizei St. Augustin habe am Sonntag von insgesamt 50 Anzeigen gesprochen. Seltsame Veränderungen in den Zahlen. RWE-Chef Marcus Uhlig gab gegenüber der WAZ an, dass seinen Kenntnissen nach die Gruppe der Essener Anhänger, welche involviert in die Auseinandersetzungen gewesen wären, 4-5 Personen groß gewesen sei. Fazit, hier ist auch sehr viel Stochern im Nebel zu erkennen und am Ende schrumpft die Zahl von 120 Personen, die einen marodierenden Mob implizierte, auf ein Minimum dessen zusammen. Und auch für diese Personengruppe gilt gemäß dem deutschen Strafrecht zunächst die Unschuldsvermutung, bis die Ermittlungen etwas anderes zutage fördern. Ist es zu hart, hier von Fake-News zu reden?

Um es nochmals zu betonen, jeder mit RWE in Zusammenhang stehende Mensch, der sich zu Gewalttaten sowie Diskriminierungen jeglicher Art hinreißen lässt, ist einer zu viel. Auch jeder dadurch geschädigte Mensch ist einer zu viel. Und diese Aussage dürfen wir durchaus auf die gesamte Gesellschaft pauschalisieren. Aber auch jeder zu Unrecht mit den Tätern in einen Topf geworfene Fußballfan, der nicht mehr getan hat, als zur falschen Zeit im falschen Zug zu sitzen, ist einer zu viel. Und Jawattdenn.de stützt Marcus Uhlig, der betont: „Ich verwehre mich energisch gegen ein vorschnelles Pauschal-Urteil über alle RWE-Fans.“ Das Problem dabei ist jedoch, dass Meldungen über außer Kontrolle geratene Fußball-Anhänger weitaus mehr Publicity und Klicks einbringen, als die spätere deutliche Relativierung der Vorkommnisse. Am Samstag und bei allen weiteren RWE-Auswärtsreisen können wir daher nur daran appellieren, dass ein jeder immer vor Augen haben sollte, dass es gewisse Werte gibt, der alle Menschen verpflichtet sein sollten. Gewalt, Rassismus und jegliche weitere Form von Ausgrenzung kotzen einen jeden vernünftigen Fußballfan einfach nur an und als Allerletztes sind die Leute, die dagegen verstoßen, im Namen von Rot-Weiss Essen unterwegs.

NUR DER RWE

Sven Meyering