17.08.2017

2:0 beim FC Kray - Pflicht erfüllt

von Dominik Gsell

Fünf Tage ist es erst her, dass die Rot-Weissen im DFB-Pokalspiel gegen Borussia Mönchengladbach knapp an einem Erstligisten gescheitert waren - nun wartete mit dem FC Kray im Essener Stadt-Derby ein Sechstligist auf das Team von Sven Demandt. Für RWE bedeutete dies, aus der ungeliebten Rolle des Favoriten heraus das Spiel machen zu müssen und entsprechend entwickelte sich ein Geduldsspiel, das auf den Rängen nicht unbedingt für begeisterte Gesichter sorgte, letztlich jedoch das aus RWE-Sicht gewünschte Ergebnis brachte.

Die Startformation wurde im Vergleich zum DFB-Pokal auf fünf Positionen verändert: Im Tor gab Marcel Lenz sein Pflichtspieldebüt an Stelle von Robin Heller. Außerdem rückte Robin Urban für Jan-Steffen Meier in die Innenverteidigung, Timo Becker übernahm die defensive, rechte Außenbahn von Dennis Malura, Cedric Harenbrock vertrat Kevin Grund im linken Mittelfeld und David Jansen ersetzte als Sturmspitze Marcel Platzek.

Kray bemühte seinen bescheidenen Möglichkeiten entsprechend den Betonmischer und zog sich tief in die eigene Hälfte zurück - im Zentrum wurden die Räume extrem eng gemacht, auf den Flügeln konsequent gedoppelt und so dauerte es fast eine Viertelstunde bis zur ersten, richtigen Torchance: Nach einer Ecke kam David Jansen am zweiten Pfosten zum Kopfball und setzte den Ball an selbigen. In der Folgezeit bemühte sich RWE, viele Angriffe über die linke Seite vorzutragen, wo Unzola und Harenbrock in Halbzeit 1 mit guter Unterstützung Benjamin Baiers die Aktivposten darstellten. Nach Zusammenspiel Baiers und Harenbrocks geriet der Abschluss des Kapitäns nach 16 Minuten zu schwach, drei Minuten später jedoch wurde Baier erneut von Harenbrock ganz stark in Szene gesetzt und war nur durch ein Foul zu stoppen. Den anschließenden Freistoß setzte er selbst knapp drüber.

Nach einer Kombination über Pröger und Becker erreichte nach 22 Minuten die flache Hereingabe David Jansen, dessen Versuch aus 11 Metern jedoch geblockt wurde. Ein erneuter Vorstoß von Unzola zur Unterstützung Harenbrocks landete als Flanke im Krayer Fünfer, wurde jedoch ebenfalls von dort geklärt. Die große Stärke des Demandt'schen 4-2-3-1 erweist sich immer wieder auch als Schwäche: Die defensive Stabilität hat stets Vorrang und die Spieler agieren sehr positionsgetreu, um bei Ballverlusten schnell in die Grundordnung zurückzukehren. Das macht es für den Gegner unheimlich schwierig, im Falle eines Konters Lücken in einer ungeordneten Defensive zu finden, es erleichtert ihm jedoch auch die Defensivarbeit.

Überraschende Überladungen einer Seite sind absolute Ausnahmen - eine solche erwies sich jedoch in der 34. Minute als hilfreich, das Krayer Bollwerk ein wenig auseinanderzuziehen. Timo Brauer war unterstützend auf die linke Seite gelaufen, positionierte sich hinter Cedric Harenbrock und leitete dessen Pass direkt auf den nachrückenden Unzola weiter. Ein Krayer Sechser musste aus dem Zentrum herausrücken und RWE verlagerte den Ball über 2 Stationen auf Benjamin Baier, der von der Strafraumkante zum Abschluss kam. Nach 40 Minuten war es wieder Timo Brauer, der mit einem Ballgewinn einen Angriff einleiten konnte. Gegen die endlich mal etwas aufgerückten Krayer konnte RWE jedoch kein Kapital aus dem Platz schlagen, da sich Harenbrock festdribbelte.

Kurz vor dem Pausentee hätte ein von Torwart Lenz unterlaufener 40-Meter-Freistoß dann fast das Spiel auf den Kopf gestellt, doch Zeiger konnte den Ball nach flacher Hereingabe noch von der Linie kratzen. Den anschließenden Eckball fing der Keeper dann sicher und schickte Timo Becker auf die Reise. Nach einem Sprint über das gesamte Feld landete seine Flanke jedoch im Abseits. Der Pausenpfiff folgte dann im Anschluss an ein Scharmützel zwischen David Jansen und seinem Gegenspieler. Der Essener Stürmer hatte bereits vor dem Pausenpfiff wenig positive Aktionen zu vermelden und knüpfte in Halbzeit 2 daran an, als er - mit Ausnahme einer Ablage auf Harenbrock zwei Minuten nach Wiederbeginn, die dieser neben den Kasten setzte - in der Platzek-Rolle wie ein Fremdkörper wirkte.

Nachdem Kray nach einer Stunde einen Eckball per Kopf ans Außennetz setzen konnte und die RWE-Offensive völlig zum Erliegen gekommen war, reagierte Sven Demandt und stellte seine Mannschaft um. Timo Brauer ging vom Platz, für ihn kam Kevin Grund und rückte auf seine angestammte linke Seite. Harenbrock rückte als zweite Spitze nach vorn, Baier zog sich weiter zurück und übernahm Brauers Platz. Obwohl die erste Chance nach der Umstellung wieder den Krayern gehörte - ein Schuss aus der zweiten Reihe ging am Kasten vorbei - sollte sich die taktische Maßnahme als gelungen erwiesen. Wenn David Jansen sich fallen ließ und verfolgt wurde, taten sich nun Räume für den agilen Harenbrock auf. Zunächst konnte Jansen selbst jedoch einen Ball toll auf Kevin Grund weiterleiten, den dieser aus kurzer Distanz im langen Eck zur erlösenden Führung versenken konnte.

Fünf Minuten später leitete wieder Jansen selbst mit einem Pass auf Baier kurz hinter der Mittellinie einen Angriff ein: Baier spielte einen fantastischen Diagonalball auf Harenbrock, den dieser als flache Hereingabe dem eingelaufenen Jansen servierte. Kray konnte den Abschluss gerade eben noch zur Ecke klären, doch nach dieser - getreten von Kevin Grund - kam Urban per Kopf dem Krayer Keeper zuvor und der Rettungsversuch eines grünblauen Abwehrspielers fand schließlich den Weg ins eigene Tor zur Vorentscheidung.

Sowohl personell als auch taktisch hatte Sven Demandt mit seinen Umstellungen die richtigen Entscheidungen getroffen, Kevin Grund belebte das Offensivspiel und die Umstellung auf ein 4-4-2 mit Cedric Harenbrock an Jansens Seite verschaffte diesem mehr Entfaltungsmöglichkeiten. Das zuvor durchgeführte Experiment mit Jansen als alleinigem Platzek-Vertreter im Sturmzentrum des angestammten 4-2-3-1 muss jedoch (nicht nur heute) als gescheitert betrachtet werden. Mit Tomiak für Becker, sowie Remmo für Harenbrock durften in den Schlussminuten noch zwei der rot-weissen Eigengewächse wichtige Einsatzminuten sammeln. An den letzten beiden, dicken Chancen waren sie jedoch nicht mehr beteiligt: Nach jeweils guter Vorarbeit durch Kai Pröger schob zunächst Kevin Grund den Ball in die Arme des Krayer Keepers, ehe Baiers Schuss aus ähnlicher Position in Richtung der Frillendorfer Autobahnauffahrt flog und der gute Schiedsrichter die Partie beendete.

Das Gerede von Krampf oder zwei Gesichtern ist nach einem 2:0-Pflichtsieg im Niederrheinpokal reichlich unangebracht, RWE hat über 90 Minuten aus dem Spiel heraus keine Gefahr aufkommen lassen und bleibt seiner Linie unter Sven Demandt eben auch gegen unterklassige Gegner treu. Dass dabei im Duell mit extrem defensiven Krayern kein Feuerwerk entsteht, stellt keine Überraschung dar und so ist das Spiel auch weder mit dem Liga-Alltag, noch mit dem DFB-Pokal-Highlight zu vergleichen. Interessant war es daher viel eher, die Spieler aus der zweiten Reihe bei ihren überwiegend wenig erfolgreichen Empfehlungsschreiben für die erste Elf zu beobachten.

Sollte die Stammelf aus dem DFB-Pokal zum Spiel gegen Köln II komplett fit sein, wird es wohl keine Änderungen geben. Cedric Harenbrock konnte einen guten Eindruck hinterlassen, hat jedoch noch körperliche Defizite, die ihm in der Regionalliga zunächst eine Joker-Rolle mit Perspektive auf mehr bescheren dürften. Im Tor hat Heller die Nase vorn vor seinem Herausforderer Lenz, der seine Sache zwar insgesamt ordentlich machte, kurz vor der Pause mit seinem Ausflug beim Freistoß jedoch fast einen Gegentreffer verschuldete. Timo Becker macht als solides Back-Up Druck auf Malura, wird sich jedoch ebenso hinter diesem anstellen müssen, wie der bis zur Umstellung wenig überzeugende Jansen hinter Marcel Platzek. Ob Robin Urban wieder auf die Bank muss, hängt davon ab, ob Jan-Steffen Meier gegen Köln II in der Innenverteidigung aufläuft oder doch ins defensive Mittelfeld rückt, wo er sowohl Nico Lucas als auch Timo Brauer verdrängen könnte.