16.10.2015

...und jährlich grüßt das Autobahnkreuz!

von Dominik Gsell

Sieben Jahre und zwei Monate ist es mittlerweile her, dass sich Rot-Weiss Essen erstmals in einem Pflichtspiel mit dem damaligen Oberliga-Aufsteiger Sportfreunde Lotte duellierte.

Der einzige Sieg beim ersten Spiel am Lotter KreuzIm Spiel 1 nach der Lübeck-Katastrophe zerlegte das rot-weiße Starensemble um Sascha Mölders den Gastgeber standesgemäß mit 4:1. Bei der anschließenden Humba mit Doppeltorschütze Stefan Kühne waren sich die mitgereisten Anhänger sicher, den Betriebsunfall Viertklassigkeit mit dem sofortigen Wiederaufstieg zu korrigieren und kein zweites Mal über die A1 zum belächelten Dorfverein reisen zu müssen.

Wie so oft in der rot-weissen Vereinsgeschichte wurde jedoch selbst der Super-GAU noch übertroffen und so geht es am Sonntag zum siebten mal in acht Jahren zu einem Auswärtsspiel der Regionalliga West ins Tecklenburger Land. Die Vorzeichen haben sich dabei gewaltig verschoben, denn dank finanzstarker Sponsoren hat sich der Dorfclub binnen kürzester Zeit zu einem Regionalliga-Schwergewicht entwickelt und RWE sportlich den Rang abgelaufen. Das 4:1 vom 15.08.2008 bleibt bis heute der einzige Auswärtserfolg bei den Sportfreunden und der damalige Zaunkönig Kühne vollbrachte im Frühjahr das Kunststück bereits zum zweiten mal in seiner Laufbahn – diesmal als Co-Trainer – vom RWE-Hof gejagt zu werden.

Gut möglich, ihn früher oder später in Diensten der Sportfreunde zu sehen, denn mit Wiwerink, Gorschlüter, Maczkowiak, Zinke, Czyszczon, Stachnik, Sidney, Schnier, Pagano, Klauke, Yildirim (als Trainer), Bilgin, Koep, Pires, Langlitz und Freiberger fanden bereits 16 Ex-RWEler den direkten oder indirekten Weg zum Sportpark am Lotter Kreuz. Doch nicht nur die hohe Fluktuation der kickenden Belegschaft in Richtung Nordost verleiht dem historisch unbedeutsamen Duell besondere Brisanz, schließlich hat sich in den vergangenen Jahren zusätzlich zur allgemeinen Abneigung gegen neureiche Dorfclubs auch eine handfeste Rivalität bis in die Vereinsgremien hinein entwickelt.

Mit seinen unhaltbaren Vorwürfen im Zuge der Wettaffäre 2012 erzürnte Lottes Fußball-Obmann Manfred Wilke das gesamte RWE-Lager und trat eine mediale Schlammschlacht los, die ein Jahr später eine rot-weisse Horde dazu veranlassen sollte, trotz Niederlage ihre ganz eigene Party in Lotte zu feiern - selbst die offen zugängliche Pressekonferenz des frisch gebackenen Regionalligameisters wurde mit nicht jugendfreien Gesängen bereichert. Zu allem Überfloss vergeigten die Sportfreunde auch noch die Relegation, sodass man sich im Folgejahr erneut gegenüberstand. Diesmal konnte nicht einmal die abgedrehte Stadionbeleuchtung die mitgereisten Roten davon abhalten, bis weit nach Spielschluss die inzwischen traditionelle „Meisterfeier“ im Stadion am Autobahnkreuz abzuhalten.

Überführter Fahnenstangendribbler Cebio SoukouDas letzte Aufeinandertreffen beider Mannschaften (1:1 im Dezember 2014) landete aufgrund der positiven Dopingprobe Cebio Soukous sogar vor dem Sportgericht, wo RWE der Punkt abgezogen, den Sportfreunden allerdings kein Sieg zugesprochen wurde - wieder polterte Wilke und die Geschichte beider Vereine war um eine Kuriosität reicher. Vor dem insgesamt dreizehnten Aufeinandertreffen beider Mannschaften am 13. Spieltag 2015/2016 steht allerdings der sportliche Aspekt im Vordergrund, denn die gut gestarteten Sportfreunde könnten mit einem Sieg die Tabellenführung erobern und RWE auf 12 Punkte distanzieren. Umgekehrt würde ein Auswärtserfolg den Rückstand auf 6 Punkte (bzw. 7 auf Gladbach II) reduzieren und die Hoffnungen auf eine spannende Saison befeuern. Zuletzt zeigte die Formkurve klar nach oben, wenngleich in den starken Partien gegen Verl und Viktoria Köln am Ende nur zwei Punkteteilungen zu Buche standen und auch der Pokalsieg in Uerdingen erst nach Verlängerung eingetütet war.

Lotte benötigte für den 3:1-Pokalerfolg über Drittligist Preußen Münster nur die regulären 90 Minuten und unterstrich mit diesem dicken Ausrufezeichen die eigene Favoritenrolle. Im Kalenderjahr 2015 musste die Mannschaft von Ismail Atalan erst zwei Niederlagen hinnehmen und ist daheim seit 10 Spielen ungeschlagen. Prunkstück ist die Defensive um Keeper Benedikt Fernandez, der in 11 Spielen erst 8 mal hinter sich greifen musste. Vorne trug Rückkehrer Kevin Freiberger sich bereits sechs mal in die Torschützenliste ein und erzielte damit ein Drittel aller Lotter Treffer.

Auch RWE konnte bisher 18 Treffer erzielen, die besten Torschützen kommen jedoch nur auf jeweils 3 Saisontore (Baier, Studtrucker, Soukou). Gefahr strahlte das Team in den letzten Begegnungen vor allem über Standardsituationen aus und konnte sich gegen Viktoria Köln sowie in Uerdingen auf die Innenverteidiger Zeiger und Windmüller verlassen.

Beim Triumph an der Grotenburg feierten mit Moritz Fritz und Marwin Studtrucker zwei Spieler ihr Comeback nach Verletzungen und stellen für Jan Siewert am Sonntag wichtige Alternativen dar. Insbesondere das Fehlen Studtruckers machte sich in der Offensive schmerzlich bemerkbar, ein Startelfeinsatz kommt für ihn aber vermutlich zu früh. Da der in Krefeld verletzt ausgewechselte Marcel Platzek bereits Entwarnung gab, wird er wohl auch diesmal mit Kevin Behrens die Doppelspitze bilden. Letzterer konnte in Uerdingen vor allem durch seine physische Präsenz überzeugen und wird diese auch gegen die unbequeme Lotter Defensive wieder in die Waagschale werfen müssen.

Nach Viktoria Köln wartet der nächste Ligagegner, der RWE vor allem körperlich alles abverlangen wird. Ein torreiches Fußballfest steht nicht unbedingt zu erwarten, stattdessen deutet vieles auf einen hart geführten Abnutzungskampf hin. Die wiederentdeckte Stärke bei Standards sowie die stabilisierte Defensive geben dabei durchaus Anlass zur Hoffnung, diesen Sonntag etwas Zählbares vom Autobahnkreuz mitnehmen zu können.


Hinweise zum Auswärtsspiel in Lotte

Am kommenden Sonntag trifft Rot-Weiss Essen im Sportpark am Lotter Kreuz auf die Sportfreunde aus Lotte. Anpfiff der rot-weissen Begegnung beim derzeitigen Tabellenzweiten der Regionalliga West ist um 14.00 Uhr.

RWE-Fans erreichen das Stadion in Lotte mit öffentlichen Verkehrsmitteln über den Bahnhof Lengerich. Von dort aus fahren gegen 12.30 Uhr zwei Shuttle-Busse der RVM zur Lotter Heimspielstätte.

PKW und Fan-Busse führt die Autobahn A 1 zum Spielort. Am Autobahnkreuz Kreuz Lotte / Osnabrück rechts halten und den Schildern A 30 in Richtung Hannover / Osnabrück folgen. Nach ca. 400 m die Ausfahrt 15 Hasbergen-Gaste abfahren und danach links abbiegen auf die Rheiner Landstraße. Nach ca. 900 m im Kreisverkehr die 2. Ausfahrt (Osnabrücker Straße) in Richtung Lotte nehmen. Nach ca. 2,5 km links abbiegen in den Kornweg (entsprechend der Beschilderung Gästeparkplatz) und weiter geradeaus fahren bis zum Stadioneingang „Gäste“.

Das Stadion öffnet am Spieltag um 12.30 Uhr. Fahnen und Transparente dürfen im Sportpark am Lotter Kreuz ausschließlich an den Wellenbrechern befestigt werden.

Tickets für die Begegnung sind im Vorverkauf noch bis einschließlich Freitag um 15.00 Uhr im Fanshop an der Hafenstraße zu folgenden Preisen (inklusive Vorverkaufsgebühr) zu erwerben:

Stehplatz: 9,50 Euro
Sitzplatz: 15,00 Euro
Ermäßigte Stehplatzkarten sind nur an der Tageskasse erhältlich.

Spielort:
Sportpark am Lotter Kreuz
Jahnstraße 8
49504 Lotte