03.02.2014

Das hat gesessen!

von Hendrik Stürznickel

Es gibt für jede Niederlage null Punkte. Es gibt jedoch Niederlagen, die schmerzen weitaus mehr als andere. Am Freitag tat es richtig weh, dabei ist objektiv gesehen eigentlich nichts weiter passiert als eine einfache Niederlage. RWE spielt ohnehin nur noch um die goldene Ananas und so könnte es doch weniger wichtig sein, was am Freitag geschah. Und doch formiert sich Widerstand in der Fanszene. Das Spiel ist nun schon einige Tage her. Mit vielen Stunden Schlaf seit der Partie ist dies der Versuch einer Rückschau.

Über 7.000 Zuschauer hatten nach 20 Minuten nicht mehr viel zu lachenDamit hätten die Zuschauer nicht gerechnet, waren die Ergebnisse zuletzt durchaus ansehnlich. Vor der Winterpause stabilisierte sich die Leistung und dementsprechend fuhr die Mannschaft Punkte ein. Dabei sind insbesondere die Auftritte gegen Lotte und Bochum II herauszuheben, die zeigten, dass das Team auch gegen Mannschaften bestehen kann, die sehr viel Qualität mitbringen. Nach der Winterpause dann die kleine Sensation gegen die Viktoria, die mit einem schier unglaublichen finanziellen Aufwand die eigene Mannschaft aufrüstete und dennoch nur einen Punkt gegen RWE gewann. Nun kam der „kleine“ SC Wiedenbrück, der die Tabelle von unten beobachtet. Das sollte doch kein Problem sein.

Dementsprechend trat die Mannschaft auch auf. Wiedenbrück stürmte mit sehr viel Herzblut in die Partie und doch war es der junge Lucas Arenz von RWE, der sich ein Herz fasste und ein Traumtor erzielte. Aus bestimmt 20 Metern zog er ab und der Ball ging in den Winkel. Als wiederum Arenz gefoult wurde und es folgerichtig Elfmeter gab, erhöhte Kevin Pires-Rodrigues zum 2:0. Die Zuschauer konnten zufrieden sein, denn nach 16 Minuten schien das Spiel gelaufen zu sein.

Dann erfolgte eine unerklärliche Wende. Bereits in Halbzeit Eins schaltete Rot-Weiss mindestens drei Gänge zurück. Bei sechzig zu spielenden Minuten gegen einen Gegner, der so gar nicht Kanonenfutter sein wollte, kann dies nicht funktionieren. Doch der Anschluss war ärgerlich. Alexander Langlitz, der einen rabenschwarzen Tag erwischte, bekam den Ball an die Hand und auch hier gab es den völlig unstrittigen Elfmeter, den Marwin Studtrucker souverän verwandelte.

An ihm lag es bestimmt nicht - Youngster Lucas ArenzZur Halbzeit war die Rot-Weisse Welt in Ordnung. Zwar war bereits deutlich, dass es mit der Leistung der letzten fünfzehn Minuten nicht weitergehen konnte, doch das Ergebnis war in Ordnung. Der Rest ist vielfach kommuniziert worden. Gegen die zweite Halbzeit waren die letzten fünfzehn Minuten der ersten Halbzeit noch Powerfußball. Der Sturm war harmlos, das Mittelfeld ideenlos, die Abwehr hilflos. So konnte einem Daniel Schwabke schon beinahe leidtun. Bereits zehn Minuten nach der Pause setzte sich Sebastian Sumelka nach einer Ecke durch und erzielte den Ausgleich. Hier sah auch der Keeper nicht gut aus, denn der Ball war durchaus haltbar. Schwabke stand allerdings zu weit vor dem Tor.

Drei Minuten später dann das Unfassbare. Am eigenen Strafraum dribbelte Alexander Langlitz und wurde bedrängt. Anstatt den Ball wegzuschießen passte er quer in die Spielfeldmitte, wo weit und breit kein Essener stand. Dafür nutzte die aufgerückte Wiedenbrücker Offensivabteilung den krassen Aussetzer aus und machten den Siegtreffer (Studtrucker, 59.). Dass das Ergebnis „nur“ 3:2 lautete liegt allein an der mangelhaften Chancenauswertung Wiedenbrücks.

Was folgte war ein gigantischer Shitstorm, dessen Ausmaße bei allem eigenen Frust doch überraschten. Alles wurde infrage gestellt. Die Mannschaft sollte bitte sofort gehen. Der Trainer ist ja sowieso allenfalls in der Hobbyliga richtig aufgehoben, schließlich hat er doch die Frechheit besessen Kai Nakowitsch einzuwechseln. Und dann wurde der Schlüssel für die Niederlage endlich gefunden. Es lag an den zwei Spielern, die bei Ecken an der Eckfahne stehen.

Ratlosigkeit ob der LeistungDie Niederlage soll hier weiß Gott nicht banalisiert werden, es war wirklich unbegreiflich, dass RWE diese 2:0-Führung aus der Hand gegeben hat, aber die Banalität mancher Kritik ist mindestens ebenso schwach wie dieses Fußballspiel. Deutlich wurde, dass RWE ohne Platzek momentan wenig Gefahr ausstrahlt. Es war die Chance für Benedikt Koep, der sich selbst ja deutlich besser als Regionalliga sieht, sich auszuzeichnen. Dies wurde vertan. Benjamin Wingerter und Alexander Langlitz sind als „Drecksäue“ und Führungsspieler geholt worden. Einmal mehr wurden sie diesen Erwartungen nicht gerecht.

Darüber hinaus sieht man, wie wichtig Vincent Wagner in der Abwehrkette ist. Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass nur mit dem Spieler Wagner alles besser geworden wäre, aber die Abwehr mit ihm präsentierte sich zuletzt deutlich sicherer als am Freitag. Auch der Spieler Wagner wurde von vielen Fans zuletzt kritisch gesehen. Dies sollte man nach dem Wiedenbrückspiel überdenken.

Bleibt nur noch die Frage nach der Einstellung. Klar, es haben acht Spieler gefehlt, aber auch die taugen nicht als Ausrede. Uwe Harttgen hat völlig Recht, wenn er von unprofessionellem Verhalten spricht. Dementsprechend sollten solche Spiele bei der Saisonplanung berücksichtigt werden. Der O-Ton beweist allerdings, dass Harttgen das Problem erkennt. Hoffen wir ganz eigennützig, dass der Wunsch nach einem Anschlussvertrag irgendwann doch die Kräfte freisetzen wird, damit solche Spiele demnächst nicht abgeschenkt werden.


Jawattdenn-Spielerbewertung

Daniel Schwabke
Schwabke
[4]
Alexander Langlitz
Langlitz
[5+]
Jerome Propheter
Propheter
[4+]
Maik Rodenberg
Rodenberg
[4]

Roberto Guirino
Guirino
[4+]

Benjamin Wingerter
Wingerter
[4]
Markus Heppke
Heppke
[4]
Kevin Pires-Rodrigues
Pires-Rodrigues
[4]
Kevin Grund
Grund
[4]
Lucas Arenz
Arenz
[3]
Benedikt Koep
Koep
[5+]
Christian Sauter
Sauter
[4-]
Holger Lemke
Lemke
[o.B.]
Kai Nakowitsch
Nakowitsch
[o.B.]

Rot-Weiss Essen

Schwabke, Langlitz (64. Lemke), Propheter, Rodenberg, Guirino, Wingerter (60. Sauter), Arenz, Heppke, Pires-Rodrigues, Grund (72. Nakowitsch), Koep

 

SC Wiedenbrück

Hölscher, Volkmer, David Czyszczon, Sumelka, Rogowski, Strickmann (73. Njambe), Brisevac, Zech, Studtrucker (80. Kaptan), Knetsch, Bednarski (89. Kücükyagci)

 

Tore

1:0 Arenz (3.), 2:0 Pires-Rodrigues (16. Foulelfmeter), 2:1 Studtrucker (29. Handelfmeter), 2:2 Sumelka (57.), 2:3 Studtrucker (59.)

 

Zuschauer

7.234

 

Schiedsrichter

Fabian Maibaum (Hagen)

 

Gelbe Karten

Wingerter (48.) - Knetsch (90.+2)

 


Spieler des Spiels 21. Spieltag - Lucas Arenz