14.09.2013

Ein Spiel dauert 90 Minuten - oder aber auch 2 x 45!!!

von Dominik Bardt

Es ist schon erstaunlich mit welchen Konstanz Rot-Weiss Essen immer wieder zwei Gesichter in nur einem Spiel zeigen kann. Zum wiederholten Male verpennten die Jungs von Waldemar Wrobel die ersten 45 Minuten, um dann in der zweiten Hälfte aus einer fast sicheren Niederlage zumindest noch ein Unentschieden zu erkämpfen.

90 Minuten Support von der Westtribüne, aber auch berechtigte Pfiffe zur HalbzeitErstaunlich auch, wie der Aufsteiger aus Krefeld in der ersten Halbzeit mit allen Mann die Räume in der eigenen Hälfte des Spielfeldes extrem eng machte und mit starken Pressing die RWE-Elf immer wieder verunsichern konnte. Meistens waren es gleich zwei oder drei Uerdinger, die den ballführenden Essener attackierten. Doch in der 2. Halbzeit war davon absolut gar nichts mehr zu sehen.

Es war das erste richtige Freitagabend-Fluchtlichtspiel in dieser Saison an der Hafenstraße (das Spiel gegen Aachen begann ja schon eine Stunde früher unter Sonnenschein) und die Rahmenbedingungen dafür konnten besser nicht sein. Nach neun Jahren strömten gut 1.500 Grotifanten ins Stadion Essen (Zuschauerzahl gesamt: 9.517). Am Bahnhof Bergeborbeck fühlten sich knapp 600 von Ihnen angeblich so von RWE Fans provoziert, dass sie Flaschen und Dosen als Wurfgeschosse nutzten und die Polizei sich so genötigt fühlte, die Hafenstraße bis zur Star-Tankstelle zu sperren. Im Stadion zeigten die Krefelder dann jedoch eine gelungene Einlauf-Choreo und waren auch über die gesamte Spielzeit aktiv im Support.

Die Uerdinger – die von Schiri Christian Fischer dazu verdonnert wurden, ihre orangefarbenen Auswärtstrikots mit gelben Leibchen zu verzieren – schnürten RWE früh ein und zwangen ihre Gegenspieler mit starkem Pressing immer wieder zu Fehlern. Rot-Weiss ließ sich schon früh den Schneid abkaufen, gewann nur wenig Zweikämpfe und überließ dem KFC in regelmäßiger Häufigkeit die „zweiten Bälle“. Zu diesem Zeitpunkt fehlte nicht nur der nötige Biss, sondern auch der so oft beschworene Kampfeinsatz.

Kaffee auf - Waldemar Wrobel in der ersten HalbzeitUnd so bettelte RWE regelrecht um den Rückstand. Dass dieser dann wieder einmal durch einen – völlig unnötigen – Elfmeter folgte, spiegelt die aktuelle Unsicherheit in der Hintermannschaft wider. In der 18. Spielminute holzte Michael Laletin Moses Lamidi ohne Not im Strafraum um, sodass es nur die logische Konsequenz geben konnte. Auch wenn Philipp Kunz die Ecke ahnte, verwandelte der gebürtige Essener Issa Issa den fälligen Strafstoß sicher. Und Uerdingen blieb weiter spielbestimmend. Zwar erzielte Knappmann zwischenzeitlich den Ausgleich, dieser wurde jedoch aufgrund einer Abseitsstellung von Schiedsrichter Fischer nicht anerkannt. Viel mehr konnte RWE in der ersten Hälfte nicht bewegen und so war es nicht verwunderlich, dass der KFC durch einen von vielen ehemaligen RWE-Spielern erhöhte. Emrah Uzun gelang kurz vor dem Halbzeitpfiff das 0:2.

Mit dem Seitenwechsel schien Waldemar Wrobel auch eine komplett neue Mannschaft aufs Feld geschickt zu haben. Zwar kamen nur Benedikt Koep und Holger Lemke in die Partie (draußen blieben Wingeter und Sawin), aber Rot-Weiss kam mit dem schon bekannten zweiten Gesicht aus der Kabine. Koep und Lemke waren es dann auch, die endlich mal für Gefahr in der Spielhälfte von Uerdingen sorgten. „Bene“ Koep setzte das erste Zeichen und rüttelte Mannschaft und Fans mit einem Lattentreffer wach. Und nur wenige Minuten später war es wieder Koep, der im Strafraum zu Fall kam und den nächsten Elfmeter in dieser Partie herausholte. Erinnerungen an das Spiel gegen Leverkusen II wurden wach. 0:2-Rückstand und Christian Knappmann schnappt sich das Leder. Damals scheiterte Knappmann vom Punkt. Diesmal nicht. Knappmann drosch den Ball satt in die Mitte und ließ den ohnehin nicht sicher wirkenden Samulewicz (faustet Bälle lieber, statt sie zu fangen) keine Chance.

Von Uerdingen war nichts, aber auch gar nichts mehr zu sehen. Wahrscheinlich auch deswegen brachte Eric van der Luer nun den Ex-Essener Meik Kuta, der mit seiner Schnelligkeit die Konter für den KFC setzen sollte. Kuta war es dann auch, der nach einem Konter die einzige Chance für Uerdingen in Halbzeit zwei und das vermeintliche 3:1 durch Lamidi auflegte. Doch auch hier entschied das Schiedsrichtergespann auf Abseits. Nicht die einzige Parallele zur vorherigen Halbzeit. Denn wie schon in Halbzeit eins sollte auch jetzt in der letzten Minute noch ein Tor fallen. Michael Laletin gelang der viel umjubelte Ausgleich.

Der Schiedsrichter gab zwar noch ein paar Minuten „on top“, doch beide Mannschaften kamen nicht mehr gefährlich vor´s Tor.

Späte Freude, aber nur ein PunktAufgrund der zweiten Halbzeit geht der Ausgleich in Ordnung, ist aber dennoch viel zu wenig. Nicht nur für die gesetzten Ziele und Ambitionen, die sich RWE für diese Saison gesteckt hat. Warum kann die Mannschaft nicht von Beginn an so dominant auftreten, wie sie es in der zweiten Halbzeit getan hat? Es ist ja nicht das erste Mal. Das Spiel gegen den KFC war ein Ebenbild der Partie gegen Leverkusen. Und auch gegen Viktoria Köln ist RWE erst nach der Pause richtig aufgewacht. Die Mannschaft scheint es ja zu können, jedoch nicht über die volle Distanz. Da hilft es aber auch nicht, dass die Spieler in sämtlichen Medien von der überragenden Qualität im Kader sprechen, wenn sie diese am Wochenende nicht mal auf den Platz bekommen.

Hinzu kommt, dass Christian Knappmann ein klassischer Straftraumstürmer ist. Natürlich muss gerade Knappmann mit hohen Bällen gefüttert werden. ABER: Dieses sollte überwiegend IM Strafraum geschehen und nicht davor. Viel zu oft legt „die Glatze“ die Bälle zu unkontrolliert in leere Räume, wo keiner seiner Mitspieler zu finden ist. Ergebnis: Ballbesitz für den Gegner.

Des Weiteren hat sich RWE durch die Verpflichtung von Knappmann sein Erfolgsrezept der letzten Jahre genommen. In den vorherigen Spielzeiten war RWE schlecht ausrechenbar. Das Mittelfeld war kreativ und torgefährlich. Heute wissen die Gegner, dass die Bälle auf Knappmann kommen. Die kreativen Momente, die einen Knappmann in Szene setzen fehlen über weite Strecken. Und ein Knappmann ist außerhalb des 16ers einfach vergeudet.

Der „12. Mann“ hat es gestern wieder einmal vorgemacht. Was auf der Westtribüne gestern Abend wieder einmal abging sucht in unserer Liga sicherlich seines Gleichen. Zwar gab es zur Halbzeit berechtigte Pfiffe und vereinzelte „Wrobel raus“ Rufe. Dennoch wurde die Rot-Weisse Elf über 90 Minuten (!) durchgehend supported. Die Tatsache dass einige Zuschauer nach dem Spiel die Spieler mit Applaus verabschieden und im selben Atemzug „Wrobel raus“ schreien passt allerdings nicht wirklich zusammen. Entweder klatschen und damit zufrieden sein, dass man eine drohende Niederlage gedreht hat oder unzufrieden über das gesehene Spiel sein und seine Parolen raushauen!


Jawattdenn-Spielerbewertung

Philipp Kunz
Kunz
[3]
Alexander Langlitz
Langlitz
[4]
Michael Laletin
Laletin
[4+] 
Vincent Wagner
Wagner
[3-]

Max Dombrowka
Dombrowka
[3-]

Benjamin Wingerter
Wingerter
[4-]
Konstantin Fring
Fring
[3]
Kevin Pires-Rodrigues
Pires-Rodrigues
[4+]
Konstantin Sawin
Sawin
[4]
Marcel Platzek
Platzek
[3]
Christian Knappmann
Knappmann
[3-]
Holger Lemke
Lemke
[2-]
Benedikt Koep
Koep
[3+]
Christian Sauter
Sauter
[o.B.]


Rot-Weiss Essen

Kunz, Langlitz, Laletin, Wagner, Dombrowka (80. Sauter), Wingerter (46. Koep), Fring, Pires-Rodrigues, Sawin (46. Holger Lemke), Platzek, Knappmann

 

KFC Uerdingen

Samulewicz, Rubink, Toure (40. Korte), Alexiou, Ellguth, Issa Issa (88. Voorjans), Charilaos Pappas, Saka, Musa Celik, Uzun (67. Kuta), Lamidi

 

Tore

0:1 Issa Issa (18. Foulelfmeter), 0:2 Uzun (44.), 1:2 Knappmann (55. Foulelfmeter), 2:2 Laletin (90.+1)

 

Zuschauer

9.517

 

Schiedsrichter

Christian Fischer (Hemer)

 

Gelbe Karten

Dombrowka (14.), Laletin (17.), Pires-Rodrigues (37.), Fring (75.) - Uzun (32.), Saka (70.), Charilaos Pappas (88.), Musa Celik (90.), Kuta (90.+1)

 


 Spieler des Spiels 7. Spieltag - Holger Lemke (Fußballgott)