06.04.2012

Die Angst des Ersten vor dem Gegner

von Hendrik Stürznickel

Es hat wohl niemand für möglich gehalten. Es ist das Programm, das RWE in der Hinserie nur zwei mickrige Pünktchen in neun Spielen gewinnen ließ. Dieses Mal folgten die Gegner unter erschwerten Bedingungen. Seit März spielt RWE nur noch englische Wochen und geht, man staune, fast immer als Sieger vom Platz. Die Mannschaft hat eine enorme Entwicklung durchgemacht und das erkennt man in fast jedem Mannschaftsteil.

Im Tor sorgt Dennis Lamczyk für Ruhe und treibt das Spiel dann und wann lautstark nach vorne. Klar, er hat seine Schwächen im fußballerischen Bereich und auch die Strafraumbeherrschung weist manchmal Unsicherheiten auf. Das macht er durch starke Reflexe wett und er scheint ein ungemein wichtiger Antreiber zu sein.

Markus Heppke fällt wegen einer Schambeinentzündung weiter ausDie Abwehr bleibt das Sorgenkind der Rot-Weissen, aber nur in Bezug auf die Verletztenliste. Maik Rodenberg befindet sich in Dauerbehandlung ohne einen Rückkehrtermin, für Sebastian Jansen ist die Saison bereits nach 1,5 Einsätzen beendet. Allerdings zeigen die Spieler des erweiterten Kaders mittlerweile sehr gute Leistungen. Zu Vincent Wagner muss nichts gesagt werden, seine Qualität dürfte sich jedem erschließen, jedoch ist die Abgeklärtheit von Thomas Denker beeindruckend. Ein wie entfesselt auftretender Guirino spielt ebenfalls das aus, was er in Testspielen an Qualität andeutete.

Auch im Mittelfeld sind sehr positive Signale zu erkennen. Seit geraumer Zeit wird Markus Heppke ersetzt. Vor einem halben Jahr undenkbar, heute zeigen insbesondere Kerim Avci und Stefan Grummel hervorragende Leistungen. Dass mit Suat Tokat ein wichtiger Spieler ausfällt vergisst man beinahe schon.

Selbst die Abschlussschwäche im Sturm wurde verbessert. Abgestellt wurde sie nicht, auch jetzt wird immer noch zu wenig aus zum Teil großartigen Chancen gemacht, doch sind Zeiten vorbei, in denen man froh war, wenn RWE wenigstens ein (!) Tor erzielte.

Dies sind die Gründe für die eindrucksvolle Serie, die es nun gegen die Sportfreunde Lotte, den Tabellenführer, auszubauen gilt. Eine Aufgabe, die nicht nur aufgrund der Tabellensituation schwierig ist. In der Rückrundentabelle trennen Lotte und Essen lediglich zwei Punkte, die Form spricht also für unsere Mannschaft, jedoch darf das kräftezehrende Programm, das seinen Höhepunkt mit einem 120 Minuten andauernden Pokalspiel am vergangenen Dienstag gefunden hat, nicht außer Acht gelassen werden. Lotte kann ausgeruht und an eigener Heimstätte antreten.

Die Leistungen der meisten Spieler sind dem RWE-Publikum bestens bekannt. Jede Menge alte Essener Bekannte, hier Czyszczon und Wiwerink mit Lukas Lenz, Zinke und Gorschlüter sind hier noch wohlbekannt, sie stehen aber für weniger gute Zeiten an der Hafenstraße. Auf Lotter Seite hat man nun sieben Endspiele in Richtung 3. Liga angekündigt. Endlich ein Anlass mit dieser unfassbar unsinnigen Phrase aufzuräumen. Ein Endspiel zeichnet sich dadurch aus, dass der Sieger des Spiels den Pokal gewinnt und der Verlierer eben nicht. Sollte Lotte gegen RWE gewinnen haben sie den Pott (Aufstieg) keineswegs gewonnen und sie haben ihn im Falle einer Niederlage nicht einmal verloren. Also liebe Lotter: Das Spiel ist eminent wichtig für euren Club, aber ein Endspiel, so viel Fußballsachverstand darf man wohl erwarten, ist es keineswegs.

Nichtsdestotrotz wird die lange Liste der angeschlagenen Spieler für dieses Match leergeräumt werden, denn auch ohne finalen Charakter steht für die Sportfreunde eine Menge auf dem Spiel. Die Saison und der lange Zeit sicher geglaubte Aufstieg drohen den Autobahnkreuzlern kurz vor Zieleinlauf noch abhanden zu kommen. Borussia Mönchengladbach II spielt eine eindrucksvolle Saison und trotz der Niederlage im direkten Duell kann die Borussia sich, ein Sieg im Nachholspiel vorausgesetzt, in der bereinigten Tabelle an die Spitze stellen. Somit ist ein Sieg für die Lotter Pflicht und man wird sich auf einen der unangenehmsten Gegner in dieser Saison einstellen müssen.

Dies ist gleichzeitig aber auch eine Angriffsmöglichkeit, denn die extreme Favoritenrolle kann auch bremsend wirken, kann zu Aussetzern und Konzentrationsschwächen führen. Die Sportfreunde müssen das Spiel machen und RWE kann den Verein kommen lassen. Die Defensive steht momentan gut und mit Lemke, Grund und Kaya hat RWE schnelle Spieler, die Konter verwerten können. Wenn sich RWE das Lotter Spiel nicht aufzwingen lässt werden sich Chancen bieten. Jede Minute, die der Favorit nicht in Führung ist, wird die Nervosität steigen lassen.


Bilanz gegen die Sportfreunde Lotte

Regionalliga West
  Siege Unentschieden Niederlagen Gesamt
Heim 1 1 1 3
Auswärts 1 0 1 2
Gesamt 2 1 2 5
Gesamt