22.10.2011

Die schwarze Serie hält weiter an

von

Jeder kennt sie, jeder hasst sie, aber jeder weiß auch, dass ein Fünkchen Wahrheit in den Sprüchen liegt, die Großmutter mit auf den Weg gegeben hat: „Lehrjahre sind keine Herrenjahre!“ Dies gilt leider weiter für das junge rot-weisse Team, welches auch gegen den Spitzenreiter aus Lotte wieder einmal Leergeld zahlen musste.

 Doch etwas war gegenüber den Niederlagen gegen Wuppertal und Kaiserslautern anders: Über fast die gesamte Spielzeit war die Mannschaft von der Hafenstraße den Sportfreunden kämpferisch mindestens ebenbürtig, spielerisch konnte in vielen Phasen auch mitgehalten werden. Diese Erkenntnis bringt zwar keine Punkte ein, macht aber durchaus Hoffnung, dass die Durststrecke in der Liga bald ein Ende findet.

Die 21 plus X - Fans aus LotteSchon vor dem Spiel herrschte eine ganz seltsame Stimmung unter den Fans, da niemand mehr viel von dieser Saison erwartet. Doch auch der Spitzenreiter sollte wissen, dass es an der Hafenstraße nicht einfach werden sollte, die Punkte mit nach Hause zu nehmen. Unterstützung bei dem Vorhaben, die Tabellenführung zu verteidigen, erhielten die Lotter Spieler durch eine Hand voll Fans, die nach mehrmaliger Zählung etwa 21 plus x Personen ergab. Trotz der nach Essener Verhältnisse gemessenen geringen Anzahl an mitgereisten Anhängern von der Stadt am Autobahnkreuz musste man neidlos anerkennen, dass die in blau-weiß gekleideten Zuschauer „gut drauf“ waren und sich absolut friedlich verhalten haben. Deutlich war ihnen der Spaß anzumerken, an der legendären Stimmung im Georg-Melches-Stadion teilhaben zu wollen.

Während die Kräfteverhältnisse auf der Tribüne kampflos zugunsten des Gastgebers gingen, war die Situation auf dem Platz trotz der eindeutigen Zuordnung in der Tabelle weniger eindeutig. In den ersten 25 Minuten hatten die Zuschauer allerdings mehr das Gefühl wie bei der Bestellung am Samstagmorgen an der Fleischtheke: „Froilein, ich hätte gerne etwas von dem Gehackten!“ Viele Nickligkeiten auf beiden Seiten zogen sich durch das Mittelfeldspiel beider Mannschaften, die dicht gestaffelten Lotter verteidigten ihren Boden sehr hart, RWE hielt dagegen. Das Glück wurde diesmal über Stürmer Lukas Lenz versucht, während Benedikt Koep auf die Flügel auswich. Alternative Kaya fiel kurzfristig wegen eines Muskelfaserrisses aus. Wenn es doch gefährlich wurde, dann über die Freistöße vom Markus Heppke, der wieder im Mittelfeld ran durfte. Bei den hohen Hereingaben war schon zu sehen, dass die hochgewachsene und hochgelobte Abwehr der Gäste durchaus ihre Probleme hatte.

Brenzlich sollte es dann erst in der 30. Minute werden. Ein Wahnsinnspass von Brauer auf den durchgestarteten Lemke eröffnete dem Essener die Chance zur Führung, doch der Lupfer über den herausgelaufenen Torwart Görrissen fand leider nicht sein Ziel. Ärgerlich, die Idee des Laufwunders Lemke war sicherlich sehr gut, aber Görrissen war schon sehr weit draußen und hätte möglicherweise problemlos umlaufen werden können.

Der Trainer der Gäste war aufgrund der zunehmenden Stärke von RWE sichtlich bedient und musste bereits in der 33. Minute das erste Mal verletzungsbedingt wechseln. In der Offensive wurde Hess durch Schlösser ersetzt. Doch das rot-weisse Team blieb bis zur Pause die bessere Mannschaft. Sechs Minuten vor dem Ende der ersten Halbzeit wurde Görrissen zu einer Glanztat gegen einen Kopfball von Tokat gezwungen; bei der anschließenden Ecke stand Brauer Tokat bei seinem Abschluss im Weg. Der Spitzenreiter hätte sich nicht beschweren dürfen, wenn es 1:0 für den Außenseiter gestanden hätte.

Die Stimmungs war gut - bis zum BöllerwurfLangsam durfte von einer Überraschung geträumt werden. Doch wenn es wieder etwas zu kritisieren gibt, dann die mangelnde Chancenverwertung. Gegen ein Spitzenteam in dieser Liga muss man diese Dinger einfach rein machen, dies könnte sich später rächen.

Und die zweite Halbzeit begann für RWE denkbar schlecht. Lottes Stürmer Fischer bekommt abseitsverdächtig den Ball im Sechzehner und hält stark drauf, doch Torwart Lamczyk kann den Ball stark abwehren. Essen blieb nicht ungefährlich, doch die Mannschaft aus Lotte hatte jetzt auch klare Chancen. In der 58. Minute ist es wieder Fischer, der frei vor Lamczyk den Ball neben das Tor setzt. Das hätte es sein müssen, aber zum Glück hatte der Lotter Stürmer bis zu diesem Zeitpunkt vergessen, sein Zielwasser zu trinken. Im Gengenzug scheiterte Koep nach einer Hereingabe von Heppke am starken Keeper Görrisen, der wieder einmal das Gegentor mit einem schnellen Reflex verhindern konnte.

Bis zur 72. Minute standen der Fußball und vor allem die tolle Stimmung an der Hafenstraße absolut im Vordergrund. Dann erschütterte ein lauter Knall die Osttribüne, ein Böller wurde aus den eigenen Reihen in die Nähe eines Essener Ordners und des RWE-Torhüters Lamczyk geworfen. Der Ordner sank sofort zu Boden, die Spielszene lief ungeschnitten weiter und es kam noch zu einer halben Chance für Lotte vor dem erschrockenen RWE-Torwarts. Mir persönlich schlägt es auf den Magen, diesen Idioten eine weitere Plattform zu geben, deshalb schließe ich mich den skandierten Rufen der meisten Essener Zuschauer an: „Wir sind Essener, und ihr nicht!“ Einfach nur selten dämlich, Zuschauer, Ordner und Spieler, besonders aus den eigene Reihen, dermaßen zu gefährden. Ich bitte an dieser Stelle, dass sich die von Teilen der Fanszene direkt "festgesetzten" und der Polizei übergebenen Täter auch nach ihrem Stadionverbot nicht mehr an der Hafenstraße blicken lassen.

Das Spiel wurde über mehrere Minuten unterbrochen, und irgendwie war es nicht mehr dieselbe Partie wie vor dem Böllerwurf. Dies könnte allerdings auch daran liegen, dass die Essener am Ende ihrer Kräfte angelangt waren. Nach einer Ecke in der 80. Minute steht der ehemalige Essener Wiwerink frei vor dem Essener Tor und bringt den Ball aus kurzer Distanz im Gehäuse unter. Vielleicht hätte Lamczyk etwas früher aus dem Kasten gemusst, aber drei Essener Verteidiger schauen auch zu, wie Wiwerink völlig alleingelassen am kurzen Pfosten stand. Auf der Gegenseite konnten die Essener Zuschauer dann beobachten, wie brutal Fußball sein kann. Bei einem hohen Ball sah der ansonsten souveräne Lotter Schlussmann gar nicht gut aus, doch ein weiterer ehemaliger Essener, David Czyszczon, kann den Ball von der Linie kratzen.

Enttäuschung nach großem KampfRWE brach leider nach dieser Chance ein klein wenig zusammen. Nachdem Lottes Stürmer Fischer alles daran tat, seine eigenen Treffer zu verhindern, bekam er in der 88. Minute durch eine schöne Passkombination mit Lorenz völlig frei den Ball und braucht nur noch einzuschieben, da sich alle Essener Verteidiger auf Lorenz konzentriert hatten. Das war es leider, trotz einem guten Auftritt standen die Essener Spieler mit leeren Händen da und der Spitzenreiter durfte sich über einen weiteren Sieg freuen.

Eine absolut bittere Niederlage, auch wenn die Essener Fans keineswegs gänzlich enttäuscht das Stadion verließen. Die Essener Mannschaft wirkte deutlich stabiler als in den letzten Wochen, das Sorgenkind Innenverteidigung war heute keines. Deshalb geht ein Sonderlob an den Essener Denker, der nach anfänglichen Schwierigkeiten ein tolles Spiel ablieferte. Auch spielerisch war das Team im Mittelfeld präsenter und durchschlagskräftiger, allerdings muss an der Chancenverwertung gearbeitet werden. Es braucht leider doch noch etwas länger Zeit, bis sich die Mannschaft in der vierten Liga zu Recht gefunden hat. Doch wieder einmal wurden sie nach dem Spiel von vielen Zuschauern gefeiert, diese Jungs haben sich das Tragen des ruhmreichen Trikots wahrlich verdient. Jetzt zählt die Vorfreude auf das Spiel gegen Hertha, welches sich die Jungs verdient haben, und erst dann geht es in der Saison weiter. Und dann auch hoffentlich mit dem verletzten Ordner, dem wir auf diesem Weg auch gute Besserung wünschen!


Jawattdenn-Spielerbewertung

Dennis Lamczyk
Lamczyk
[2]
Kevin Lehmann
Lehmann
[2-]
Thomas Denker
Denker
[2-]
Dirk Jasmund
Jasmund
[2]

Kevin Grund
Grund
[3+]

Timo Brauer
Brauer
[2]
Benedikt Koep
Koep
[3]
Markus Heppke
Heppke
[1-]
Suat Tokat
Tokat
[2-] 
Holger Lemke
Lemke
[2-]
Lukas Lenz
Lenz
[4+]
Leon Enzmann
Enzmann
[o.B.]
Kerim Avci
Avci
[o.B.]
Meik Kuta
Kuta
[o.B.] 


Rot-Weiss Essen

Lamczyk - Lehmann (85. Avci), Denker, Jasmund, Grund (69. Enzmann) - Koep, Brauer, Tokat, Heppke, Lemke (89. Kuta) - Lenz

 

Sportfeunde Lotte

Görrissen - Liesenfeld (78. Gataric), Czyszczon, Zinke, Hohnstedt - Grieneisen, Gorschlüter, Wiewerink, Lorenz (90. Wingerter) - Hess (33. Schlösser), Fischer

 

Tore

0:1 André Wiewerink (80.), 2:0 Marcus Fischer (88.)

 

Zuschauer

6.190

 

Schiedsrichter

Sascha Stegemann (Bonn)

 

Gelbe Karten

Jasmund, Lehmann, Lemke - Zinke, Grieneisen


 Spieler des Spiels 12. Spieltag - Markus Heppke