27.09.2010

VfB Hüls - Rot-Weiss Essen


Erste Saisonniederlage in Hüls

„Hallo liebe Gäste aus Essen,

der VfB Hüls freut sich auf die große Fanschar des Traditionsvereins Rot-Weiss Essen und hofft, Ihnen allen eine angenehmer Gastgeber zu sein“

Ja, organisatorisch gesehen waren die Hülser ein angenehmer Gastgeber. Durch die gute Planung aller Beteiligten gab es bei der An- und Abreise der ungewohnt vielen Zuschauer kaum Probleme und auch die Ordner und freiwilligen Helfer begegneten den Fans ausgesprochen freundlich. Dazu Sonne und sehr humane Preise für Würstchen und Getränke – Fußballherz was willst du mehr?

Allerdings war das, was die Hülser Spieler und der Betreuerstab beim nicht unverdienten 2:1-Heimsieg auf dem Platz abzogen, sportlich gesehen nicht gerade "Fair-Play". Aber dazu später.

Das Spiel selbst begann mit einer kleinen Verzögerung, da Vincent Wagner erst auf dem Rasen bemerkte, dass er nicht etwa sein eigenes Trikot mit der Nummer 11, sondern die 17 seines Mitspielers Cedric Leon Vennemann auf dem Rücken trug. Nach wenigen Minuten in der Kabine fand sich dann doch noch sein Leibchen und die Partie konnte beginnen.

Schon in der Anfangsphase der Begegnung wurde klar, dass das Spiel keine Selbstläufer werden würde. Die VfB-Defensive inklusive Ex-Essener Kai von der Gathen, die in sechs Spielen zuvor nur zwei Gegentore hinnehmen musste, war kaum zu knacken. Die 2.500 Zuschauer im nicht ganz ausverkauften Stadion am Badeweiher sahen zwei Mannschaften, die „sich gegenseitig neutralisierten“, wie es im Fachjargon in solchen Situationen immer heißt. Übersetzt bedeutet das: Ziemlich tote Hose.

Das änderte sich nach der Pause schlagartig. RWE versuchte nun mehr Druck zu entwickeln, wurde dadurch aber auch anfälliger für Konter. Nur Sekunden nach einem Gewühl im Hülser Strafraum, bei dem fast das 1:0 gefallen wäre, nahm ein Pass die ganze RWE-Defensive auseinander und Dennis Lamczyk konnte den Schuss von Matthias Krantz nicht mehr entscheidend abwehren (55. Minute). Was folgte war ein von einem isländischen Youtube-Video abgekupferter Torjubel wenige Meter vor der Haupttribüne der Essener. Nur zwei Minuten später übersah der Linienrichter, der keinen glücklichen Eindruck hinterlassen konnte, eine glasklare Abseitsstellung eines VfB-Angreifers. Bei dem folgenden Einwurf erstarrten gleich drei Essener im eigenen Strafraum zu Salzsäuren und während Lamczyk auf der Linie festklebte, köpfte Tim Helwig den Ball zum 2:0 ins Tor. Ein gleichermaßen blödes wie überflüssiges Gegentor. Die rot-weiß gekleideten Gastgeber ließen es sich natürlich nicht nehmen, erneut vor der Haupttribüne ihren Jubel zu vollziehen und ließen die Emotionen bei den eigentlich friedlich gestimmten Gästefans langsam hochkochen.

In der Folgezeit war der heimische VfB nur noch darauf bedacht, die Führung über die Zeit zu bringen und lauerte in der eigenen Hälfte auf Gegenangriffe. Dass übertriebenes Zeitspiel auf allen Plätzen von der Bundesliga bis zur Kreisliga zum Fußball dazu gehört, daran hat man sich mittlerweile leider fast schon gewöhnt. Die Mannen von Olaf Thon hatten dies offenbar ebenso gut geübt wie ihren theaterreifen Torjubel, denn von minutenlangem leblosen Liegenbleiben über den „Ich-habe-alle-Knochen-gebrochen“-am-Boden-Krümmer bis zum Torwart, der sich vor seinem Abstoß ein kleines Nickerchen gönnt, beherrschten sie das volle Repertoire in vollendeter Perfektion.

Dass allerdings kein einziger (!) Balljunge gesichtet wurde und bei eigener Führung nach einem Schuss ins Aus minutenlang auf das Spielgerät gewartet werden muss, ist absolut unsportliches Verhalten. Es passt ins Bild, dass die VfB-Trainerbank einen Spielball zwischen den eigenen Beinen versteckt, um das Spiel zu verzögern, so dass erst ein Essener Spieler aus der anderen Hälfte das Leder holen muss, um das Spiel fortzusetzen. Wer eine Halbzeit lang den Gegner und die gegnerischen Fans derart provoziert, muss sich nicht wundern, wenn „unsere Freunde aus Essen“ (Zitat Stadionzeitschrift) sich durch einen ein Meter hohen Zaun nicht davon abhalten lassen, den Hülser Spielern mal „Guten Tag zu sagen“.

In der Schlussphase der Begegnung gelang Vincent Wagner nach einem Freistoß zwar noch der Anschlusstreffer, doch mehrere weitere hochkarätige Chancen konnte die Essener Mannschaft, in der Meik Kuta sein Debüt feiern konnte, nicht nutzen. So blieb es beim 2:1-Heimsieg des VfB Hüls, der durch die Art und Weise, in der er errungen wurde, allerdings einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt.

Über die Frage, ob der VfB, der in der letzten Saison sportlich aus der NRW-Liga abgestiegen ist, zu Recht in dieser Saison fünftklassig ist, wurde bis zum Erbrechen diskutiert. Logistisch klappte die Durchführung des Spiels gegen den „großen RWE“ reibungslos (was nicht selbstverständlich ist, siehe ETB). Mit dem unsportlichen Verhalten, gerade in der zweiten Halbzeit, dürfte der Verein aber eigentlich noch nicht einmal in der Kreisklasse antreten.

Bei RWE wird nach der ersten Saisonniederlage wohl wieder etwas mehr Realismus einziehen. Während in den sieben Spielen zuvor bei weitem nicht alles gut war, war gestern in der Begegnung mit einem starken Gegner nicht alles schlecht. Trotz der Niederlage gab es für die Essener Mannschaft nach dem Spiel Applaus und aufmunternde Gesänge. Nicht die schwächere, sondern die dämlichere Mannschaft musste eine Niederlage einstecken. In den letzten Minuten hätte durchaus noch der Ausgleich fallen können, doch vielleicht ist es gar nicht schlecht, wenn Mannschaft und Fans mal einen kleinen Dämpfer bekommen. Die Liga ist kein Selbstläufer und nur mit viel Einsatz kann man hier bestehen. Mit dieser Einstellung wird die Mannschaft noch einige Erfolge feiern können und schon am Freitag im Spiel gegen Erkenschwick bietet sich die Gelegenheit, die makellose Heimbilanz weiter auszubauen.

Jawattdenn-Spielerbewertung

Dennis Lamczyk
Lamczyk
[4]
Dirk Jasmund
Jasmund
[4]
Vincent Wagner
Wagner
[3+]
Alexander Thamm
Thamm
[3+]

Kevin Lehmann
Lehmann
[3]

Timo Brauer
Brauer
[2-]
Cedric Vennemann
  Vennemann
[3-]
Holger Lemke
Lemke
[3]
Kerim Avci
Avci
[3]
Leon Enzmann
Enzmann
[4+]
Lukas Lenz
Lenz
[4+]
Patrick Dutschke
Dutschke
[3] 
Sebastian Pilch
Pilch
[3-]
 Meik Kuta
Kuta
[o.B.]
   


VfB Hüls

Rantzow, Planhof, Stondzik, Helwig (67. Alpay), Mutluer (73. Narewsky), Krantz, Yavuzaslan (C), Köse, Karagülmez, von der Garthen, Akama-Eseme

Rot-Weiss Essen

Lamczyk - Jasmund (58. Dutschke), Thamm, Wagner, Lehmann - Brauer, Vennemann (68. Kuta) - Lemke, Avci, Enzmann (58. Pilch) - Lenz

Tore 

1:0 Krantz (52.), 2:0 Helwig (56.), 2:1 Wagner (74.)


Zuschauer

2.500

Schiedsrichter

Steffens (Mechernich)

Gelbe Karte

Karagülme, Yavuzaslan


Spieler des Spiels 8. Spieltag - Timo Brauer