24.08.2007

RWE - Kickers Emden

 

Auch gegen Emden nur Ebbe

„Wann kommt die Flut?“ – Wie in dem bekannten Lied von Witt und Heppner wird diese Frage nach dem Spiel gegen Emden rund um die Hafenstraße gestellt. Drei Heimspiele – drei Niederlagen, so lautet die bittere Bilanz zu Beginn der neuen Regionalligasaison, mit nur zwei Zählern steht RWE auf dem vorletzten Tabellenplatz. Nicht Düsseldorf, Wuppertal und Lübeck sind die derzeitigen Gradmesser, sondern Mannschaften wie Oberhausen, Union Berlin oder die Zweitvertretungen aus Cottbus und Dortmund. Schlimmer geht es derzeitig wirklich nicht mehr.

Dabei hatte Trainer Bonan mit einer veränderten Startaufstellung versucht, dass Schicksal doch noch zum Guten zu wenden. Mit Vincent Wagner und Rolf-Christel Guie-Mien sollte mehr für das Offensivspiel getan werden. Etwas überraschend war auch der stark kritisierte „Abwehrchef“ Daniel Sereinig wieder von Anfang an auf dem Platz. Der gegen Dortmund enttäuschende Angreifer Kazior, Mario Klinger und der verletzte Mitja Schäfer durften bei dem Unternehmen „1. Heimsieg der neuen Saison“ nur zuschauen.

Aber schon die Anfangsphase deutete darauf hin, dass das Spiel nicht gerade von der Angriffslust der beiden Mannschaften bestimmt wird. Viele Ballstafetten im Mittelfeld sorgten schnell für Langeweile unter den Zuschauern, die von Beginn an das Team lautstark unterstützten. Die erste „Möglichkeit“ durch einen Kopfball von Sereinig, der weit über das Tor strich, hätte wohl nicht einmal Platz in dem dicksten Statistikbuch der Welt gehabt.

Für etwas mehr Spannung sorgten Standards, aber auch die waren eher Mangelware. In der 21. Minute erarbeitete sich der Gast aus Emden die erste Ecke. Und schon war es passiert: Während sich gesamten rot-weißen Verteidiger sich im tiefsten Winterschlaf befanden, köpfte der Emder Neitzel der Ball unbedrängt in die Maschen. Zum dritten Mal geriet RWE in dieser Saison zu Hause in Rückstand. Doch noch blieb der Mannschaft genug Zeit, auf die schon gewohnte Situation zu reagieren.

Doch eine Reaktion ganz anderer Art sollte für reichlich Diskussionsstoff sorgen. Nach nur 30 Minuten musste Ferhat Kiskanc unter hämischen Applaus vieler Zuschauer den Platz verlassen. Sicherlich wirkte Kiskanc von Beginn an unaufmerksam und desorientiert, aber mindestens vier weitere Spieler befanden sich auf einem ähnlich schlechten Leistungsniveau. Zudem steht Kiskanc als ehemaliger Stammspieler der Zweitligamannschaft und vermeintlichen Liebling von Ex-Trainer Köstner von Beginn der Saison an unter besonderer Beobachtung. Viel mehr könnte man die Frage stellen, warum Kiskanc überhaupt für die Startaufstellung berücksichtigt wurde. Manchem Beobachter kam da das Wort „Demontage“ in den Kopf.

Mit Michael Harrer folgte ein Spieler, der bis dato überhaupt nicht in den Fokus der Fans und wahrscheinlich auch der Verantwortlichen gerückt war. Doch gerade er sollte bei der nächsten Szene im Mittelpunkt stehen. Nach einer Vorarbeit von Vincent Wagner, die eigentlich diese Bezeichnung nicht verdient hat, landet der Ball zunächst beim Emder Schlussmann Rickert, der kann den Ball aber nicht festhalten, und Harrer nutzt die Chance zum vermeintlichen Ausgleich. Doch der Schiedsrichter deutete mit seiner Geste nicht zum Mittelpunkt, sondern entschied nach einem Augenblick des Zögerns auf Foulspiel am Torwart der Kickers.

Die Gemüter waren erhitzt, so dass sich RWE-Angreifer Güvenisik ein Foulspiel der ganz üblen Sorte an dem Emder Mossmayer erlaubte. Sofort sprang die Emder Bank in Richtung des Tatorts auf, unterstützt von der Masse der eigenen Spieler. Wenn dann noch Essener Spieler hinzukommen, nennt man dies in der allgemeinen Sprache der Fußballregeln eine „Rudelbildung“. In dieser unübersichtlichen Situation zeigte Schiedsrichter Grudzinski dem Essener Michael Lorenz und dem Emder Spahic die rote Karte, Güvenisik erhielt nur gelb. Ob dies wirklich die richtigen Spieler getroffen hat, ist fraglich. Da hilft wohl nur die Studie von Fernsehbildern.

Der Rest der ersten Halbzeit verlief weniger spektakulär. Essen war zwar bemühter, doch das komplette Spiel wirkte hilflos. Symbolisch für das Spiel von RWE war Tim Gorschlüter, der nach einem guten Solo einfach am Emder Verteidiger hängen bleibt und gerade eine Minute später in einer weiteren Szene bei einem einfachen Pass auf dem Boden ausrutscht. Einzig die Kopfballchance von Verteidiger Czysczon kurz vor dem Abpfiff der ersten Halbzeit sorgte noch einmal für Gefahr vor dem Kasten der Norddeutschen.

Hilflos war wohl auch Trainer Bonan, der in der Halbzeit zum zweiten Mal auswechselte. Nun sollte der in dieser Saison blass gebliebene Angreifer Kazior das Blatt wenden. Und zunächst schien es so, als ob dadurch mehr Schwung in das Angriffsspiel der Essener kam. Erst scheitert Güvenisik aus einer guten Schussposition an Torwart Richert, danach dribbelt sich Kazior durch den Strafraum und bereitet die Tormöglichkeit für Güvenisik vor, der aber am Tor vorbeizielt.

Das war es aber wieder einmal mit der rot-weißen Torgefährlichkeit, der Beschuss auf das Emder Tor wurde eingestellt. Bis zum gegnerischen Sechzehner sah das Spiel noch bemüht und gefällig aus, danach war aber auch in 9 von 10 Fällen das Ende der Fahnenstange erreicht. Bis zur 84. Minute hatte auch Emden nur eine Torchance. Das Resultat ist bekannt. Nur einmal tauchte ein Emder Spieler vor dem Essener Schlussmann Masuch auf, doch der Schiedsrichter entschied auf Abseits.

In der schon erwähnten 84. Minute wurde es doch noch einmal aufregend. Ein schöner Emder Konter landet auf die Füße von Kickersspieler Krük, der angeblich von Gorschlüter zu Fall gebracht wird. Der Schiedsrichter entschied aus guter Sichtposition sofort auf Strafstoß. Ein Fall für den Emder Knipser Vujanovic, doch der scheitert kläglich an Masuch. Die wohl beste Tat eines Essener Spielers in dieser Saison. Doch auch sein lautstarker Appell an seine Mitspieler konnte nichts mehr bewirken: Es blieb trotz einer guten Chance von Harrer, der noch der beste Feldspieler war, und einer weiteren Kopfballmöglichkeit beim 1:0 für die Gäste.

Hatte man als RWE-Fan in den letzten Jahren das Gefühl, es wäre der Tiefsstand erreicht, ist man jetzt eines Besseren belehrt worden. Es scheint kein System vorhanden zu sein, die Fluktuation in der Startaufstellung ist hoch, das Offensivspiel gar nicht erst vorhanden und die Defensive trotz weniger Möglichkeiten der Gegner extrem anfällig. Nur die Baustelle am Limbecker Platz für das neue Einkaufszentrum scheint größer zu sein. Zeit hat das Umfeld aber keine. Die Fans sind durch die deutlichen „Janßen raus!“ und „Wir haben die Schnauze voll!“ schon jetzt auf die Barrikaden gegangen. Und damit sind nicht die Unverbesserlichen gemeint, die nach dem Spiel vor der Geschäftsstelle randaliert und einen Polizeieinsatz erforderlich gemacht haben. Schon jetzt sind es vier Punkte bis zum Mindestziel Platz 10, es können sogar nach diesem Spieltag mehr werden. Aber vielleicht kommt sie doch, die Flut. Die Frage bleibt allerdings, ob sie Punkte mit sich bringt oder Verantwortliche mit sich reißt.


(pd)


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Rot-Weiss Essen

Masuch - Czyszczon (70. Klinger), Sereinig, Andersen - Kotula, M. Lorenz, Gorschlüter, Kiskanc (30. Harrer) - Guie-Mien, Güvenisik - Wagner (46. Wagner)


Kickers Emden

Rickert - Nägelein, Rauw, Spahic, Krük - Celikovic (62. Nachtigall), Nehrbauer, Zedi, Moosmayer - Neitzel (79. Reichwein), Vujanovic (89. Litjens)


Tore

0:1 Neitzel (21.)


Zuschauer

9.045


Schiedsrichter

Grudzinski (Hamburg)


Gelbe Karten

Güvenisik, Czyszczon, Kazior, Gorschlüter - Nägelein, Celikovic, Nehrbauer


Rote Karten

M. Lorenz (Essen) und Spahic (Emden) wegen Unsportlichkeit (38.)






.....

 

Spieler des Spiels

 



 

Jawattdenn Spielerbewertung

 

Masuch
3+
Czyszczon
4+
Kotula
4-
Sereinig
4+
Andersen
4
M. Lorenz
5+
Gorschlüter
4-
Kiskanc
5-
Guié-Mien
3-
Güvenisik
3-
Wagner
5+
Harrer 4
Kazior 5+