27.10.2007

Hamburger SV II- RWE

 

Wieder in der Spur

Nach sieben ungeschlagenen und größtenteils guten Spielen schien eine schlechte Leistung wie gegen Cottbus II eigentlich unerklärlich. Umso überraschender, dass bereits wenige Tage nach der 0:1-Heimpleite aus dem rot-weissen Lager zu hören war, die Mannschaft selbst habe ihre spielentscheidenden Fehler und Schwächen erkannt, könne diese ausmerzen und an die starke Leistung vom 4:0-Sieg in Bremen anknüpfen.

So schickte Heiko Bonan – mit Ausnahme des verletzten Stefan Lorenz, der durch David Czyszczon ersetzt wurde – dieselbe Elf wie in Bremen auf das Feld.
Beim HSV fehlte Torjäger Cannizaro verletzt, Ösi-Torwart Hesl und Maxim Choupo-Moting, Shooting-Star der Sommervorbereitung bei den Profis, nahmen am Abschlusstraining der ersten Mannschaft vor deren Spiel in Duisburg teil.
Nach Ende der Einheit ließen sich auch immer mal wieder Spieler und Funktionsträger im Stadion blicken. So verfolgten Trainer Huub Stevens, Geschäftsführer Bernd Hoffmann und Spieler wie Zidan und van der Vaart das Geschehen zumindest teilweise vom Spielfeldrand aus.

Zwar spielten Routinier Otto Addo und Talente wie Ben-Hatira oder der Amerikaner Zimmerman, ein Blick auf die Aufstellung der „kleinen“ Rothosen machte aber deutlich, dass der Star der Hamburger an diesem Tag recht eindeutig das Stadion war.

Niemand spielt gerne gegen zweite Mannschaften. Aber immerhin bieten diese ab und an die Gelegenheit, in den Spielstätten ihrer Profivertretungen anzutreten. So gehört RWE zu den wenigen Regionalliga-Teams, die der HSV in der HSH Nordbank Arena antreten lässt und nicht auf irgendeinen Nebenplatz verfrachtet.

Ein Spiel vor 808 Zuschauern dürfte zwar nur wenig mit der Stimmung vor besetzten Rängen zu tun haben, Akustik und Optik des Stadions sowie die großartige Sicht auf den Rasen konnten einen aber zumindest für kurze Momente damit versöhnen, dass RWE gegen die Amateurmannschaft eines Bundesligisten ran musste.

Die Qualität des Caterings im Stadion ließe sich jedoch noch deutlich nach oben anheben, ebenso wie die Preise des selbigen nach unten drücken. Aber damit steht der HSV bei weitem nicht alleine da…
Auch die Ordner in der Hansestadt könnten deutlich entspannter sein, aber so bleibt wenigstens auch dem Kurzzeit-Besucher der Kusch- und Schill-Flair der Polizeistadt Hamburg nicht gänzlich verwehrt.

Als auf den Sitzplätzen ein Gästefan der Öffentlichkeit seinen gestählten Oberkörper und auf Aufforderung der Stehränge, sich auch seiner Hose zu entledigen, den blanken Arsch präsentierte, konnten sich aber selbst ein paar Ordner das Grinsen nicht mehr verkneifen.

Während dieses Treiben sicherlich nicht jedermanns Geschmack war, dürften zumindest die Szenen auf dem Rasen den Gästefans, die knapp über die Hälfte der Zuschauer stellten, einigermaßen gefallen haben.

Schon ein paar Minuten nach Anpfiff konnte sich Sören Brandy durch die gegnerische Defensive wühlen und setzte einen Schuss recht knapp am Torvorbei. Weitere gute Gelegenheiten per Kopf wurden erneut von Brandy und Czyszczon ausgelassen.

Nach einer Viertelstunde kam es dann zur ersten Schrecksekunde für die Rot-Weissen. David Czyszczon konnte als letzter Mann den durchbrechenden Preston Zimmerman ca. 25m vor dem Tor nur durch ein Foul stoppen und war der letzte Mann. Obwohl die meisten Schiedsrichter in dieser Szene wohl anders entschieden hätten, sah er nur den gelben Karton.
Eine Entscheidung, die wohl gerade noch in den Bereich des Vertretbaren fällt, weil noch einige Essener in der Nähe waren und keine direkte Torchance vorlag.

Trotzdem Glück für den RWE, der aber schnell wieder deutlich machte, wer Herr im Hause war. Gegnerische Chancen wurden nicht zugelassen, und der Ball lief gut in den eigenen Reihen. Irgendwann unterbrach Michael Lorenz dann aber doch mal den Spielfluss, hielt kurz inne und zog aus 25m ab. HSV Keeper Johannes Höcker schien etwas überrascht, griff daneben und der Ball schlug im Netz ein – 0:1!
Sicherlich ein glückliches Tor, aufgrund der spielerischen Überlegenheit und der zuvor schon vergebenen Chancen aber hochverdient.

Vor der Pause wurden die rot-weissen Nerven allerdings noch einmal strapaziert. Während die meisten seiner Mitspieler aufgerückt waren, wollte der ansonsten einmal mehr überragende Tim Gorschlüter den Ball an der Mittellinie eigentlich recht unbedrängt herausschlagen. Das misslang aber gründlich, denn ein Querschläger Gorschlüters bediente den 18jährigen US-Amerikaner Zimmerman (schon fünf Saisontore) mustergültig.
Dieser lief alleine aufs Tor zu, lupfte am herausstürmenden Masuch vorbei und hätte wohl auch das Tor getroffen, wenn Jozef Kotula nicht mitgelaufen wäre und den Ball von der Linie gekratzt hätte.

Der Retter Kotula präsentierte sich im Spiel auch sonst gedankenschnell und zweikampfstark. Außerdem fiel er immer wieder – man höre und staune! – durch gute Ecken und Freistöße auf, die für viel Gefahr im Hamburger Strafraum sorgten.

Nachdem die Essener nach Wiederanpfiff schnell wieder die Kontrolle übernahmen, segelte nach einer Stunde auch ein Kotula-Freistoß von halblinks in den Sechzehner, wo ihn Markus Kurth per Kopf ins Hamburger Tor verlängerte.

Das 0:2 war sicherlich so etwas wie die Vorentscheidung. Zwar versuchten die Hamburger weiterhin, ins Spiel zu kommen. Nennenswerte Torchancen ließen die Essener aber nicht zu. So musste man zwar nicht fürchten, sich ein Gegentor zu fangen, hatte aber viel Platz zum Kontern. Das geschah in der 70. Minute relativ mustergültig. Nach einem tollen Pass von Guie-Mien lief Tim Gorschlüter aufs Tor zu und schloss eiskalt ab. Mit dem 0:3 machte Gorschlüter sein erstes Regionalliga-Tor überhaupt und stellte auch den Endstand her.

Dabei hätte man in der zweiten Halbzeit durch Schüsse von Kotula und Gorschlüter von der Strafraumgrenze sowie einen frei aufs Tor laufenden Klinger, der vergeblich frei vor dem Torwart Guie-Mien anspielen wollte und somit eine Riesenchance vergab, noch häufiger treffen können.

An das Spiel in Bremen konnte also tatsächlich angeknüpft werden. Wieso diese Mannschaft gegen Cottbus so schlecht gespielt hat, wird für den Außenstehenden wohl weiter schwer zu deuten sein. Es bleibt aber festzustellen, dass bei aller gebotenen Skepsis nach dem Katastrophen-Start und dem Einbruch der letzten Woche, in letzter Zeit auch einige tolle Spiele geboten wurden. Nach den ersten Spieltagen wird es für den Aufstieg vielleicht nicht mehr reichen, um die Quali für die eingleisige Dritte Liga wird man sich aber wohl wenig Sorgen machen müssen.

Das Spiel in Hamburg erweckt den Anschein, dass die Cottbus-Partie ein Ausrutscher war und Rot-Weiss sich wieder in der Spur befindet. Und besser als mit einem 3:0-Auswärtssieg könnte man wohl kaum in eine Woche mit zwei hochinteressanten Heimspielen gegen den FC Kaiserslautern im Pokal und Dynamo Dresden in der Liga starten.


(hh)




Hamburger SV II

Höcker - Saka, V. Schmidt (54. Torun), Gouhari, Zott - Kunert, Addo, Ben-Hatira (74. Chr. Wimmer), Huber - Sam (61. Altundag), P. Zimmerman


Rot-Weiss Essen

Masuch - Czyszczon (75. Klinger), Sereinig, Andersen - Erfen, M. Lorenz, Gorschlüter, Kotula - Kurth (69. Kazior), Brandy (80. Stoppelkamp) - Guie-Mien


Tore

0:1 M. Lorenz (28.), 0:2 Kurth (62.), 0:3 Gorschlüter (69.)


Zuschauer

808


Schiedsrichter

Wenkel (Mühlhausen)


Gelbe Karten

Zott, Ben-Hatira - Czyszczon







.....

 

Spieler des Spiels


Jawattdenn Spielerbewertung

 

Masuch
3
Czyszczon
3-
Andersen
3
Sereinig
3+
Erfen
3
Kotula
2
Gorschlüter
2+
Brandy
3+
M. Lorenz
2
Guie-Mien
2
Kurth 2-