Bericht
Um die nächsten beiden Länderpunkte auf dem Weg zur Komplettierung Europas einzufahren, ging es am Freitagmorgen mit Aer Lingus von Düsseldorf nach Dublin. Mit vier Essenern schien das Taxi vom Flughafen ins Zentrum die sinnvollste Option zu sein. Verschiedene vorab nicht deklarierte Zusatzgebühren trieben den Preis auf 40 € hoch. Mit 8 € ist das Busticket für den DublinExpress also dann doch die günstigere Alternative.
Um die Zeit bis zum Check-in aussim Hostel totzuschlagen, trugen uns die Füße zunächst zu diversen Sehenswürdigkeiten: Dublin Castle sollte das erste Fotomotiv der Reise sein, bevor es um die Ecke zur St. Patrick’s Cathedral ging. Ein Teil der Reisegruppe teilte sich im Vorgarten der Kathedrale mit einigen Ruhrpottmöwen, ferner auch als Tauben bekannt, den ersten Schmierenfraß. Fish ‘n‘ Chips von Leo Burdock standen auf der Speisekarte. „Dublins oldest chipper“, wie es heißt, ist eine bekannte Imbissbude, die bereits seit 1913 existiert und schon eine Reihe an Stars verköstigen durfte. Unsereins reihte sich in der Hall of fame ganz bescheiden hinter Naomi Campbell, Nicole Kidman, Snoop Dogg, Mick Jagger, Rod Stewart, Conor McGregor und Stammgast Bruce Springsteen ein.
Das erste Pint Guinness, 1759 in Dublin gegründet, wurde im Pub Backpage serviert, dessen Außenfassade eine große Malerei mit Bezug zum Bohemian FC ziert. Der Pub – eine Mischung aus Kneipe, Pizzeria, Spielothek und Gefrierschrank – liegt in unmittelbarer Nähe zum Stadion, das später unser Ziel sein sollte. Der erste Schluck des dunklen Gebräus ist für Pilstrinker immer gewöhnungsbedürftig. Mit jedem Glas schmeckte das Bier allerdings besser, was nicht allein dem Alkoholgehalt geschuldet ist.
Beim nächsten Zwischenstopp, der uns in den Bohemian Pub McGeoughs führte, durfte es dennoch mal ein Cider sein. Die edel dekorierte Gastwirtschaft, einen Steinwurf vom Stadion entfernt, war bereits gerammelt voll mit Gypsies (dt. Zigeuner). Paradoxerweise nennen sich die antirassistisch sehr aktiven Fans des Bohemian FC selbst so, was auf den Vereinsnamen (= Böhmen) und die Anfangszeit des Vereins zurückzuführen ist, in der von Stadion zu Stadion gewandert wurde, bis man im heute legendären Dalymount Park heimisch wurde.
Das Stadion hat absoluten Kultcharakter. Eine herrlich abgerockte Bude, wo wirklich gar nichts zusammenpasst. Die Ersatzlampen für die rostigen Flutlichter waren zuletzt nur noch aus der Ukraine zu beziehen. Im Inneren der Jodi Stand genannten Haupttribüne existiert eine Stadionkneipe, fast schon Stadiondisco, die unsere Herzen höher schlagen ließ. Auch die schaurig-schönen Zuwege zum Stadion, wie auch das äußere Erscheinungsbild, versprühen den Charme längst vergangener Tage. Gespielt wird in der Regel am Freitagabend unter Flutlicht und mit 4.429 Zuschauern ist der Dalymount Park auch regelmäßig ausverkauft. Um in Zukunft mehr jungen Leuten einen Spielbesuch im Norden Dublins zu ermöglichen, soll das Stadion ausgebaut werden. Die Genehmigung des Rates dazu gab es wenige Tage nach unserer Reise.
An diesem Freitagabend stand allerdings erstmal das Northside Derby an, in dem die Bohs auf den Shelbourne FC stoßen. Die Stadien der Kontrahenten im ältesten Derby Dublins liegen keine zwei Meilen auseinander. So lag die Hoffnung in der Luft, ein stimmungsvolles Spiel zu sehen. Auch in Irland herrscht allerdings britische Stadionatmosphäre: In Hochphasen wird es echt laut, ansonsten aber auch viel Ebbe, wenn sich gerade kein Grund zum Pöbeln ergibt. Kurios dabei, dass in den beiden äußeren Blöcken der Sitztribüne gestanden und unabhängig voneinander supportet wurde. Da wäre mehr drin, wenn man die Kräfte bündeln würde. Reichlich Anlass für Pöbeleien lieferte die Nummer 3 der Gastmannschaft, Tyreke Wilson, der im Pokalfinale 2021 noch für die Bohs spielte und beim Elfmeterschießen patzte. Anschließend wechselte er zum Rivalen.
Ein Elfmeter in der 80. Minute brachte auch die Führung für Shelbourne, ehe fünf Minuten später zum 2:0-Endstand erhöht wurde. Der Gästeanhang war nun komplett aus dem Häuschen und kündigte lautstark die Entlassung von Declan Devine, dem Trainer der Bohs, an. Die rivalisierenden Fans waren sich in diesem Moment erstmals einig, so dass auch die Heimseite nun in die „You get sacked in the morning“-Gesänge einstieg und das Stimmungsbarometer ausschlagen ließ. Am Ende hatten sich jedoch alle getäuscht. Es war immerhin erst der 5. Spieltag, darum hatte es tatsächlich bis zum übernächsten Morgen gedauert, bis der Trainer vor die Tür gesetzt wurde.
Blick auf Belfast und den Nordirlandkonflikt
Belfast, 1977 schon von Boney M. auf der Silvester-Tanzparty des ZDFs besungen, war das Ziel am nächsten Morgen. Für schlanke 12 € fuhr der DublinExpress uns in 2,5 Stunden in die nordirische Hauptstadt.
Eine Grenze zwischen den beiden Ländern ist unterwegs nur anhand einer SMS des Netzbetreibers auszumachen. Eine unsichtbare und doch so geschichtsträchtige Grenze. Seit 1801 war die Insel ein Teil des Vereinigten Königreichs, bis der irische Unabhängigkeitskrieg 1919-1921 die Ordnung im Commonwealth zum Wanken brachte. Um die Lage zu befrieden, gewährte London mit dem Anglo-Irischen Vertrag eine gewisse Autonomie und teilte das Land: In einen katholischen Freistaat Irland, der wenig später die völlige Unabhängigkeit erkämpfte. Und in das unionistisch-protestantisch geprägte Nordirland, das noch heute zum Vereinigten Königreich gehört.
Der Terror hielt die Insel trotzdem viele weitere Jahre in Atem. Sichtbar wird das in Belfast vor allem durch die Friedenslinien, bei denen es sich um meterhohe Barrieren handelt, die pro-irische und pro-britische Wohnviertel trennt. Trotz einer Waffenstillstandserklärung der IRA in 1994 und einer Friedensregelung von 1998, stieg die Anzahl dieser Mauern in der Hauptstadt weiter an. So entstanden auch Kuriositäten, wie die Teilung des Alexandra Parks, durch den eine drei Meter hohe Mauer verläuft. Erst seit 2001 hat diese Mauer auch ein Tor und verbindet die beiden Seiten zu bestimmten Zeiten.
Die Stadt selbst wirkt zunächst deutlich gepflegter als Dublin, reißt aber auch niemandem aus dem Sattel. Für die Top 10 der europäischen Hauptstädte reicht es für beide nicht. Im Zentrum darf die City Hall als optisches Highlight bezeichnet werden, vor der noch ein Titanic Memorial mit allen Namen der Toten zu finden ist. Neben Fußballlegende George Best kommt nämlich auch die 1912 gesunkene Titanic aus Belfast. Einen Besuch wert ist noch die St. George’s Markthalle und die örtliche Kathedrale. Auch diese hatte eine Kuriosität für uns parat: Während einen sonst gespenstische Stille beim Betreten von Sakralbauten erwartet, stießen wir nun auf eine Vielzahl an Kleinkindern, die zu elektronischer Tanzmusik durch das Gotteshaus tobten. „Baby Rave“ hieß die Veranstaltung, wie uns ein Schild vor der Tür letztlich aufklärte.
Auf unserem Weg zum auserwählten Fußballspiel führte uns der Weg am Hafen vorbei, wo die Titanic omnipräsent war. Durch das architektonisch dem Bug des Schiffs nachempfundene Museum, aber auch durch humorvolle Werbeschilder für Titanic Boat Tours, dem örtlichen Pendant zur Weißen Flotte: „She was alright when she left here!“
The Oval: Der heilige Gral für Groundhopper
So titelte es 11 FREUNDE letztes Jahr und bezeichnete den Bau von 1892 als das schönste Stadion der Welt. Irgendwo verständlich, dass das nur Fußballconnoisseure nachvollziehen können. Als ein solcher, stand die Spielstätte des Glentoran FC natürlich weit oben auf der Liste. Die persönliche Erwartungshaltung hielt sich trotzdem in Grenzen. Es gibt so viele Videos, Berichte, Bilder und Erzählungen von diesem Stadion, dass man gefühlt schon jeden Winkel kennen müsste. Dadurch ist der Zauber doch bestimmt schon längst verflogen, so der Irrglaube. Dem ist mitnichten so!
Unvorstellbar, was für einen Charme diese traditionsreiche Stätte versprüht, wenn man sie dann doch endlich betritt. Der Blick ins weite Rund löst pure Begeisterung aus und lässt kindliche Freuden aufkommen. Hinter dem Railway Stand erheben sich Samson und Goliath, die beiden großen, gelben Kräne der Werft, die einst die Titanic baute. Der Star des Ensembles bleibt aber die Haupttribüne mit ihren zwei Rängen. Ein Traum in Patinagrün!
Eintracht Braunschweig, Borussia M’Gladbach und Lokomotive Leipzig durften hier schon zu Europapokalspielen antreten. Eine unrühmliche Geschichte mit deutscher Beteiligung hingegen ist die Zerstörung des Stadions im Kriegsjahr 1941, die den Spielbetrieb im Oval bis zum Wiederaufbau 1949 lahmlegte. Dass die Flugzeuge, die den benachbarten Flughafen ansteuern, so eben über das Stadiondach hinwegrauschen, wirkt nicht nur bizarr, wenn man sich gerade die Gedenktafel zur Bombardierung durch die deutsche Luftwaffe durchgelesen hat, lässt die Gedanken aber dennoch unangenehm kreisen.
Geschichten, die nur der Sport schreibt
Positiver lässt es sich über die Preise im Stadion, wie in Nordirland generell, berichten. Der Eintritt kostete 13 £, das Bier gab es für schmale 3 £. Dafür bekommt man in Dublin nicht mal ein halbes Pint. In kalten Jahreszeiten ist die heiße Schokolade mit Sahne und Marshmallows ein Geheimtipp, den es in der Milkbar zu erstehen gibt. Eine Mischung aus Stadionkneipe, Gemeinderaum und Kantine, die sich unterhalb der Haupttribüne befindet und einen direkten Zugang zum Unterrang hat. Von dort ließ sich nach Abpfiff wunderbar der deutsche Torwart der Gastmannschaft, Loughgall FC, ranwinken. Berraat Türker, der in Hannover geboren wurde, war durch eine ZDF-Reportage über den kleinsten Ort Europas mit einem Erstligisten (282 Einwohner) auch hierzulande bekannt geworden. Nachdem Türker den Kasten sauber hielt und seinem Dorfverein zum ersten Sieg (3:0) der Vereinsgeschichte im Oval verhalf, zeigte sich der Keeper gutgelaunt und sehr gesprächig. Neben einigen Geschichten aus dem Nähkästchen gab es zum Abschluss noch ein Foto und seine Torwarthandschuhe als Souvenir. Cheers!
Weitere Bekanntheit erlangte Loughgall im Jahr 1987 durch einen Anschlag der IRA auf die direkt hinter dem Stadion liegende Polizeistation. Mit acht toten Terroristen gilt dieser als opferreichster Anschlag für die Irish Republican Army. Die britische Spezialeinheit SAS hatte Wind von den Plänen bekommen und war entsprechend vorbereitet, um diese zu durchkreuzen. 678 Patronenhülsen wurden anschließend am Ort des Geschehens gefunden.
Hoffnungsvollere Bilder gab es im nach Abpfiff angesteuerten Pub Fibber Magee’s. Während Glentoran FC vor wenigen Hundert Zuschauern vor den Ball trat, dürften sich hier ähnliche viele Menschen zum kollektiven Umtrunk zusammengefunden haben. Auf den Bildschirmen lief das Rugbymatch zwischen Irland und England im Six-Nations-Turnier. Interessant dabei ist, dass es im Rugby eine gesamtirische Nationalmannschaft gibt, die keine Grenze zwischen Nordirland und der Republik kennt. Mit Ireland’s Call hatte der Verband 1995 gar eine eigene Hymne komponieren lassen. „Together standing tall, shoulder to shoulder, we’ll answer Ireland’s call“ heißt es in dem Lied, das die gesamte irische Insel vereint. Der Sport zeigt, wie es geht.
Nach dem Spiel, das Irland noch in der Nachspielzeit aus den Händen gab, stapfte unser Tross eine Tür weiter in den wohl berühmtesten Pub der Stadt: The Crown Bar. Das Gebäude macht schon von außen viel her, noch prunkvoller ist das Interior. Die aufwendige Gestaltung ist den italienischen Handwerkern zu verdanken, die für entsprechende Arbeiten im Pub eingestellt wurden, nachdem die in der Zeit errichteten Kirchen in Belfast alle fertig waren.
Im oberen Bereich ließ sich der zweite Länderpunkt der Reise mit dem irischen Nationalgericht Irish Stew abrunden. Ein deftiger Eintopf aus Hammel- oder Lammfleisch, Kartoffeln, Zwiebeln und Petersilie. Dazu gab es Brot mit Butter und selbstverständlich ein Guinness. Nur die irische Auster, die wir unbedingt kosten wollten, blieb uns verwehrt. Leider schon aus!
Auch der Versuch in einer anderen Lokalität wurde nicht von Erfolg gekrönt, weil alle Tische belegt waren. Leider schon voll! Unser Vorschlag, ein paar ToGo-Austern auf die Hand zu servieren, wurde trotz Charmeoffensive abgelehnt. So blieb uns nur noch ein letztes Pint im Pub nebenan, wo sich allem voran das Weibsvolk bereits amtlich das Blechdach verbogen hatte und die zuständige Security ordentlich ins Schwitzen brachte. Da konnten selbst erfahrene Veteranen, wie wir, nur anerkennend den Rückzug antreten.
Zum Abschluss des Tages erwies uns Nordirland die nötige Anerkennung für unseren Besuch und gewährte freies Geleit im ganz persönlichen Nightliner, der uns vier bis Mitternacht ohne andere Störenfriede an Bord ganz sanft zurück nach Dublin schaukelte. Cheers again!
Ausflug an die Westküste: Cliffs of Moher und Galway
Während die eine Hälfte der Reisegruppe am Sonntagmorgen bereits den Heimweg antrat, um beim Auswärtsspiel in Verl dabei sein zu können, entschied sich die andere Hälfte für einen längeren Aufenthalt, um noch etwas vom grünen Teil der Insel sehen zu können. Der Blumenstrauß für den zehnten Besuch der Verler Poststraße muss also in der nächsten Saison abgeholt werden.
Stattdessen ging es frühzeitig aus den Federn, um mit Wild Rover Tours an die Westküste des Landes zu reisen. Die Cliffs of Moher waren Hauptziel und unangefochtenes Highlight des Tages. Die Bilder sprechen für sich. Der Anblick der über 200 Meter hohen, nahezu senkrecht aus dem Meer ragenden Klippen, hat eine magische Wirkung. Nicht nur, weil diese Drehort für Harry Potter und der Halbblutprinz (2009) und viele weitere Filme waren. Das Naturspektakel zieht über eine Million Besucher pro Jahr an. Ein paar davon hat es in der Vergangenheit – womöglich auf der Suche nach dem perfekten Foto – in den Abgrund gerissen. Meist abseits der Besucherwege. Die auffindbaren Zahlen schwanken, reichen aber von 4 bis 12 Toten pro Jahr.
Durch den Burren, eine karge Steinlandschaft direkt an der Küste, ging es mit dem Bus weiter nach Galway. Die Hafenstadt konnte sich 2020 als Europas Kulturhauptstadt küren. Bevor wir durch die Stadt schlenderten, war McDonagh’s Seafood House unsere erste Anlaufstelle, wo es eine große Portion Fish ‘n‘ Chips und endlich auch die angepriesene Irish Oyster gab. 7 Euro wurde für drei Austern mit Zitrone und wahlweise Tabasco abgerufen. Entgegen der eigenen Vorstellung, ist das Muschelfleisch gar nicht so schleimig und schmeckt auch überhaupt nicht fischig. Kann man essen und war eine Erfahrung wert. Wenn es demnächst aber mal wieder eine Delikatesse sein soll, wird nach wie vor das Mettbrötchen präferiert.
Muttertag in Irland
Für die Rückfahrt hatten wir uns mit einigen Dosen Cider eingedeckt und verfolgten unsere Roten in Verl. Nach dem parierten Elfmeter durch Golz in der letzten Minute und 3-4 Dosen Kopperberg Mixed Fruits waren wir für das Nachtleben in Dublin gut gewappnet. Die vom Guide propagierten Bierpreise auf der Flaniermeile Temple Bar schreckten uns zunächst ein wenig ab, so dass wir den Plan schmiedeten, vorerst außerhalb des Zentrums ein paar Pints zu trinken, bis uns die Bierpreise im Szeneviertel egal sind.
Zunächst zog es uns ins Mulligan’s, einem Pub aus dem 18. Jahrhundert, bevor wir den ältesten Pub der Stadt ansteuerten. The Brazen Head hat seine Wurzeln im Jahr 1198, während der Name 1653 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Das aktuelle Gebäude wurde 1754 errichtet. Ein schöner Thekenplatz bescherte logistisch vorteilhafte Bedingungen und guten Blick auf die Liveband, die ab 21:30 Uhr allerhand Klassiker zum Besten gab. Den Platz an der Sonne mussten wir mit fortgeschrittener Zeit auf Wunsch zweier Damen mit fortgeschrittener Lebenszeit für einen Platz am Tisch in der ersten Reihe aufgeben. In Irland ist am 10. März Muttertag, weswegen es sich die Dubliner Mütter besonders gut gehen ließen. Nicht ohne uns in die irischen Trinkgepflogenheiten einzuweihen. Mit Ladenschluss trennten sich die Wege wieder. Unser führte ganz bewusst in die Temple Bar mit der roten Fassade, den bekanntesten Pub der Stadt im gleichnamigen Viertel. Die Touristenfalle wollten wir zumindest einmal von innen gesehen haben. Knapp 10 € war uns das Pint aber nicht wert, so dass wir uns lieber ein paar Türen weiter in Bad Bobs Temple Bar mit den üblichen 6,50 € für 0,5683 Liter Guinness arrangierten und den letzten Abend ausklingen ließen.
Besuch bei Molly Malone und dem Croke Park
Nach einer ordentlichen Mütze Schlaf nutzten wir die letzten Stunden bis zum Abflug, um noch etwas von der irischen Hauptstadt zu sehen. Fußläufig erreichbar waren das Trinity College und die Molly-Malone-Statue. Ein Griff an den üppigen Busen der Fischhändlerin soll Glück bringen. Das führt dazu, dass die unzähligen Touristengriffel das Dekolleté der Bronzeskulptur mit der Zeit ordentlich zum Glänzen gebracht haben. Dublins Stadtrat und die Straßenmusikerin Tilly Cripwell möchten das in Zukunft verhindern, wozu die Kampagne „leave Molly mAlone“ ins Leben gerufen wurde.
Bleibenden Eindruck hinterlassen hatten in Dublin ansonsten vor allem die Fußgängerampeln, die eine sehr lange Gelbphase haben – wozu auch immer – und beim Wechsel auf Grün einen lustigen Ton abgeben, als würde jemand in einem Austin-Powers-Film einen Schuss aus einer kleinen Laserkanone abgeben. Außerdem lag auf den Gehwegen überall Hundescheiße. Wirklich überall!
Im Fäkalienslalom spazierten wir im Laufe des Vormittags Richtung Croke Park, dem größten Stadion der irischen Insel. Nur äußerst selten wird in dem 82.300 Zuschauer fassenden Betonraumschiff auch Fußball gespielt. Die Gaelic Athletic Association (GAA) versteht in der Sache nämlich so gar keinen Spaß. Der irische Verband, der sich die Förderung von gälischen Sportarten auf die Fahne geschrieben hat, forciert seine Ziele mit sehr radikalen Mitteln. Während der Ausschluss von GAA-Mitgliedern, die nebenbei noch Fußball spielten, in den 70ern gekippt wurde, besteht das Verbot zur Nutzung von GAA-Sportstätten für ausländische Sportarten bis heute. Erst 2005 wurde der Beschluss gefasst, dass diese Regel in Ausnahmefällen temporär ausgesetzt werden könne.
Der Ball rollte an diesem Wochenende leider nicht. Kein Gaelic Football, kein Hurling und erst recht kein Fußball. Daher blieb nur, den Koloss von außen zu bewundern. Kurios erscheint, dass Schienen und der Royal Canal förmlich durch den Croke Park verlaufen. Eine Erinnerungstafel an der Brücke, die vom Bloody Sunday erzählt, bringt uns gedanklich wieder zurück in die konfliktreiche Vergangenheit des Landes. Britische Milizen richteten 1920 ein Blutbad im Croke Park an, in dem sie zehn Minuten nach Anpfiff eines Gaelic-Football-Spiels vom Feld in die Zuschauermenge schossen. 14 Menschen starben dabei, hunderte wurden verletzt. Eine Racheaktion dafür, dass am Morgen desselben Tages 15 britische Militärs kaltblütig von der IRA ermordet wurden.
Die Schießerei im Croke Park gilt als entscheidender Wendepunkt im Unabhängigkeitskrieg Irlands. Der dadurch gewachsene Zuspruch für die selbsternannte Republik zwang die Briten letztlich an den Verhandlungstisch, wo eine grundsätzliche Autonomie gewährt und damit der Weg zur vollständigen Unabhängigkeit 1949 geebnet wurde. Erst 1998 ließen sich die anhaltenden Gewalttaten mit dem Karfreitagsabkommen stoppen, welches den Frieden zwischen der Republik Irland und dem Vereinten Königreich besiegelte.