Kategorien
Erzähl ma

Wir tun alles dafür, dass RWE sich weiterentwickelt – Interview mit Marcus Uhlig

Seit über sechs Jahren ist Marcus Uhlig nun Vorstandsvorsitzender von Rot-Weiss Essen und konnte im Team den langersehnten Aufstieg in die Dritte Liga ermöglichen. Nach sportlichen und finanziellen Startschwierigkeiten in der neuen Liga liefern die Mannschaft auf dem Platz und auf der Geschäftsstelle ab. Es wird Zeit über die Entwicklung bei Rot-Weiss Essen, die Professionalisierung der Nachwuchsabteilung sowie die aktuelle Debatte um den Investoreneinstieg in der DFL zu sprechen:

Jawattdenn.de: Es scheint trotz vieler sportlicher Erfolge in deiner Amtszeit zum ersten Mal so zu sein, als wäre die Stimmung im Umfeld von einer Zufriedenheit geprägt. Inwieweit verändert das dein Arbeiten?

Marcus Uhlig: Ich nehme keine Veränderung wahr, bei RWE war und ist immer konstant viel zu tun.

Jawattdenn.de: Bei der Jahreshauptversammlung im Sommer hast du den durchaus skeptischen Fans versprochen, dass die neu zusammengestellte Mannschaft eine signifikant bessere Rolle spielen werde als in der vergangenen Saison. Hast du damals daran geglaubt, dass die Mannschaft so gut zusammenspielt, wie sie es im Moment tut?

Marcus Uhlig: Wie gut wir wirklich sind, werden wir noch sehen. Ein jeder Blick auf die Tabelle ist immer eine Momentaufnahme und in dieser verrückten Liga sicher nicht der Weisheit letzter Schluss, um die Mannschaftsqualität abschließend einzuordnen.

Mit dem Blick auf den Sommer, auf die Dinge, die wir verändert haben und mit den Protagonisten dahinter, also sportliche Leitung, Trainerteam und Spieler, bin ich davon ausgegangen, dass wir besser sind. Ich habe an diese Entwicklung geglaubt, weil ich an die Hebel und Maßnahmen geglaubt habe, die diese Verbesserung herbeiführen sollten.

Jawattdenn.de: Ihr habt es euch nicht leicht gemacht, als ihr Christoph Dabrowski im Sommer das Vertrauen ausgesprochen habt. Nun zeigt sich, dass der Trainer einen nicht nur attraktiven, sondern auch erfolgreichen Fußball spielen lässt. Inwieweit, glaubst du, ist diese Tatsache ein erster Anstoß, dass das Umfeld von RWE vielleicht nicht sofort im Falle eines Misserfolgs den Kopf des Trainers fordern wird?

Marcus Uhlig: Ich hatte immer und vertrete nach wie vor die Meinung, dass wir etwas auch gegen den Widerstand der Tribünen oder der Medien durchsetzen müssen, wenn wir von unserem Weg überzeugt sind. Ich bin froh, dass es funktioniert hat, weil ich mich persönlich vor Christoph Dabrowski gestellt habe.

Außerdem ist eine Kontinuität an den entscheidenden Stellen der sportlichen Ebene wichtig für den Erfolg. An dieser Entscheidung kann man sehen, dass das keine hohle Phrase ist.

Jawattdenn.de: Nach einem halben Jahr geht es in die umgekehrte Richtung: Tribüne und Medien wünschen sich die Vertragsverlängerung mit dem Trainer. Im Januar wollte man sich zusammensetzen. Woran liegt es, dass bislang noch kein Ergebnis veröffentlicht werden konnte?

Marcus Uhlig: Die Verhandlungen laufen längst.

Jawattdenn.de: Der Trainer selbst sieht den Weg auch nicht am Ende. Woran hakt es dann im Moment?

Marcus Uhlig: Es hakt nicht, aber eine Vertragsverlängerung ist keine simple Angelegenheit, bei der man drei Zahlen hinschreibt, sondern ein komplexer Prozess. Bevor es da um Zahlen geht, gibt es Gespräche auf verschiedenen Ebenen bezüglich Hintergründe oder Potentialanalysen, was wir als Verein in der kommenden Saison machen können, welche personellen Veränderungen wir vornehmen wollen, was gut und schlecht gelaufen ist. Der Prozess läuft längst, aber ich werde keine Datumsangabe machen, wann wir etwas verkünden.

Jawattdenn.de: Ihr habt von der DFB-Auflage erzählt, dass Rot-Weiss zum Jahresende 2023 einen Gewinn von 160.000€ erzielen muss. Habt ihr die Bilanz schon so weit fertig, dass ihr wisst, ob das Ziel erreicht wurde?

Marcus Uhlig: Wir sind gerade dabei, den Jahresabschluss zu finalisieren. Ich kann aber schon jetzt sagen: Wir werden dieses Ziel erreichen!

Jawattdenn.de: Ihr habt das Geschäftsjahr auf die Saison gelegt. Das bedeutet, dass die JHV 2024 auf das Jahresende fallen wird. Wird es vor dem Herbst nochmal einen Austausch mit den Mitgliedern geben?

Marcus Uhlig: Wir werden im Herbst 2024 auf einer Jahreshauptversammlung über das Jahr 2023 und über das Rumpfgeschäftsjahr Rückrunde 2023/24 Auskunft geben. Vorher ist nichts geplant, da wir erst im November 2023 das letzte Treffen mit den Mitgliedern hatten.

Jawattdenn.de: Ihr seid wahrscheinlich schon fleißig bei der Budgetplanung der kommenden Saison, die Lizenzierung steht sicher auch an?

Marcus Uhlig: Die Lizenzanträge für die 3. Liga und die 2. Bundesliga müssen bis zum 01. März erfolgen und wir werden die Lizenz für beide Ligen beantragen.

Jawattdenn.de: Aufgrund des fehlenden Trainingslagers und der ausbleibenden Neuverpflichtungen entstand bei ein paar Fans die Angst, dass RWE Probleme haben könnte, einen angemessenen Etat für die Liga bereitzustellen. Inwieweit kannst du Stand heute diese Angst nehmen?

Marcus Uhlig: Probleme kann es bei fast jedem Verein geben, da es schwieriger ist zu planen, je weiter man im Voraus auf eine Saison guckt. Gucken wir uns beispielsweise unsere Situation an. Werden wir Vierter und erreichen den DFB-Pokal? Werden wir Dritter? Oder verlieren wir in Uerdingen? Das allein zeigt die Unwägbarkeiten, vor denen wir stehen.

Im Laufe des letzten Jahres haben wir das Controlling ausgebaut und dieser Prozess ist noch nicht ganz abgeschlossen. Der Verein Rot-Weiss Essen hat die Wahrscheinlichkeit signifikant erhöht, vor Überraschungen gefeit zu sein.

Ich kann für die kommende Saison aber schon sagen, dass wir zwei Trainingslager, im Sommer und im Winter, einplanen.

Jawattdenn.de: Der Hauptsponsoringvertrag mit IFM läuft bis zum Saisonende. Wie zufrieden ist IFM mit der Entwicklung von Rot-Weiss Essen?

Marcus Uhlig: Wir sind im guten Austausch mit IFM, bei der eine große Zufriedenheit mit uns zu spüren ist. Wir sind auch mit allen weiteren Premiumpartnern im guten Austausch, aber auch hier möchte ich keine Wasserstandsmeldungen abgeben.

Jawattdenn.de: Prinzipiell ist der Trend erfreulich, indem ihr mit RWE und IFM zwei große Konzerne der Stadt gewinnen konntet. Wie schwierig gestaltet sich die Aufgabe, größere Unternehmen zu überzeugen, dass eine Partnerschaft sinnvoll ist?

Marcus Uhlig: Die Frage ist eigentlich anachronistisch, weil wir darüber hinweg sind. Rot-Weiss Essen hat extrem starke Partner mit IFM und mit RWE gewinnen können. Es gibt nicht den einen Grund, weswegen andere Unternehmen nicht dabei sind, sondern in jedem Gespräch ist es unterschiedlich. Gerade in den größeren Unternehmen sprechen verschiedene Abteilungen mit und alle müssen von dem Schritt überzeugt sein. Für jedes Unternehmen werden individuell Konzepte angefertigt, da diese Partnerschaften schon lange darüber hinausgehen, dass es nur – übertrieben gesagt – um eine Werbebande und eine Anzeige in der kurzen fuffzehn geht.

Jawattdenn.de: Der Vorstand ist im vergangenen Jahr durch Sascha Peljhan und Alexander Rang vergrößert worden. Wie gut funktioniert die Zusammenarbeit zwischen euch dreien?

Marcus Uhlig: Zwischen uns dreien funktioniert die Zusammenarbeit sehr gut.

Jawattdenn.de: Du hast zuvor viel Arbeit in Vertrieb und Sponsorengewinnung gemacht. Für diesen Bereich ist Alexander Rang explizit geholt worden. Wie habt ihr eure Arbeitsfelder abgesteckt?

Marcus Uhlig: Die Maßgabe für uns drei war, dass wir gemeinsam die Aufgaben für den Verein besprechen und uns abstimmen, wer in seinem Ressort diese Aufgaben abarbeitet. Ressortmäßig übernimmt Alex das Thema Sponsoring / Vertrieb, ich bin als Vorstandsvorsitzender aber natürlich weiter dabei. Eine so strikte Trennung kann es gar nicht geben.

Jawattdenn.de: Welche Baustellen können denn angegriffen werden, wenn beispielsweise beim Ticketing die Möglichkeit eingerichtet wurde, digitale Tickets auszudrucken?

Marcus Uhlig: Gerade im Bereich Ticketing arbeiten wir weiter an einer noch besseren Digitalisierung und Professionalisierung. Da ist noch längst nicht alles gut.

Jawattdenn.de: In der Öffentlichkeit gebt ihr seit dem Aufstieg ambitionierte Statements ab. Es sollte nicht die Klasse gehalten, sondern sich in der Liga etabliert werden. In dieser Saison wird sich immer wieder mit dem Szenario Aufstieg in die Zweite Liga auseinandergesetzt. Inwieweit ist das geplant, da ihr damit durchaus Erwartungen weckt?

Marcus Uhlig: Wenn man darüber in der richtigen Art und Weise spricht, dann wird dadurch kein übermäßiger Druck erzeugt. Mit der richtigen Art und Weise meine ich, dass sich der Verein auch weiterentwickelt.

Ich würde niemals fordern, dass wir in diesem Jahr oder im nächsten Jahr aufsteigen werden. Aber dass wir alles dafür tun, dass RWE in der kommenden Saison besser spielt, ist doch klar. Damit wir dieses Ziel formulieren können, haben wir hinter den Kulissen noch viel Arbeit zu tun, da geht es konkret auch um Geld.

Jawattdenn.de: Eine Weiterentwicklung habt ihr nicht selbst in der Hand. Die Abstimmung über erste Mittel zum Stadionausbau sollte im Januar erfolgen, das Thema ist jedoch abgesetzt. Kannst du uns verraten, wann das Projekt Stadionausbau im Stadtrat diskutiert wird?

Marcus Uhlig: Ich habe gehört, dass eine beschlussfähige Vorlage in die Ratssitzung Ende März eingebracht werden soll. Ob das dann so kommt, weiß ich nicht, weil es in den Händen der Politik liegt.

Jawattdenn.de: Der Verein macht momentan spannende Projekte auf Social Media z.B. mit den 257ers und Freerunning Schlappen. Ist das eine konkrete Planung gewesen oder jeweils Zufallsideen?

Marcus Uhlig: Das ist Teil der Weiterentwicklung des Vereins. Es war gut, mit Essener Lokalgrößen gemeinsam etwas zu machen. Es werden noch zwei, drei weitere Aktionen kommen.

Jawattdenn.de: Ein Ärgernis stellt das Grün im Stadion dar. RWE hat einmal mehr investiert, um eine angemessene Spielfläche zu bekommen und erneut sieht der Rasen aus, als sei er kaum noch zu retten. Habt ihr schon eine Analyse, warum der Rasen nach so kurzer Zeit wieder ramponiert ist?

Marcus Uhlig: Wir haben im Herbst den Saatfehler aus dem Sommer mit Rollrasen korrigiert und sind mit der aktuellen Qualität nicht zufrieden. Wir haben bereits nachgesteuert, indem wir zwei mobile UV-Lampen angeschafft haben. Diese Lampen haben für Wachstum in einer Zeit gesorgt, in der auf natürlichem Wege kein Wachstum stattgefunden hätte.

Normalerweise wächst Rasen frühestens im Frühling wieder. Wir hoffen, ihn durch die Lampen möglichst schnell wieder dichter und kompakter zu bekommen.

Jawattdenn.de: Beeindruckend sind die Arbeiten an der Seumannstr. Wie vergleichbar sind die Trainingsbedingungen mit denen von NLZs etablierter Profiteams wie zum Beispiel dem VfL Bochum?

Marcus Uhlig: Wir kämpfen an verschiedenen Stellen daran, die Lücken kleiner werden zu lassen. Es ist aber nicht so, dass alle anderen stillstehen und nur wir uns weiterentwickeln. Der VfL Bochum ist erfolgreich und investiert ebenfalls in seinen Nachwuchsbereich.

Wir haben zwei gute neue Kunstrasenplätze fertig, bis April bzw. Mai wird das Jugendstadion fertig. Außerdem bekommen wir mehrere kleine Athletikparcours dazu. Im nächsten Schritt müssen wir über unsere Funktionsgebäude nachdenken. Es gibt viele Ideen, ob wir an der Stelle um- und ausbauen oder ob wir an anderer Stelle neu bauen. Wenn das alles fertig ist, kannst du bald wieder von vorne anfangen, denn dann überholen dich von außen wieder neue Entwicklungen.

Wir hätten nicht aus einer falsch verstandenen Tradition heraus die Jugendarbeit weiterbetreiben dürfen. Entweder muss man das richtig machen oder lassen. Wir haben uns klar zu unserem Nachwuchsleistungszentrum bekannt und tun alles, damit wir konkurrenzfähig bleiben.

Hier geht es nicht darum, anderen Vereinen die Talente abzuluchsen. Wir wollen nicht mit der TSG Hoffenheim, dem FC Augsburg oder dem FC St. Pauli um Talente buhlen, sondern wir wollen die Talente aus Essen schneller und früher erkennen. Diese Talente wollen wir zum richtigen Zeitpunkt zu uns holen und hier bestmöglich ausbilden. Dafür schaffen wir die infrastrukturellen Rahmenbedingungen. Weil wir uns auf Essener Jungs konzentrieren, wird es auf absehbare Zeit auch kein Internat geben.

Jawattdenn.de: Inwiefern ist die verbesserte Infrastruktur ein Baustein, um eine höhere Zertifizierung für das NLZ zu erhalten?

Marcus Uhlig: Das spielt eine Rolle, da ändern sich jedoch regelmäßig die Parameter. Wir sind mit unserem NLZ in der B-Gruppe. Um in die A-Gruppe zu kommen, muss man zwei weitere hauptamtliche Kräfte einstellen. Hier ist die Überlegung, ob man das machen will und ob man es kann. Perspektivisch für die Weiterentwicklung würde ich eher in den Jahrgängen von U19 und U17 über hauptamtliche Trainer nachdenken.

Jawattdenn.de: Christoph Dabrowski gibt den Nachwuchsspielern immer wieder Einsatzzeiten. Wie zufrieden seid ihr denn momentan mit der Arbeit in dem Bereich?

Marcus Uhlig: Zusätzlich bringt Christian Flüthmann einen Background im NLZ mit und verantwortet es auch in seiner neuen Aufgabe. Auch die Verzahnung mit dem Einsatz von Putsche Helmig und Michael Lorenz funktioniert richtig gut. Mit Ahmed Etri und Mats Brune kommen zwei gute Talente nach. Es gehört aber weiterhin Glück dazu, dass du einen guten Jahrgang hast.

2017 waren Hafenstraße und Seumannstraße gefühlt zwei verschiedene Welten. Das haben wir in eine ganz andere Richtung gestoßen und deswegen sehe ich uns da auf einem guten Weg.

Jawattdenn.de: Die zweite Mannschaft befindet sich ebenfalls auf einem guten Weg als Spitzenreiter der Kreisliga B. Wie schwierig wird es nach einem möglichen Aufstieg in die Kreisliga A?

Marcus Uhlig: (lacht) Jetzt mache ich Druck: Wenn wir aufsteigen, wonach es aktuell aussieht, wird es das Ziel sein, sofort wieder aufzusteigen.

Jawattdenn.de: Ab welcher Liga lohnt sich der Betrieb einer zweiten Mannschaft für Rot-Weiss Essen?

Marcus Uhlig: Ich würde sagen, bereits ab der Landesliga. Ab dem Moment werden wir die Mannschaft ins NLZ eingliedern. Einem rekonvaleszenten Thomas Eisfeld kannst du nicht zumuten, in der Kreisliga B erste Einsatzminuten zu machen, in der Landesliga geht das schon eher.

Langfristiges Ziel wäre die Oberliga, allerdings sollten wir es langsam angehen. Wir haben ein wenig gebraucht, um mit der Mannschaft höher zu kommen. Wir sind optimistisch, diesen Aufstieg zu schaffen. Für die nächste Saison bereiten wir bereits eine Planung vor. Wir sind mit den Verantwortlichen, insbesondere mit Stefan Lorenz und Frank Kurth sehr zufrieden. Vielleicht gibt es auch die ein oder andere Kaderüberraschung in der Zweiten Mannschaft in der nächsten Saison.

Jawattdenn.de: In der Jugendförderung habt ihr euch mit mehreren Spitzenvereinen anderer Sportarten zusammengeschlossen. Wie sieht diese Zusammenarbeit konkret aus?

Marcus Uhlig: Das ist die Vereinigung „Team Talente Essen“. Es gibt monatliche Treffen von Vereinen, die bestimmte Leistungssportkriterien erfüllen müssen. Wir versuchen geeint Themen in der Jugendarbeit zu besprechen, die jeder Verein hat. Thomas Kufen hat die Initiative ergriffen, da der TUSEM, Humann Essen oder wir mit ähnlichen Themen zu ihm kamen. Wir haben durch TTE eine bessere Verzahnung im Essener Sport, sodass wir zunächst absprechen, welche Themen wir alle gemeinsam haben, um diese Themen anschließend gemeinsam bearbeiten zu können.

Wir haben einen guten Weg für die kommunale Unterstützung hinbekommen. Es gibt andere Themen, wie zum Beispiel Fahrdienste, bei denen es gemeinsame Busse gibt, um die Schüler zum Training abzuholen, oder von dort wegzubringen. Die Begleitung ist aufwändig, aber es ist daraus eine viel leistungssportgerechtere Zusammenarbeit mit der Sportverwaltung entstanden, da dort erkannt wurde, dass die Anforderungen bei diesen Vereinen andere sind als im Breitensport. Wenn Team Talente Essen funktioniert und die Vereine in Essen dadurch besser werden, kommt das am Ende auch der Stadt, die sich als Sportstadt darstellt, zugute.

Jawattdenn.de: Gibt es weitere Möglichkeiten des Austausches und der Zusammenarbeit?

Marcus Uhlig: Das gilt es gemeinsam zu erarbeiten. Die Gefahr besteht jedoch, dass man sich kannibalisiert. Bei den anderen Vereinen wird man neidisch auf unser Budget schauen, aber ich muss an der Stelle egoistisch sein. Meine Aufgabe im finanziellen Bereich ist es, dass ich versuche, dass das maximale Sportförderbudget eines Unternehmens bei uns landet. Wenn ich allerdings weiß, dass ein Unternehmen die Förderung streut, dann kann ich dem Solidargedanken folgen und weitere Ziele benennen.

Jawattdenn.de: Kontrovers wird in den Fanszenen die Abstimmung über einen Investor für die DFL gestritten. Auch wenn RWE (noch) nicht Teil der DFL ist: Hast du eine Position in der Frage?

Marcus Uhlig: Ich sehe insbesondere kritisch, wie die Investorensuche und der Investoreneinstieg vorbereitet und kommuniziert wurde. Deswegen ist das Verfahren auch in der ersten Runde gescheitert. Insbesondere wir Drittligisten haben kritisiert, dass der Drittligist, der zufällig in der Saison aufsteigt, von einer einmaligen Geldspritze profitiert und alle anderen nicht. Wenn du dann in der nachfolgenden Saison aufsteigst, musst du mit den langfristigen Rückzahlungsverpflichtungen leben, obwohl du nicht profitiert hast. Das war sehr unausgegoren und mit heißer Nadel gestrickt.

Es hätte das Nadelöhr noch kleiner gemacht. Wenn du die 36 Bundesligisten mit Geld zuschmeißt, machst du sie noch reicher und potenter und erhöhst die Wahrscheinlichkeit, dass alle, die unter diesem Deckel sind, noch mehr abgehängt werden.

Ich sehe Investoren im Fußball kritisch, weil es kaum möglich ist, als Investor im Fußball Geld zu verdienen. Dass die DFL als einer der größten Verbände der Welt sich den großen Herausforderungen stellt, ist richtig. Dass die DFL in den Ausbau der medialen Verbreitung und der Infrastruktur investieren will, sind die richtigen Ansätze. Den Gedanken der DFL stehe ich also nicht grundsätzlich feindlich gegenüber, aber die Art und Weise wie der Prozess gelaufen ist und den derzeit bekannten Verteilerschlüssel, sehe ich sehr kritisch.

Jawattdenn.de: Habt ihr als Drittligisten denn das Konzept bekommen, was konkret mit dem Geld gemacht werden soll?

Marcus Uhlig: Nein.

Jawattdenn.de: Daraus resultiert die Abschlussfrage: Wie die Liga befindet sich Rot-Weiss Essen auch in der Situation, dass es den Spagat zwischen Tradition und Kommerzialisierung durchführen muss. Kannst du uns skizzieren, wie RWE trotz des Wunsches nach Weiterentwicklung und Erfolgen seine grundlegenden Werte behalten kann?

Marcus Uhlig: Wir alle wissen doch, wie besonders dieser Verein ist. Und er ist vor allem so besonders, weil so viele Menschen RWE in ihrem Herzen tragen. Ich glaube, dass Nahbarkeit und Transparenz wichtig sind, um die Menschen rund um RWE abzuholen und mitzunehmen. Wenn wir das grundsätzlich als oberste Prämisse beibehalten, können wir den Verein auf eine Art weiterentwickeln, mit der sich alle, oder zumindest sehr viele Rot-Weisse weiterhin identifizieren können.

Jawattdenn.de: Vielen Dank für das Interview.

Das Interview führte Hendrik Stürznickel.