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Ich werde die emotionalen Momente niemals vergessen – Interview mit Cedric Harenbrock

Ob es die lange Zeit im Rheinland ist oder einfach Lebensfreude: Cedric Harenbrock strahlt immer und kam auch bestens gelaunt zum Jawattdenn.de-Interview. Mit nur 25 Jahren ist er dienstältester Spieler bei Rot-Weiss Essen, was Grund genug ist, mit ihm über die aktuellen Erfolge, seine Leidenszeit zu Beginn bei RWE und seinen ersten Besuch des Stadions an der Hafenstraße zu sprechen.

Jawattdenn.de: Hallo Cedric, wie ist die Stimmung im Training nach dem 3:1 Erfolg beim Tabellenführer?

Cedric Harenbrock: Wir hatten nach dem Spiel zwei Tage frei, damit wir durchpusten konnten. Die beiden Auswärtsspiele in Bayern innerhalb weniger Tage haben Kraft gekostet. Es waren auch lange Busfahrten. Dafür war der Sieg sehr gut, da fährt es sich viel besser.

Heute haben wir wieder viel gemacht. Die Stimmung ist jedoch besser als nach Niederlagen und da macht das Training auch mehr Spaß.

Jawattdenn.de: Du sprichst die langen Busfahrten an. Nimm uns mal mit: Wie sah die lange Fahrt im Mannschaftsbus am Samstag aus?

Cedric Harenbrock: Im Vergleich zur Rückfahrt aus München war es ganz anders, denn da hatten wir keine Musikbox an. Am Samstag liefen Malle-Hits und Karnevalslieder sowie viele andere Songs die ganze Fahrt über rauf und runter. Nach dem Münchenspiel war es sehr still.

Jawattdenn.de: Ich stelle mir das auch so vor, dass die Fahrt nach einer Niederlage gefühlt auch länger dauert…

Cedric Harenbrock: …da waren wir auch erst um 6 Uhr morgens wieder hier. Da musste man irgendwann auch einfach schlafen.

Am Samstag hat niemand geschlafen. Alle waren fröhlich und wir haben sogar ein bisschen was getrunken.

Jawattdenn.de: Mit Sapina, Golz und Brumme fehlten gleich drei starke Mitspieler neben den Dauerverletzten. Was war aus deiner Sicht der Schlüssel zu diesem Erfolg in Regensburg?

Cedric Harenbrock: Nach dem Spiel in München war uns schon bewusst, dass wir auch mal wieder ein gutes Auswärtsspiel zeigen müssen. Uns war es wichtig, dass wir auch auswärts ähnlich gut spielen wie zu Hause und wir noch ein wenig mehr Intensität ins Spiel bringen müssen. Das hat gegen München nicht geklappt, in Regensburg hat das aber funktioniert. Wir sind als Einheit aufgetreten, das haben auch die mitgereisten Fans bemerkt.

Jawattdenn.de: Vor der Saison hätte niemand gedacht, dass RWE gegen den SSV Ulm ein Spitzenspiel wird. Das ist es aber und der Heimbereich ist beinahe ausverkauft. Wie groß ist die Vorfreude?

Cedric Harenbrock: Wir wissen, dass dieses Spiel genauso ein Topspiel ist wie die Spiele in Regensburg und Dresden in der Woche danach. Wir wissen aber auch, dass die Gegner nicht ohne sind, weil sie zurecht da oben stehen. Deswegen wird das auch ein sehr geiles Spiel. Chapeau an Ulm, wie sie spielen. Im Hinspiel war das auch eine Einheit, die defensiv sehr gut gestanden hat. Dazu spielen sie frech nach vorne.

Dieses Mal spielen wir aber an der Hafenstraße, wo wir in dieser Saison sehr stark sind. Da wollen wir weitermachen.

Cedric Harenbrock trifft zum Aufstieg in die 3. Liga.

Jawattdenn.de: Beim letzten Gastspiel in Dresden musstest du auf der Bank sitzen. Ist das für dich persönlich einmal mehr ein besonderes Spiel, weil du jetzt wahrscheinlich in der Startelf stehen wirst?

Cedric Harenbrock: Ich habe mir auch in der letzten Saison gewünscht, dort zu spielen. Da sind sogar 30.000 Menschen im Stadion. Dazu geht es nicht gegen irgendeinen Gegner, sondern Dynamo. Ich hoffe einfach, dass ich dann gesund bin und der Trainer mich aufstellt.

Jawattdenn.de: Zu deinem Werdegang: lt. den öffentlich zugänglichen Informationen hast du als gebürtiger Wuppertaler erst mit zehn Jahren, dafür direkt in der Jugend des Wuppertaler SV angefangen.

Cedric Harenbrock: Das stimmt nicht ganz, das findet man jedoch nicht im Internet. Ich habe als ganz kleiner Junge bei Bayer Wuppertal angefangen. Ich habe bei meinem Bruder, der zweieinhalb Jahre älter ist, in der Mannschaft mitgespielt. Ich wollte dann in meine eigene Altersklasse, also die Bambinis, gehen. Das hat jedoch nicht so gut funktioniert, weil ich fußballerisch schon weiter war. Ich habe mich nicht in den großen Pulk um den Ball geworfen, sondern stand ein wenig an der Seite und habe mich gefragt, warum mir niemand den Ball zuspielt.

Ich hatte damals eine Trainerin, die meinen Eltern sagte, ich hätte keine Lust auf Fußball. Das konnten meine Eltern jedoch nicht glauben und ich habe fortan immer zwei Altersklassen darüber mitgespielt. Mit zehn Jahren kam dann der Wechsel zum WSV. Mein Bruder ist damals dorthin gewechselt. Ich habe mir das Training des Jahrgangs 97 angeschaut und ich fand es anspruchsvoller. Deswegen wollte ich auch dorthin, bin dann aber nach einem Jahr schon nach Leverkusen gegangen.

Jawattdenn.de: Ist der WSV auf dich zugegangen oder konnte man sich damals direkt dort anmelden?

Cedric Harenbrock: Wir haben irgendwann den Trainer angesprochen, ob ich mal mittrainieren kann. Es hat ihm gefallen und er wollte mich behalten. Dann kam aber nach dem Jahr schon das Interesse von Leverkusen.

Ich habe erst später gehört, dass es schon ein Interesse von Leverkusen gab, als ich noch bei Bayer Wuppertal gespielt habe. Das wurde aber abgeblockt und weder mir noch meinen Eltern erzählt. Als ich dann zum „Feind“ WSV gewechselt bin, hat man dort den Leverkusenern gesagt, dass sie mich doch nochmal anschauen sollten und hat mir und meinen Eltern auch von dem Interesse erzählt.

Jawattdenn.de: Das heißt, du wurdest schon in dem jungen Alter gescoutet?

Cedric Harenbrock: Ich glaube, es gab durch die gemeinsame Unterstützung von Bayer auch eine Connection in der Jugendarbeit bei Wuppertal und Leverkusen. Ich weiß nicht, wo sie mich angeschaut haben, es kam auf jeden Fall irgendwann der Anruf, ob ich ein Probetraining machen möchte. Es waren Osterferien, als ich dorthin gegangen bin. Auch von dort kam schnell die Rückmeldung, dass sie mich gern haben wollen und dann habe ich das gemacht.

Jawattdenn.de: Bist du in Wuppertal wohnen geblieben? Denn von Wuppertal nach Leverkusen ist es ja ein Stück zu fahren.

Cedric Harenbrock: Das habe ich am Anfang meinen Eltern zu verdanken, dass ich dorthin wechseln konnte. Sie haben mich in den ersten Jahren immer zum Training gefahren. Erst mit 14 oder 15 Jahren kam ein Fahrdienst dazu, der mich abgeholt hat. Das hat meine Eltern dann entlastet.

Jawattdenn.de: Gab es einen Moment, in dem dir klar wurde, dass das Ziel Profifußball erreichbar sein wird?

Cedric Harenbrock: Das Gefühl hatte ich die ganze Zeit. Der Traum hat schon bei Bayer Wuppertal gelebt, als ich gemerkt habe, dass es mir Spaß macht und dass ich etwas kann. In Leverkusen, als wir gegen Dortmund und Bayern angetreten sind, wusste ich, dass ich in einer der Topnachwuchsmannschaften in Deutschland gespielt habe. Ich konnte mithalten und guten Fußball spielen.

Es ist aber von Jahr zu Jahr eine neue Herausforderung. Man wird älter, wir haben immer wieder neue Trainer gehabt. Das lief auch nicht immer sofort top, aber letztendlich habe ich mich durchgekämpft. In der U19 wurde mir klar, dass ich bald fertig bin und es auf hohem Niveau weitergehen kann.

Jawattdenn.de: Neben den Duellen gegen die nationalen Topvereinen hast du mit Leverkusen sogar europäisch gespielt.

Cedric Harenbrock: Dadurch, dass Leverkusen Champions League gespielt hat, hatten wir als Jugendmannschaft die Chance in der Youth League zu spielen. Es war eine schöne Erfahrung, in England und Frankreich zu spielen.

Jawattdenn.de: Warum hast du die Entscheidung gefällt, Leverkusen nach 9 Jahren zu verlassen?

Cedric Harenbrock: Ursprünglich hatte ich einen Vertrag für die Zweite Mannschaft in Leverkusen, die allerdings schon zwei Jahre, bevor ich dort hineingekommen wäre, abgeschafft wurde. Den Weg in der zweiten Mannschaft hätte ich gerne wahrgenommen, weil ich noch nicht so weit für die Bundesliga war. Daraufhin war ich froh, als das Angebot aus Essen gekommen ist.

Da ich aus Wuppertal komme, hatte ich Kumpels die WSV-Fans waren, da beschäftigt man sich automatisch schon mit Rot-Weiss Essen. Mir war allerdings nicht die Wucht der Fanbase hier bewusst.

Ich weiß nicht, ob ich das erzählen sollte, aber ich war, weil meine Kumpels mich damals mitgenommen haben, tatsächlich zum ersten Mal hier im Stadion im Gästeblock [28.05.2016: Niederrheinpokalfinale RWE -WSV 3:0 Anm. d. Red.]. Da wusste ich aber noch nicht, dass ich hier mal spielen würde. Aber ich habe schon gemerkt, was das für ein geiles Stadion war. Es hat dann nur noch ein Jahr gedauert, bis ich hier selbst als Spieler stehen konnte.

Jawattdenn.de: Wie ist der Kontakt nach Essen zustande gekommen?

Cedric Harenbrock: Damals hat Jürgen Lucas sich bei meinem Berater gemeldet. Beim ersten Treffen war außerdem Sven Demandt dabei, der hier noch Trainer war. Ich bin hierher gefahren, habe mir alles angeguckt, habe viele Leute kennengelernt und dann ging alles ziemlich schnell.

Jawattdenn.de: Du bist fast sieben Jahre hier. Hättest du vor der Unterschrift gedacht, dass Essen für so lange Zeit deine sportliche Heimat wird?

Cedric Harenbrock: Das hätte ich vorher sicher nicht gedacht. Wenn man sich die Werdegänge vieler Fußballer ansieht, findet man selten jemanden, der so lange bei einem Verein bleibt. Ich denke, dass die Anfangszeit mit meinen zwei großen Verletzungen dazu beigetragen hat. Ich bin heute noch froh, dass Rot-Weiss mir trotzdem immer das Vertrauen gegeben hat und mit mir verlängert hat, damit ich Zeit hatte, mich nochmal zu präsentieren. Das wollte ich unbedingt zurückzahlen.

Heute bin ich umso glücklicher, dass wir so einen Weg bereits gegangen und aufgestiegen sind. Ich habe immer davon geträumt, ein Teil der Mannschaft zu sein, die hier aufsteigt. Wir haben das geschafft. Es war ein erlösendes Gefühl. Dieser Aufstieg bedeutet mir sehr viel.

Comeback in Ingolstadt

Jawattdenn.de: Du sprichst viele Erfolge an, die es in deiner Zeit hier gegeben hat. Du bist jedoch 2017 nach Essen gekommen, als durch ausbleibende Erfolge die Stimmung rund um die Hafenstraße gar nicht gut war. Fragt man sich da als junger Spieler nicht, wo man da hineingeraten ist?

Cedric Harenbrock: Ich erzähle das manchmal den Jungs in der Mannschaft, die das gar nicht kennen, was hier mal abging. (lacht) In schwierigen Zeiten wie den hohen Niederlagen gegen Unterhaching und Verl bekommt man ja eine Andeutung davon, wie es aussieht, wenn der Gegenwind steigt. Ich sage dann aber immer, dass sie gar nicht wissen, wie das hier früher gewesen ist. Es waren auch teilweise nur noch wenig Zuschauer im Stadion, zeitweise nur 5-6.000 bei Heimspielen.

Das ist als junger Spieler schon außergewöhnlich, wenn man in viele Mittelfinger guckt und beleidigt wird. Ich kann das keinem empfehlen, in so einer Situation vor der Kurve zu stehen. Ich bin dennoch froh, dass ich diese Zeiten miterlebt habe. Denn so kann man die guten Zeiten heute sehr viel besser einordnen. Es ist gleichzeitig ein Ansporn, solche Zeiten nicht wieder zuzulassen.

Jawattdenn.de: Zusätzlich belastend war für dich sicherlich die zweijährige Verletzungszeit mit einem Sehnenriss sowie zwei Kreuzbandrissen. Wie verkraftet man das als junger Spieler, der den Durchbruch im Seniorenfußball erreichen möchte?

Cedric Harenbrock: Beim ersten Kreuzbandriss wusste ich, dass ich lange raus bin. Man lässt sich behandeln und weiß, dass man arbeitet, um dann wieder auf dem Platz zu stehen. Ich war in der Winterpause wieder da und nach zwei Wochen Training hatte ich den zweiten Kreuzbandriss. Das hat mich richtig hart getroffen. Das passiert glücklicherweise selten, aber wenn ich von einem Spieler lese, dem das passiert, kann ich das nachfühlen. Da denke ich schon an diese Spieler.

Ich weiß, dass es eigentlich dumm ist, weil es viel schlimmere Erkrankungen gibt, aber nach dem zweiten Kreuzbandriss hatte ich sehr düstere Gedanken. Ich wollte nicht nochmal von vorne anfangen. Da haben mich meine Eltern aufgefangen und mir klargemacht, dass es sehr viel wichtigere Sachen im Leben gibt. Ich bin froh, dass ich solche Eltern und Freunde habe, die mir geholfen haben, denn es ist sehr schwer, diese Dinge mit sich selbst auszumachen.

Ich bin auch stolz auf mich selbst, weil sehr entscheidend ist, wie du die Reha absolvierst, wie gut und schnell du wieder auf dem Platz stehen kannst. Das habe ich so professionell und gut hinbekommen, dass mich diese beiden Verletzungen heute nicht mehr auf dem Platz beeinträchtigen.

Jawattdenn.de: Ich stelle mir vor, dass man sich auch fragt, ob der Leistungssport zu viel für den eigenen Körper sein könnte?

Cedric Harenbrock: Die Gedanken kommen, man darf die Situation für einen Fußballer nicht unterschätzen. Umgekehrt glaube ich, dass diese Erfahrung mich mental sehr viel stärker gemacht hat.

Jawattdenn.de: Zurück zum Sportlichen: Man hatte von außen den Eindruck, dass Rot-Weiss ab der Saison 2019/20 unter Christian Titz sehr viel offensiver den Aufstieg anpeilte. Konnte man diese Änderung auch in der Mannschaft spüren?

Cedric Harenbrock: Ich finde, dass es noch ein Stück professioneller geworden ist. Die Kaderqualität hat sich außerdem noch einmal erhöht. Da kamen schon Spieler, mit denen der Verein schon hätte aufsteigen können. Das war eine sehr gute Mannschaft.

Jawattdenn.de: Du hast in all den Jahren viele Spieler kommen und gehen sehen, die Gesichter des Vereins waren. In den letzten Jahren trittst du bei öffentlichen Terminen immer mehr in den Vordergrund. Wie liegen dir öffentliche Auftritte?

Cedric Harenbrock: Es gibt Spieler, die es schlimmer finden, Interviews zu geben oder Autogrammstunden mitzumachen. Es gehört dazu und ich merke, wie viel Freude es vielen Fans macht, den Kontakt zu suchen und uns Spieler kennenzulernen. Deswegen machen mir diese Termine großen Spaß.

Jawattdenn.de: Du hast in all den Jahren viele Tore für RWE geschossen. Hast du ein bestimmtes Tor, das für dich persönlich wichtig war?

Cedric Harenbrock: Beim Spiel gegen Düsseldorf II durften erstmals nach Corona wieder 5.000 Menschen ins Stadion. Dort bin ich eingewechselt worden und habe sofort das 2:0 gemacht. Das war emotional für mich.

Ich habe auch mal in Wuppertal getroffen. Da haben wir zwar verloren, aber meine Kumpels waren alle auf der Tribüne und haben mein Tor gesehen.

Aber auch das 1:0 gegen Ahlen, das den Aufstieg bereitet hat, werde ich niemals vergessen. Da ging ein Stoß durch das Stadion, alle sind aufgestanden, es war grenzenloser Jubel. Das war echt krass.

Jawattdenn.de: Es gab sehr viele emotionale Aktionen von dir. Der Aufstieg war für die meisten RWE-Fans eines der emotionalsten Momente ihres Fandaseins. Mir ist aber auch eine Vorlage von dir in den Sinn gekommen. In der Verlängerung hast du nämlich den Ball auf Simon Engelmann gespielt, der dann das 2:1 gegen Leverkusen erzielt hat.

Cedric Harenbrock: Das Video des Spiels kommt jedes Jahr einmal als Rückblick hoch. Das gucke ich mir auch immer wieder gerne an. Ich bin erst in der Verlängerung hineingekommen und niemand hätte gedacht, dass wir das Spiel drehen. Der Jubel war grenzenlos, auch wenn keine Zuschauer da waren. Da ich lange in Leverkusen gespielt habe, war es für mich persönlich sehr besonders.

Jawattdenn.de: Es sind mir spontan viele emotionale Momente eingefallen, an denen du beteiligt warst. Für dich persönlich habe ich noch ein weiteres Tor in der Dritten Liga vermutet.

Cedric Harenbrock: Vermutlich Ingolstadt.

Jawattdenn.de: Volltreffer! Ich glaube, jeder, der den Verein intensiv verfolgt, hat sich an dem Tag für dich gefreut.

Cedric Harenbrock: Das war die Zeit, in der ich ein wenig weg vom Fenster war und auf der Tribüne saß. Auch das war emotional, zum ersten Mal wieder dabei zu sein und direkt dieses Tor zu machen. Es war gut, dass ich mich zurückmelden konnte. Ich merke gerade, dass ich viele emotionale Tore hier geschossen habe. (lacht) Ich hatte seit dem Spiel dann auch wieder mehr Spielanteile.

Jawattdenn.de: Du sagst, du warst eine Zeit lang weg vom Fenster. Verrätst du uns, wie Christoph Dabrowski mit dir in dieser für dich schwierigen Zeit kommuniziert hat?

Cedric Harenbrock: Es gehört leider zum Fußball dazu, dass man manchmal nicht so sehr auf dem Radar des Trainers ist. Für mich war diese Zeit vergleichbar mit der Reha, weil ich an mir gearbeitet habe, um wieder auf den Platz zu kommen. Da muss der Impuls zur Kommunikation mit dem Trainer auch mal vom Spieler kommen und das habe ich gemacht.

Ich habe aber vor allen Dingen versucht, im Training Top-Leistungen zu zeigen, um mich aufzudrängen. Der Trainer hat dann gesehen, dass er mich gebrauchen kann und ich war froh, dass ich zu diesem Zeitpunkt wieder spielen durfte.

Jawattdenn.de: Du hast auch dieses Vertrauen in der Endphase der letzten Saison auch wieder zurückgezahlt. Neben dem Treffer in Ingolstadt hast du auch ein technisch starkes Tor gegen 1860 München gemacht, das auch nicht jeder Spieler so erzielt.

Cedric Harenbrock: Letztendlich hat der Fußball, den wir letzte Saison gespielt haben, nicht so sehr zu mir gepasst hat. Jeder im Stadion sieht jetzt den Unterschied zu dieser Saison. Der Fußball jetzt passt sehr viel besser zu mir. Ich bin froh, dass der Trainer der Meinung ist, dass ich auch zu dieser Ausrichtung passe.

Einwechslung beim Spiel gegen Düsseldorf II 2020

Jawattdenn.de: Du hast den Ligenwechsel hautnah mitbekommen. Worin siehst du auf dem Platz die Unterschiede zwischen Dritter Liga und Regionalliga?

Cedric Harenbrock: Die Spieler haben eine ganz andere Effektivität und Qualität. Die Stürmer in dieser Liga haben zuletzt unsere individuellen Fehler sofort bestraft. In der Regionalliga kannst du trotz solcher Fehler auch Glück haben, dass das Tor doch nicht fällt oder du den Ball noch verteidigen kannst. Die Diskrepanz zu den oberen Mannschaften wie Oberhausen, Aachen oder damals Münster war nicht so groß, die könnten wahrscheinlich auch in der Dritten Liga bestehen.

Neben den guten Vereinen gab es in der Regionalliga auch ein Gefälle nach unten. Da haben wir zwar auch schonmal gegen kleinere Vereine verloren, das war dann aber eher eigene Doofheit.

In der Dritten Liga hast du dieses Gefälle nicht. Jeder kann hier jeden schlagen und jeder Verein hat Spieler, die etwas draufhaben. Regensburg ist ein sehr gutes Beispiel dafür. Das Team spielt nicht jeden Gegner an die Wand, sie spielen einen einfachen und sehr erfolgreichen Fußball. Es ist einfach eine sehr enge Liga.

Jawattdenn.de: Für dich persönlich läuft es rund, du bist Stammspieler und mit fünf Treffern zweitbester Torschütze, aber auch die Mannschaft ist nach 25 Spielen auf Platz 4. Was sind die Stärken, die diese Mannschaft in dieser Saison ausspielt?

Cedric Harenbrock: Wir sind eine sehr spielfreudige Mannschaft. Wir sprechen auch sehr viel über Fußball allgemein und über den Fußball, den wir spielen wollen. Außerdem haben wir Spieler, die sehr schlau spielen. Ich könnte hier wirklich jeden Spieler der Mannschaft einzeln aufzählen.

Hinzu kommt, dass wir uns unfassbar gut verstehen. Wir hatten zwar jede Saison eine Mannschaft, die sich gut verstanden hat, sonst hätten wir auch den Aufstieg nicht geschafft, aber im Moment passt einfach alles zusammen. Auch das Zusammenspiel mit den Zuschauern: man merkt hier im Stadion, wie positiv die Stimmung ist. Ohne diese tolle Atmosphäre würden wir auch nicht dort oben stehen. Der Fußball passt einfach zu den Leuten, die hier spielen, das zeichnet uns aus.

Jawattdenn.de: Du hast die Stimmung auf der Tribüne erwähnt. Wie erlebst du den Kontakt mit den RWE-Fans?

Cedric Harenbrock: Man merkt, dass alle megahappy mit unserem Werdegang sind. Du hast aber auch gemerkt, dass der Aufstieg ein Meilenstein und eine Erlösung für die Menschen hier war. Ich bin zwar fast sieben Jahre da, aber die Menschen gehen ja schon viel länger ins Stadion und haben noch eine ganz andere Leidenszeit hinter sich, die dann abgefallen ist.

Vor dem Aufstieg lief es eine Zeit lang nicht so gut, als Münster sogar vor uns stand. Ich bin zum Training gefahren und stand hier mit meinem Auto. Gegenüber stand einer, der auch in seinem Auto saß und sein Fenster heruntergekurbelt und gewinkt hat. Ich habe das Fenster auch heruntergemacht und er sagte einfach nur, wir glauben an euch, wir schaffen das. Es war eine Zeit, in der alles negativ war und dieser Mensch war so ungemein positiv, dass ich ganz verwundert war. Mit diesem Menschen habe ich heute immer noch Kontakt und wir schreiben uns immer mal nach Spielen.

Er ist mir so im Gedächtnis geblieben durch seine positive Art, denn wenn wir in der Regionalliga verloren haben, war erstmal alles kacke. Man merkt, dass wir nun auch mal verlieren dürfen. Das haben wir schon zu Beginn der Dritten Liga gemerkt, als die ersten Spiele katastrophal war und das Publikum uns sehr viel verziehen hat.

Ich weiß aber auch, dass es sich drehen kann, wenn wir eine Saison wie beispielsweise Duisburg im Moment spielen. Deswegen freue ich mich gerade über die positive Stimmung.

Jawattdenn.de: Nach sieben Jahren im Verein: Was bedeutet dir Rot-Weiss Essen?

Cedric Harenbrock: Es ist für mich schon Normalität geworden, hier hinzufahren, dass ich mir gar nicht vorstellen kann, morgens woanders hinzukommen. Ich bin lange da, habe viel erlebt und kann einschätzen, was hier passiert, weil ich die Leute und Mitarbeiter hier teilweise schon sehr lange kenne. Es freut mich aber auch so nah an meiner Familie zu sein, dass sie ständig ins Stadion kommen kann. Wenn Spieler weiter weg wechseln, dann können die eigenen Leute nur selten vorbeikommen, so bin ich immer nah an meinen Freunden und meiner Familie.

Ich verbinde auch nicht so schöne Momente, wie die Verletzungen, mit meiner Zeit hier, aber noch viel mehr die schönen und emotionalen Momente, die ich niemals mehr vergessen werde.

Jawattdenn.de: Dass du keine Zwischenstände der Verhandlungen sagen wirst, wissen wir. Aber es klingt nicht so, als sei es ausgeschlossen, dass du über die sieben Jahre hinaus die Fußballschuhe an der Hafenstraße schnürst.

Cedric Harenbrock: Man geht natürlich in Verhandlungen und gleicht ab, was ich mir vorstelle und was der Verein sich in den nächsten Jahren vorstellt. Dass ich mich hier wohlfühle, ist aber kein Geheimnis, deswegen ist es natürlich nicht ausgeschlossen, dass ich hier bleibe.

Jawattdenn.de: Abschlussfrage: Das primäre Saisonziel Klassenerhalt sollte spätestens jetzt geschafft sein. Was ist in dieser Saison noch möglich?

Cedric Harenbrock: Es wird schon viel darüber gesprochen. Wir wollen so lange wie möglich dafür sorgen, dass alles möglich bleibt. So macht es den Menschen noch viel mehr Spaß, hier ins Stadion zu kommen, denn es ist das Ziel von jedem Fan, Rot-Weiss Essen so hoch wie möglich spielen zu sehen. Es ist noch ein langer Weg und es kommen noch viele schwierige Spiele, aber wir freuen uns, dass wir immer noch oben dabei sind.

Jawattdenn.de: Vielen Dank für das ausführliche Interview.

Das Interview führte Hendrik Stürznickel.