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2025/2026 – 3. Liga

SV Wehen Wiesbaden – Rot-Weiss Essen

Nach dem Glamour DFB-Pokal und Borussia Dortmund kommt der Alltag in der Brita-Arena. Auch wenn die Begeisterung für den eigenen Verein überschaubar ist, ist der SVWW wieder einmal richtig stark aufgestellt und eine harte Nuss für Rot-Weiss Essen. Wie der erste Saisonsieg dennoch gelingen soll, erfahrt ihr in unserem Vorbericht.

Vorbericht

Zurück in den Alltag

Die große DFB-Pokal-Party ist vorbei und auch wenn sich der Champions League Teilnehmer durchsetzen konnte, ist keine Katerstimmung aufgekommen. Zu beeindruckend war die Leistung einer Essener Mannschaft, die über den gesamten Zeitraum einen beinharten Kampf präsentierte. Nach dem Glamour des Pokals mit Fernsehübertragung und ausverkauftem Haus wartet nun mit dem SV Wehen Wiesbaden zwar weniger Glitter, jedoch ein richtig harter Gegner.

Kaito Mizuta ist aktuell in guter Form.

Das Personal

Bei den Personalfragen präsentierte Uwe Koschinat auf der Pressekonferenz einerseits gute und leider auch eine unglückliche Nachricht. Zunächst einmal wird Dominik Martinovic aufgrund von Rückenproblemen nicht zum Kader gehören, sodass der erste Ligatreffer für Rot-Weiss Essen eine weitere Woche verschoben werden muss. Ansonsten sind mit Ausnahme von Nicolai Schulte-Kellinghaus alle Spieler einsatzfähig. Besonders überraschend kommt diese Info insbesondere, wenn man auf Marek Janssen schaut, denn dessen Verletzung ließ einen längeren Ausfall befürchten, nun könnte er wohl im Spieltagskader auftauchen.

Die taktische Ausrichtung wird in Wiesbaden spannend. Es ist unwahrscheinlich, dass Koschinat etwas an der Dreierkette verändert, denn diese überzeugte einerseits in allen drei Spielen, andererseits werden wir noch analysieren, dass die Dreierkette gegen den SVWW nicht die schlechteste Wahl ist.

Spannend wird sein, inwiefern der Coach offensiv wechselt. In Havelse standen neben dem unumstrittenen Ahmet Arslan noch Torben Müsel und ebenjener nun verletzte Martinovic auf dem Platz. Ob es Müsel direkt wieder in die Startelf schafft, darf bezweifelt werden. Ramien Safi ist normalerweise erste Wahl, wenn es nach Uwe Koschinat geht und auch Kaito Mizuta setzte gegen den BVB ein klares Ausrufezeichen, dass er mehr als ein herausragender Joker sein will. Dazu drängt auch Marvin Obuz in die Startelf, was auch das Publikum ersehnt.

RWE setzt für Umschaltmomente auf Ramien Safi.

Der Gegner: SV Wehen Wiesbaden (Tabellenplatz 2 / 1 Sieg / 1 Unentschieden / 4 Punkte / 5:3 Tore / Torverhältnis +2)

Die Prognosen der neutralen Medien für den SV Wehen Wiesbaden waren alles andere als gut. Dabei lesen sich die Verpflichtungen durchaus sehenswert. Mit Danny Bogicevic und Niklas May konnten die Wehener gleich zwei spannende Spieler von Viktoria Köln abwerben. Simon Stehle kam zwar nicht auf allzu viel Spielzeit in Saarbrücken, er hat jedoch auch schon bewiesen, dass er einem Drittligateam weiterhelfen kann. Der vom Papier her stärkste Transfer dürfte aber wohl Lukas Schleimer sein, der zuvor in Nürnberg in der 2. Bundesliga spielte.

Demgegenüber stehen die Abgänge der starken Fußballer Nick Bätzner (SC Paderborn) und Thijmen Goppel (Bali United) Für letztgenannten Spieler streckte sich auch Rot-Weiss Essen, konnte ihn aber auch nicht von einem weiteren Drittligajahr überzeugen. Auch die Routiniers Bjarke Jacobsen und Emmanuel Taffertshofer verließen den Verein. Erst kürzlich konnte Wiesbaden noch einen Transfercoup landen, indem sie mit Jakob Lewald einen der Topverteidiger der 3. Liga von sich überzeugen konnten.

Trotz der namhaften Neuzugänge sahen viele – auch der Autor dieser Zeilen – den SVWW eher im Mittelfeld der Tabelle, das Magazin Liga3 Online sah Wiesbaden gar im Abstiegskampf. Diese Einschätzungen werden von der Mannschaft von Nils Döring in den ersten Spielen klar durchbrochen, denn der SVWW kam stark in die Saison hinein.

Die Offensivabteilung ist brandgefährlich. Wiesbaden konnte überraschend den letzten Torschützenkönig der Liga, Fatih Kaya, zum Bleiben überreden und beförderte ihn sogleich zum Kapitän. Neben dem Topstar der Mannschaft laufen Ryan Johansson, Moritz Flotho und Lukas Schleimer auf und sie alle haben in den ersten beiden Spieltagen getroffen. Auch die Joker stechen, denn als Stürmer Nikolas Agrafiotis gegen Ulm eingewechselt wurde, traf auch er, sodass die fünf Tore von gleich fünf unterschiedlichen Spielern erzielt wurden, wodurch Wiesbaden schwer ausrechenbar ist.

Dies spricht sehr dafür, dass Uwe Koschinat an der Dreierkette festhalten sollte, denn Wiesbaden zieht von Beginn an direkt aufs Tor. Den SC Verl überraschte Wiesbaden mit einer einstudierten Anstoßkombination, die Lukas Schleimer nach 10 gespielten Sekunden verwandelte. Die drei Verteidiger müssen sehr wachsam gegen diese Offensive sein.

Defensiv steht Wiesbaden ebenfalls gut, ist jedoch anfällig in der Luft. Hier wären Standards ein Mittel, das unbedingt eingesetzt werden sollte. Während die Einwürfe von Tom Moustier weiterhin Gefahr verbreiten, so resultierte der Treffer gegen 1860 München aus einer Einwurfsituation, ist das Gefahrenpotential nach Ecken und Freistößen bislang kaum erkennbar. RWE müsste hier deutlich konsequenter auf Tore drängen, um die Abwehr des SVWW in Verlegenheit zu bringen.

Der SC Verl konnte Wiesbaden an den Rande einer Niederlage bringen, dies resultierte aber fast ausschließlich aus den genialen Momenten, die Berkan Taz auch diese Saison einbringt. Um die Abwehr in Verlegenheit zu bringen, muss Rot-Weiss ein wenig dieser Spielfreude mit einbringen, denn der SVWW ist momentan in einer richtig starken Form. Dies gestand auch Uwe Koschinat ein, der einmal mehr versuchen wird, den Dreh zu finden, um den ersten Saisondreier einzufahren.

José Enrique Rios Alonso muss die starke Offensive aufhalten.

Über den Tellerrand geschaut: Die Lage der Dritten Liga

Nach zwei Spieltagen ist es weiterhin schwierig einzuschätzen, wie sich die Liga nach fünf, sechs Wochen sortieren wird. Dennoch liegt der Fokus auf folgenden Partien:

Alemannia Aachen – TSV 1860 München

Auf dem Papier sollte Aachen keine Chance gegen die offensive Übermacht von der Grünwalder Straße haben. Das Umfeld der Alemannia ist momentan besorgt aufgrund des zurückhaltenden Verhaltens auf dem Transfermarkt, da kommen die Löwen zur Unzeit. Es wäre jedoch nicht das erste Mal, dass die Dritte Liga sich vermeintlich klaren Verhältnissen verweigert.

MSV Duisburg – SSV Ulm

Aufsteiger gegen Absteiger – auch hier sollten die Rollen klar verteilt sein. Doch schwimmt der MSV momentan auf einer Euphoriewelle, die bereits einen Aufsteiger (Jahn Regensburg) locker weggespült hat und mit einem Heimsieg könnte der MSV den Spitzenplatz verteidigen. Ulm kann man aktuell mit am schwersten einschätzen, sodass unklar ist, ob die Spatzen als Spaßbremsen im Zebrastall auftreten können.

SV Waldhof Mannheim – Viktoria Köln

Der FC Hollywood der dritten Liga ist auch in dieser Saison der Waldhof. Vor der Saison waren sie sogar bereit eine kleine Ablöse für Dominik Glawogger an Jahn Regensburg zu zahlen, weil sie überzeugt waren, dass der Trainer, der sie in der Klasse gehalten hat, auch der richtige Mann für diese Saison ist. Glawogger legte sich daraufhin gefühlt mit ganz Mannheim an, indem er Terrence Boyd und Marcel Seegert nicht auf die Bank, sondern direkt auf die Tribüne setzte und zur mäßigen Freude des sportlichen Leiters ausschließlich Spieler aufstellte, die schon in der letzten Saison da waren und damit der Transferaktivität seines Vorgesetzten ein desaströses Zeugnis ausstellte. Die große Überzeugung, mit der Glawogger geholt wurde, hielt genau zwei Spieltage, dann musste er gehen. Solche Peinlichkeiten können eine Saison durchaus beeinflussen. Das Spiel gegen die stets unangenehme Viktoria wird nun das erste Spiel für Luc Holtz, dem langjährigen Nationaltrainer Luxemburgs, als Trainer einer Herrenmannschaft. Die Fallhöhe hier ist groß.

Fazit

Ein Saisonstart mit zwei oder drei Punkten nach den ersten drei Spielen wäre sicher im Bereich des Möglichen, doch sollten wir diese destruktive Denkweise im Vorfeld ausblenden. Viel konstruktiver ist es, sich auf die Stärken der Mannschaft zu besinnen, die sie auch gegen Dortmund ausgespielt hat. Strenge Disziplin im Abwehrverbund und das schnelle Umschaltspiel sind weiterhin Stärken der Essener Mannschaft und hier besteht eine Chance den Erfolg der letzten Rückrunde zu wiederholen.

Die Begleitung des zwölften Mannes fällt angesichts der Terminierung eines Auswärtsspiels auf Freitag wahrscheinlich ein bisschen geringer aus. Doch die RWE-Fans stehen momentan voll hinter der Mannschaft und erkennen den bedingungslosen Kampf an, den das Team in allen Spielen bot, auch wenn die Punktausbeute bislang durchwachsen ist. Dieser Kampf und diese Symbiose von Team und Fans muss irgendwann belohnt werden und warum nicht in Wiesbaden? In diesem Sinne:

Nur der RWE!

Hendrik Stürznickel