24.05.2008

1. FC Magdeburg - RWE

 
 

„Unser ganzes Leben…

Magdeburg - RWE… stehn wir für Dich ein!“ So schallte es nach packenden 90 Minuten im Magdeburger Stadion, die in die Geschichte des Vereins eingehen können. Allerdings kann auch die Frage gestellt werden, wie lange so ein rot-weißes Leben nach einem solch packenden Spiel gehen kann. Das für unmöglich Gehaltene kann tatsächlich in der nächsten Woche vollendet werden, RWE hat nun nach dem unglaublichen 1:0-Sieg in Magdeburg die besten Chancen von allen Mannschaften, den Kampf um Platz 10 zu gewinnen. Ist endlich wieder das Glück an die Hafenstrasse zurückgekehrt?

Den 22 Akteuren bot sich für diesen Showdown an der Elbe eine fantastische Kulisse. Dem FCM gelang es, seine Fans zu mobilisieren und für ein volles Stadion zu sorgen. Aber auch trotz der Entfernung waren viele Essener angereist, um ihre Mannschaft zu unterstützen. Schon vor dem Spiel begannen beide Fanlager, dem Spiel durch lautstarke Gesänge einen würdigen Rahmen zu geben. Kurz vor dem Anpfiff waren fast alle Zuschauer hin und her gerissen zwischen einem Gänsehautgefühl und die Angst, dass das eigene Team den Kürzeren ziehen könnte.

Diese Atmosphäre konnten zunächst nur die Magdeburger Spieler für sich nutzen und gaben von der ersten Minute an das Tempo vor. Die Fans hielt es nicht auf ihren Sitzen und peitschten ihre Mannschaft nach vorne. Essen hingegen wirkte fast gelähmt, zudem waren wieder einmal viele technische Fehler im Aufbauspiel auszumachen. Das Spiel fand in den ersten Minuten fast ausschließlich in der Essener Hälfte statt. Zwei gute Schüsse der Magdeburger aus der zweiten Reihe verfehlten zunächst das Ziel, aber es war jedem Besucher im Stadion klar, welches Team das Spiel bestimmen wollte.

Es wurde immer dramatischer für die Gäste. Nach einem kapitalen Abwehrschnitzer läuft Christian Reimann völlig alleine auf Daniel Masuch zu, doch der behält die Nerven und kann den Winkel entscheidend verkürzen. Eine Glanzleistung des Essener Keepers, der den Ball mit den Fingerspitzen Magdeburg - RWEerreicht und damit die erste hundertprozentige Chance der Magdeburger vereitelte. Doch wenig später kommen die Magdeburger zu einer weiteren Gelegenheit, die Führung zu erzielen. Trotz enger Bewachung gelingt es Najeh Braham, sich von seinem Abwehrspieler zu lösen und den Ball aus spitzem Winkel an die Latte zu setzen. Der erste Treffer der Magdeburger lag in der Luft, mit dieser Spielweise hatte Essen eigentlich keine Chance, hier drei Punkte mitzunehmen. Nur ein entlastender Freistoß von Haeldermans, der allerdings an Freund und Feind vorbeisegelte, konnte aus Essener Seite verbucht werden. Das war eindeutig zu wenig.

Nach 20 Minuten konnte sich RWE endlich einmal richtig befreien und in die Nähe des gegnerischen Strafraums gelangen. Güvenisik setzt sich auf der linken Seite durch, schlägt eine Flanke in den Strafraum, die aber an dem bereitstehenden Guie-Mien weit vorbeigeht. Allerdings steht noch Markus Kurth an der Strafraumgrenze, der den Ball erreichen kann und mit einem tollen Schuss den Magdeburger Schlussmann Christian Beer bezwingt. Es steht tatsächlich 1:0 für RWE, auch wenn es kaum einer glauben konnte. Der Jubel bei den mitgereisten Essener Fans kannte keine Grenzen. Es schien so, als wollten alle das Leid und den Frust einer gesamten Saison voller Enttäuschungen und Niederlagen geradezu hinausschreien. Der Rest des Stadions war entsetzt und fassungslos. Dennoch musste die Mannschaft aus dem Ruhrgebiet im fernen Sachsen-Anhalt noch knapp 70 Minuten überstehen, um die enorm wichtigen Sieg mit nach Hause zu bringen.

Die Magdeburger blieben nach einer kurzen Schockphase das bestimmende Team. Wieder kann sich Braham durchsetzen und trifft diesmal per Kopf wieder nur das Aluminium, jetzt wurde es richtig bitter für die Magdeburger. Auch wenn es auf Essener Seite völlig egal war, die Führung erschien dem neutralen Zuschauer mehr als unverdient. Vor allem wurde die Partie deutlich ruppiger und das nicht nur auf dem Platz. Stürmer Güvenisik wurde am Boden liegend von einer kleinen Flasche aus dem Magdeburger Block getroffen und revanchierte sich daraufhin mit einer obszönen Geste in Richtung der Fans. Die Stimmung erreichte bald ihren Siedepunkt, als auch noch Sören Brandy gleich zweimal hintereinander von demselben Spieler hart attackiert wird. Was allerdings dabei Schauspiel oder richtiges Foul ist, war in dieser hitzigen Atmosphäre kaum noch zu unterscheiden. Aber auch dies gehört zu einem solchen dramatischen Spiel dazu.

Nach der Pause verflachte die Partie zunehmend, obwohl zwei Dinge sich nicht änderten: Die optische Magdeburger Überlegenheit und die ruppige Atmosphäre. Die erste gelbe Karte handelte sich RWE-Magdeburg - RWEVerteidiger Sereinig ein, der seinen Gegenspieler leicht schubste und dieser das Geschenk dankbar annahm. Wenig später stieg Sereinig wieder hart gegen einen Spieler ein, doch Schiedsrichter Brych, der ansonsten auch gerne wegen Kleinigkeiten den Magdeburger Freistöße in einer aussichtsreichen Position zusprach, sah hier von einer weiteren Verwarnung ab. Glück hatten die Essener auch in einer anderen Szene, als Brandy Baumgart nach einem hart umkämpften Zweikampf attackierte. Dieser fiel zwar, spielte aber anschließend sofort den Ball weiter und bekam so den Elfmeter nicht. Baumgart sorgte für eine weitere Chance für die Magdeburger, aber sein Fallrückzieherversuch landete knapp neben dem Essener Tor.

Insgesamt wirkte das Magdeburger Spiel weniger zwingend als in der Anfangsphase, der FCM erarbeitete nur noch ganz wenig gute Chancen und wirkte mit Dauer des Spieles zunehmend nervöser. Die Essener versuchten, durch Konter zu eigenen Möglichkeiten zu kommen, doch oftmals stand Güvenisik alleine vorne und musste sich gegen vier oder fünf gegnerische Verteidiger durchsetzen. Von den beiden Schaltzentralen Gorschlüter und Guie-Mien war kaum etwas zu sehen, nur Haeldermans wirkte bemüht. Trainer Kulm reagierte und brachte mit Klinger und Czyszczon zwei defensiv eingestellte Spieler. Ob dies gut gehen würde bezweifelten viele rot-weiße Fans auf der Tribüne, da jetzt noch einmal eine Magdeburger Schlussoffensive drohte.

Doch dem FCM lief die Zeit davon. Und RWE blieb zur Überraschung vieler Fans in dieser Phase des Spiels, wo es doch oft einen Gegentreffer gab, gelassen und hielt den Ball in den eigenen Reihen. Die Magdeburger wurden immer nervöser und ihnen gelang kein ordentlicher Spielaufbau mehr. Das Spiel war aus, unbändige Freude auf Essener Seite, während die Magdeburger Spieler auf den Boden sanken. Ein echtes Endspiel hatte einen glücklichen Sieger gefunden, der die wichtigen Punkte nach Hause entführen konnte.

Magdeburg - RWEIm Essener Block wurde gefeiert, als ob die deutsche Meisterschaft und der DFB-Pokal gleichzeitig gewonnen wurden. Wer hätte dies noch vor ein paar Wochen gedacht? Die Mannschaft war tot, am Boden und fast ohne Chance auf Rettung, jetzt ist die Qualifikation zur dritten Liga in Reichweite. Unterbrochen wurde die Essener Feier nur von ein paar Madegburger Zuschauern, die den Platz stürmten und auf den Essener Block zu rannten. Der Frust saß verständlicherweise tief, was allerdings keine Entschuldigung für das Anzetteln eine Randale sein soll. Allerdings blieb es unter den Essenern Zuschauern ruhig und die Situation konnte von den Ordnern und der Polizei schnell aufgelöst werden. Nach einer längeren Wartezeit konnten sich die Fans auf den Heimweg machen.

Trotz der ausgelassenen Partystimmung bleibt noch ein Spiel übrig. Lübeck hat in den letzten Wochen gezeigt, wie man trotz aussichtsloser Lage und Insolvenz ordentlich eine Saison beenden kann. Diese Mannschaft darf trotzdem nicht zum Stolperstein werden. Das rot-weiße Leben hatte in letzter Zeit zu oft Enttäuschungen erlebt. Jetzt heißt es, auch einmal die sonnigen Seiten des Lebens zu genießen. Die Mannschaft hat es selber in der Hand und kann sich selbst für eine fulminante Aufholjagd belohnen. Hat also diese Horrorsaison doch noch ein versöhnliches Ende?


(pd)




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1. FC Magdeburg

C. Beer - Baumgart, Grundmann, Habryka (78. Jarakovic), Prest - F. Müller, Gerster, S. Neumann, Lindemann - Reimann, Braham

Rot-Weiss Essen

Masuch - Joseph-Augustin (40. Kazior), M. Lorenz, Sereinig, Schäfer - Gorschlüter, Haeldermans (73. Klinger) - Guie-Mien (78. Czyszczon), Brandy - Kurth, Güvenisik


Tor

0:1 Kurth (22.).


Zuschauer

21.014


Schiedsrichter

Dr. Brych (München)


Gelbe Karten

Baumgart, Braham - Schäfer, Kazior, Sereinig.















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  Spieler des Spiels

Markus Kurth

  Jawattdenn Spielerbewertung

 

Masuch
2-
Joseph-Augustin 3-
Sereinig 3
Haeldermans 3+
Gorschlüter 4+
Schäfer 3-
Brandy 3
M. Lorenz 3-
Güvenisik 3+
Kazior 4
Guie-Mien 3
Kurth 2